Mekong-Delta nach Phnom Penh.
Der Plan war, dass Mekong-Delta zu
besichtigen und dann direkt über die kambodschanische Grenze nach
Phnom Penh weiterzureisen. So haben wir es in Saigon gebucht.
Besonderen Wert legten wir auf den günstigen Transfer. Es sollte
laut Buchungsbestätigung mit dem „slow boat“ über die Grenze
und dann mit dem Bus in die Hauptstadt Kambodschas gehen. Wir
verzichteten auf das teure „fast boat“-Upgrade, das uns für 16 $
pro Person angeblich schneller und schöner als der Bus nach Phnom
Penh gebracht hätte. So war jedenfalls der Plan. Da wussten wir noch
nicht, dass wir die Grenze ohne unsere Reisepässe überqueren und in
harte Verhandlungen für unsere Busfahrt treten würden...
Aber zunächst einmal klingelte unser
Wecker um 5:30 Uhr. Wir haben die Rucksäcke gepackt, ein stumpfes
Baguette mit scrambled eggs gefrühstückt und dann gewartet.
Zusammen mit Roel und Leoni und einem Kanadier, der zusammen mit
seiner Frau und seinem Sohn ebenfalls auf unserer Tour war. Er ist
überrascht zu hören, dass wir nachher mit dem Bus fahren. Seinen
Informationen nach sollte das „slow boat“ ihn und seine Familie
bis nach Phnom Penh bringen. Wenige Minuten später halten ein paar
Cyclo-Fahrer vor dem Hotel. Der Mann hinter der Rezeption gibt uns zu
verstehen, dass diese uns nun zum Boot bringen würden. Irgendwie
schafft es der Cyclo-Fahrer unsere riesigen Rucksäcke und uns auf
dem Gefährt unterzubringen und radelt los.
Roel und Leoni mit etwas Vorsprung:
Mehrere Hundert Meter weiter hält er
am Ufer eines Flusses vor einem großen Boot, setzt unsere Rucksäcke
ab und verschwindet äußerst missmutig über das Trinkgeld, das wir
ihm freiwillig gegeben haben. Auf dem Boot, das wir als „slow boat“
identifizieren, begrüßt uns ein Vietnamese, der sich als unser
neuer Reiseführer vorstellt. Es sind auch einige andere Reisende an
der Anlegestelle und unsere Rucksäcke werden sofort und ungefragt
auf das Boot geworfen. Wir müssen ihm nun unsere Reisepässe geben,
das Geld für das Visum und er würde den Rest besorgen, meint er.
Nun gut, es hieß zwar schon in unserem Hotel in Saigon, dass wir
irgendwann irgendwem unsere Ausweise für die
Aufenthaltsgenehmigungen geben sollten, aber es ist trotzdem kein
gutes Gefühl, die liebgewonnenen roten Pässe jemandem in die Hand
zu drücken, den man gerade kennengelernt hat. Außerdem, ergänzte
er leise, hätte er ein tolles Angebot für uns. Wir könnten mit dem
kleinen und schnellen „fast boat“ ab der Grenze weiterfahren. Das
würde nur 12 $ pro Person kosten. Wir sind zwar erstaunt über den
im Vergleich zu Saigon geringeren Aufpreis, lehnen jedoch dankend ab,
geben uns mit dem Bus zufrieden und betreten das große „slow
boat“.
Zu unserer Überraschung halten wir
kurz nach Abfahrt an einem schwimmenden Dorf mitten auf dem Fluss.
Offensichtlich besichtigen wir noch eine kleine Fischfarm.
Von hier
geht es dann noch stromaufwärts in ein kleines Dorf. Es ist eine
Siedlung der Cham, deren hinduistische Tempelruinen wir in My Son bei
Hoi An im Dschungel gesehen haben und die hier im Süden Vietnams
mehrheitlich islamisch geprägt sind.
Nach diesen beiden
Programmpunkten, von denen unser Reiseführer im Vorfeld nichts
erzählt und währenddessen kaum etwas erklärt hat, steuert das
behäbige und langsam dahinschaukelnde „slow boat“ in Richtung
Grenze. Wir gehen auf das Deck und sind trotz der Hitze begeistert,
ein weiteres Mal dem Lauf des Mekongs zu folgen. Der Fluss ist uns
schon an der thailändischen Grenze, in Laos und Vietnam begegnet und
wird uns jetzt auch noch in unser letztes südostasiatisches Land
führen.
