Es geht raus aus der Stadt und in das
Mündungsdelta des Flusses, der uns auf unserer Reise schon in Pakse,
auf den 4000 Inseln, in Vientiane und in Luang Prabang begegnet ist.
Dafür müssen wir um 6:00 Uhr aufstehen, frühstücken und
auschecken. Wir werden von einem leeren Bus abgeholt und vermuten
bereits richtig, dass sich die Abfahrt aus Saigon noch eine Weile
verzögern wird. Zwei andere Fahrgäste aus einem benachbarten Hotel
werden eingeladen und dann geht es zu einem Sammelplatz, wo diese
aussteigen, während wir noch eine Runde mit dem Busfahrer drehen. In
der uns vom Ausflug zu den Cu Chi Tunneln bekannten Seitenstraße
halten wir und der Fahrer verschwindet, um schnell etwas zu
frühstücken. Etwa 45 Minuten nachdem wir abgeholt wurden steht der
Bus wieder am Sammelplatz. Dort müssen wir ihn natürlich verlassen,
weil dieser für den Ausflug zu den Cu Chi Tunneln gebraucht wird.
Unser neuer Bus ist bereits ziemlich voll und kleiner. Zwei
Sitzplätze gibt es für uns noch, aber unsere Rucksäcke müssen im
Gang verstaut werden, da in den Kofferraum nichts mehr passt. Dafür
haben wir eine nette Reiseleiterin, die uns in gutem Englisch das
Tagesprogramm erläutert, während wir endlich aus Saigon rausfahren.
Unser erstes Ziel liegt etwa zwei
Autostunden entfernt. Am späten Vormittag kommen wir in My Tho an,
eine Stadt, die laut Reiseführer nicht mehr zu bieten hat als ihre
Ausflugsboote für die Touristen.
Aber wegen der Stadt sind wir auch
gar nicht hier. Vor uns liegt der Mekong, der zehntgrößte Fluss der
Welt, und der in dieser Region eines der größten Deltas der Welt
bildet. Es ist eine faszinierende Vorstellung, dass das Wasser, das
an uns vorbeifließt, bereits 4500km von seiner Quelle in Tibet
kommend zurückgelegt hat und sich bald ins Meer ergießt. Es teilt
sich hier in zwei große Arme, den Oberen und Unteren Mekong, und
unzählige kleine Kanäle. Dank des Wassers ist das Delta reich an
Reis, Obst und Fisch. Laut Reiseführer ist Vietnam dadurch der
zweitgrößte Reis-Exporteur der Welt.
Wir besteigen eines der zahlreichen
Ausflugsboote und bestaunen die Breite des Flussarms, der selbst an
den schmalsten Stellen immer noch mindestens 60m breit ist. An
unserem Boot ziehen große Frachtschiffe, kleine Longtailboote und
kleine Fischkutter vorbei. Letztere sind nicht nur Arbeitsgerät,
sondern auch schwimmendes zu Hause. Auf engstem Raum wohnen darauf
nicht selten vier oder fünf Personen. Kinder müssen so schnell wie
möglich Schwimmen lernen. Die Wäsche hängt zum Trocknen draußen
und ab und zu kann man sogar einen kleinen Fernseher im Inneren des
Bootes erkennen.
Der Tag ist inzwischen schon so weit
fortgeschritten, dass die Sonne wieder einmal unerbittlich vom Himmel
knallt. Wir verlassen unser schaukelndes Boot, um auf einer Insel im
Fluss an Land zu gehen. An dieser Stelle steht eine
Kokosnuss-Süßigkeitenfabrik.
Uns wird gezeigt, wie aus Kokosnüssen
(die hier zuhauf wachsen) und Zucker leckere Bonbons hergestellt
werden.
Dazu gibt es eine ganz besondere andere Spezialität:
Reisschnaps. Er wird in großen Gefäßen aufbewahrt, in die zur
Geschmacksverfeinerung eine Schlange (!!) eingelegt wurde. Klingt
eklig und sieht auch so aus.