In zweieinhalb Stunden sollen wir die
vietnamesisch-kambodschanische Grenze erreichen. Auf unserem Boot ist
derweil unter den Reisenden Betriebsamkeit ausgebrochen. Unser
Reiseführer ist nicht mehr aufzufinden, vermutlich ist er sogar von
Bord gegangen. Stattdessen ist ein anderer Vietnamese aufgetaucht,
der von den Passagieren Geld einsammelt. Bevor wir uns erkunden
können, was es damit auf sich hat, ist er schon zu Roel, Leoni und
uns beiden an den Tisch getreten. Er begrüßt uns an Bord und
erkundigt sich, wie wir denn nach Phnom Penh zu fahren gedenken. Mit
„slow boat“ und Bus ist unsere Antwort. Ein Lächeln erstrahlt
auf seinem Gesicht und er teilt uns mit, dass er ein tolles Angebot
für uns habe. Wir könnten für nur 11 $ pro Person vom Bus auf das
„fast boat“ upgraden und eine wunderschöne Mekongfahrt genießen.
Ebenso freudestrahlend bedanken wir uns für das tolle Angebot und
lehnen ab. Eine Busfahrt ist auch schön. Daraufhin verschwindet er
wieder, nicht ohne uns vorher mit ein paar klaren Sätzen die
Busfahrt madig zu machen. Wir suchen unseren kanadischen Freund auf
und erfahren, dass ihm das „fast boat“ für 9 $ pro Person
angeboten wurde. Daraufhin beschließen wir, diese durchaus
interessante Entwicklung weiterzuverfolgen und abzuwarten. Als wir
wieder an unserem Tisch auf dem Bootsdeck Platz nehmen erscheint
tatsächlich wieder unser vietnamesische Unterhändler. Er habe sich
nochmal für uns erkundigt und es gebe jetzt kein Problem mehr, denn
er kann uns das „fast boat“ nun für 8 $ pro Person anbieten und
wie wir denn zahlen wollen. Obwohl wir uns mittlerweile ziemlich
sicher sind, dass wir sieben die einzigen Gäste auf dem Boot sind,
die noch nicht das „fast boat“ bezahlt haben, pochen wir weiter
auf unseren gebuchten Bustransfer und lehnen sein Angebot erneut ab.
Stattdessen fragen wir ihn, wo denn eigentlich unser Bus abfahren und
wer uns dahin bringen würde. Das kann oder will er nicht beantworten
und lässt uns nach dieser erneuten Absage fast eine ganze Stunde in
Ruhe.
Erst als wir bereits kurz vor der
Grenze sind startet er einen weiteren Versuch. Nicht mehr ganz so
freudestrahlend und gutgelaunt verkündet er uns verschwörerisch,
dass er ein „special offer“ nur für uns hätte. Weil wir so
freundlich seien und er uns diese fürchterliche Busfahrt ersparen
möchte, halbiere er nun den Preis und bietet uns das „fast boat“
für 4 $ pro Person an. Erstaunt darüber, wie schnell so ein Preis
doch fallen kann, und mittlerweile neugierig geworden, wohin das
Ganze noch führen wird, nehmen wir sein „special offer“ wieder
nicht an.
Inzwischen haben wir am Ufer des
breiten Mekongs an einem kleinen Gebäude angelegt.
Alle steigen aus und
man munkelt, dass es hier Mittagessen gibt. Ob das die Grenze ist
oder noch Vietnam oder schon Kambodscha bleibt unklar. Auf dem Steg
kommt unser neuer vietnamesische Freund zu Walter, legt ihm
kumpelhaft den Arm um die Schulter und nimmt ihn kurz zur Seite. „My
friend, only for you, this is my last offer, fast boat for only 3 $
for you!“ Nur zur Erinnerung: 16 $ hätten wir gezahlt, wenn wir
das schnelle Boot in Saigon gebucht hätten oder immerhin noch 12 $
beim ersten Angebot vor zwei Stunden. Natürlich haben wir ihm jetzt
auch für 3 $ nicht zugesagt. Stattdessen bestellen wir mit unseren
letzten vietnamesischen Dong zwei Mittagessen und warten darauf, was
als Nächstes passiert. Fragen nach dem Bus oder unseren Reisepässen
werden nicht beantwortet. Anscheinend sind wir aber noch auf
vietnamesischen Boden und müssen noch etwas weiter stromaufwärts.
Nach einer Weile kommt Bewegung in die Sache als ein kleines schnell
aussehendes („fast boat“?) Boot neben unserem anlegt und unsere
Rucksäcke umgeladen werden. Etwas ungehalten stellen wir noch einmal
klar, dass wir nicht mit dem „fast boat“ fahren wollen. Kein
Problem, wird uns geantwortet, das kleine Boot bringe uns nur auf die
kambodschanische Seite. Wir steigen also ein und überqueren kurz
danach zum ersten Mal auf unserer Reise auf dem Wasserweg und noch
dazu ohne unsere Reisepässe eine Grenze zwischen zwei Ländern.