Walter kann es sich trotzdem nicht
verkneifen, ein Gläschen zu probieren und ist dank der 45%igen
Flüssigkeit bei 38 Grad für den Rest des Nachmittags bei ziemlich
guter Laune.
Von der Süßigkeitenfabrik geht es zur
von unserer Reiseleiterin angepriesenen „Kutschfahrt durch ein
einheimisches Dorf“. Tatsächlich besteigen wir auch eine kleine
Kutsche und die Pferde setzen sich auch in Bewegung.
Uns gegenüber
sitzen zwei freundliche Holländer, die wir als Roel (ausgesprochen
Rul) und Leoni kennenlernen und die wie wir mit dem Rucksack durch
Asien reisen. Wir haben gerade unsere Namen und Nationalitäten
ausgetauscht, da kommt die Kutsche zum Stehen. Verwundert stellen wir
fest, dass wir wieder am Ausgangspunkt stehen. Von einem Dorf haben
wir nichts mitbekommen, sind aber in Anbetracht der Hitze und des
aufkeimenden Hungers nicht besonders traurig, dass wir wieder in den
Schatten dürfen.
Es geht zurück aufs Boot und über den
Fluss auf eine andere Insel. Beim Mittagessen kommen wir mit Diana
und Nikics ins Gespräch. Der Vorteil zur Abwechslung eine Tour zu
buchen ist eben, dass man leicht andere Reisende kennenlernen kann.
Die beiden kommen aus Lettland, lebten aber zuletzt in Norwegen. Wir
tauschen uns über die gefahrenen Routen aus und erfahren von ihnen,
dass Hotelpreise in Myanmar sehr hoch sind und die Auswahl gering
ist. Nach dem Essen erkunden wir die Umgebung und finden eine kleine
Krokodilfarm und ein Dorf.
Das war es auch schon und es geht wieder
zurück aufs Boot und auf die letzte Insel für heute. Statt
Kokosnüssen gibt es hier Bienen. In einer Farm werden Honig und
viele weitere Bienenprodukte hergestellt und uns angeboten. Es gibt
eine Tasse Tee, ein paar Leckereien und wer will, darf sich eine
Schlange um den Hals hängen lassen.
Nach einer kurzen musikalischen
Darbietung lokaler Liedkunst steigen wir in kleine Ruderboote und
fahren durch enge Kanäle, an deren Ufern Palmen und Schilf wachsen.
Ein überraschend schöner Ausklang eines eher durchschnittlichen
Tagesprogramms.
Das Boot bringt uns zurück ans andere
Ufer zu unserem Bus. An einer nahegelegenen Busstation heißt es aber
umsteigen.
Alle, die nur eine 1-Tagestour ins Mekongdelta gebucht
haben, fahren mit unserer Reiseführerin zurück nach Saigon. Wir
anderen, die für eine 2- oder 3-Tagestour bezahlt haben, bekommen
einen neuen Bus und einen neuen Reiseführer für den zweiten Tag und
reisen weiter nach Can Tho, das wir am Abend über eine riesige
Brücke erreichen.
Die Stadt ist die größte im Delta und liegt in
der Nähe des Highlights unserer Tour, dem schwimmenden Markt von Cai
Rang. Wir werden ihn morgen in aller Frühe anfahren. Heute geht es
zunächst ins Hotel, wo wir mit Roel und Leoni zu Abend essen und
mehr über China, ihrem ersten Reiseland, erfahren.
Am 22.03. klingelt unser Wecker wie
erwartet um 5:30 Uhr. Nach einem kurzen Frühstück geht es an die
Uferpromenade und auf ein Boot in Richtung schwimmenden Markt.
Der
Markt von Cai Rang liegt etwa 6km südwestlich und findet, wie der
Name schon sagt, ausschließlich auf dem Wasser statt.
Unzählige
Boote aller Größen verkaufen und kaufen Waren aller Art.
Im dichten
Gedränge auf dem Wasser finden sich Kähne, die von unten bis oben
nur mit Kürbissen beladen sind, die eine große Auswahl an frischem
Obst und anderem Gemüse anbieten oder die mit Kleidern beladen sind.