Am Ufer wird die kambodschanische
Flagge sichtbar und das Boot steuert auf einen kleinen Steg zu. Dort
begrüßt uns wider Erwarten unser „Reiseführer“ von heute
morgen mit unseren Pässen in der Hand. Die Visa seien schon
eingeklebt, wir müssten nur noch zum Grenzhäuschen hinter ihm und
alles stempeln lassen. Den Beamten begrüßen wir mit einem
fröhlichen „djum riap sua“, das förmliche „Hallo“ auf
kambodschanisch, ernten ein Lachen ob unserer Aussprache und erhalten
die Genehmigung dreißig Tage in seinem Land zu bleiben. Doch jetzt
stellte sich erneut die Frage, wo denn eigentlich unser Bus abfahren
würde. Walter war als Erster mit der Einreisekontrolle fertig und
erkundigte sich bei unserem Reiseführer und erhielt in etwa diese
Antwort: „My friend! You know, the roads in Cambodia are very bad,
the bus is very slow, driving is not nice. Take the fast boat, it is
a very nice way to go to Phnom Penh. My friend, I like you, so you
can pay me only 2 $ and you can go with the fast boat!“ Das war nun
schon ein ziemlich gutes Angebot, aber mittlerweile wollten wir
einfach nicht noch mehr zahlen und endlich den Bus nehmen, der für
uns inklusive war. Auf Walters Frage hin, wann und wo der Bus nun
eigentlich abfahre, ging unser Reiseführer mit ihm zum Eingang des
umzäunten Geländes und zeigte auf die mit Schotter und
Schlaglöchern übersäte Baustelle, die eine Straße sein sollte.
„Look my friend, the road is very bad. You don't want to take the
bus!“ Walter antwortete ihm, dass so eine Straße schon okay sei,
dass wir Länder wie Laos bereist haben und dort die Straßen noch
viel schlechter gewesen seien. Mit einem resignierenden Seufzen guckt
er auf Walter, auf die Straße, auf Christina und unsere
holländischen und kanadischen Freunde, die mittlerweile auch mit der
Einreisekontrolle fertig waren, auf das „fast boat“ und sagte:
„Okay, you know what, get in the boat. You can go for free.“ Und
so fuhren wir statt mit dem Bus kostenlos mit einem „fast boat“,
das eigentlich bis zu 16 $ gekostet hat, nach Phnom Penh.
Das Boot war ziemlich klein, es war
sehr heiß, wenn man jemand in die Toilette auf der Steuerbordseite
gegangen ist, musste ein anderer sich auf die Backbordseite setzen,
um das Gleichgewicht zu halten, und die Fahrt dauerte vier Stunden,
aber sieben der etwa 25 Passagiere hatten die ganze Zeit ein Grinsen
im Gesicht.
Einer unserer drei Fahrer hält unterwegs ein Nickerchen:
Am späten Nachmittag erschien die Silhouette der
kambodschanischen Hauptstadt am Horizont und wenig später standen
wir mit unseren Rucksäcken auf einem Anlegesteg. Wir verabschiedeten
uns von dem Kanadier und seiner Familie, während sich Roel und
Leoni, die noch kein Hotel gebucht hatten, uns anschlossen. Wie ein
Schwarm Geier warteten schon die TukTuk-Fahrer an der Straße auf uns
und wollten uns für einen „very cheap price“ die „very long
road“ zu unserem Hotel fahren. Wir kämpften uns durch den Schwarm,
schüttelten sie ab und spazierten dank der GPS-Ortung die ca. 500m
zu unserem Hotel. Pich Guesthouse ist zwar nicht die beste, aber
sicherlich nicht die schlechteste Unterkunft, die wir auf der Reise
hatten. Unser klimatisiertes 12-$ Zimmer erreichte man, wenn man die
Treppe drei Stockwerke nach oben ging, durch einen in die Wand
geschlagenen Durchgang ins Nachbargebäude spazierte und dort wieder
eine Treppe hinunterstieg. Unser erster Eindruck von Kambodscha:
„Djum riap sua“ hört sich schön an, die Menschen wirken
freundlich und alle Preise sind in US-Dollar angegeben.
Fazit Tag 80:
Es hat nie einen Bus gegeben.
Was haben wir heute gelernt: Man kann
auch ohne Ausweispapiere eine Grenze übertreten.
Sehr anschaulicher Bericht...toll! Beharrlichkeit zahlt sich aus...Superfotos! El Golfo
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