Rechts und links an unserer Fähre docken wie Piratenschiffe kleine
Nussschalen an, die einem frischen Kaffee oder eine geschälte Ananas
verkaufen wollen. Wer will kann auf eines der Gemüseboote steigen
und sich die den Markt von einer anderen Perspektive anschauen.
Der
schwimmende Markt ist ein beeindruckender Handelsplatz, der durch den
mächtigen Mekong geboren wurde. Gleichzeitig ist er Lebensraum und
Alltag der vielen Familien, die hinter den Bergen aus Kürbissen auf
dem Boot leben und tagein und tagaus nur mit dem Nötigsten auskommen
müssen.
Vom schwimmenden Markt fahren wir
weiter flussaufwärts und gehen in der Nähe einer Reispapierfabrik
an Land. Dort lernen wir wie das Papier aus Reismehl von Hand
hergestellt wird und später für Frühlingsrollen oder Teigtaschen
Verwendung finden wird. Mit dem Boot fahren wir danach tiefer in das
Kanalsystem des Mekongs und halten an einer der zahlreichen
Obstplantagen, für die diese Gegend berühmt ist. Wir sehen und
probieren uns unbekannte Früchte wie die Jackfrucht (oder
Jakobsfrucht), eine Pflanzenart der Maulbeergewächse, die fest und
süß ist, aber einen Nachgeschmack von Zwiebeln hat,
die
Wasserkokosnuss oder uns bekannte Exemplare wie die Ananas,
Mango,
Papaya oder Drachenfrucht.
Beim Obstessen und Eiskaffeeschlürfen
lernen wir Dave aus San Francisco und Julia aus Moskau kennen. Die
beiden kennen sich aus der Studienzeit in den USA und haben sich in
Vietnam getroffen, um ein paar Wochen gemeinsam zu reisen. Dave hat
Jura studiert und ist Strafverteidiger in Kalifornien. Wenn es
zeitlich passt, können wir auf seiner Couch übernachten, wenn wir
in San Francisco sind!
Die Obstplantage war unser letzter
Ausflugspunkt heute. Zurück in Can Tho verabschiedet sich unser
Reiseführer mit den 2-Tagestour Gästen nach Saigon und steckt uns
vorher noch in einen Minivan, der uns nach Chau Doc, an die Grenze zu
Kambodscha bringen soll. Von dort haben wir nämlich zusätzlich
einen Transfer in die kambodschanische Hauptstadt gebucht. Er
versichert uns, dass wir am nächsten Morgen vom nächsten
Reiseführer im Hotel abgeholt werden. Wir glauben ihm mal. Die
Busfahrt gestaltet sich mit Roel, Leoni, Julia und Dave sehr
kurzweilig. Kurz bevor wir Chau Doc erreichen, macht unser Fahrer an
einem Berg Halt und gibt uns zu verstehen, dass wir die Treppen
hochsteigen und einen Tempel besichtigen sollen. Vor uns liegt der
230m hohe Nui Sam, der als heiliger Ort verehrt wird und viele Tempel
und Pagoden beheimatet. Wir besuchen die Tay An-Pagode, die
taoistische, hinduistische und islamische Architekturstilrichtungen
vereint.
Man kann hier mehr als 200 Statuen buddhistischer,
hinduistischer und taoistischer Gottheiten sehen, die vor dem Tempel
stehen oder sich in einer in den Berg führenden Höhle befinden.
Vom
heiligen Berg haben wir einen schönen Ausblick auf die umgebende
Landschaft und wir können bereits Kambodscha, unser nächstes
Reiseland, sehen.
Kurze Zeit später erreichen wir Chau
Doc und werden vor einem Hotel abgeladen, das uns schon erwartet hat.
Zu sechst gehen wir in einem benachbarten vegetarischen Lokal essen.
Man kann dort zwar Schwein, Hackfleisch, Hähnchen oder Insekten
bestellen, man kriegt aber lediglich vegetarische, aus tofu-ähnlichen
Produkten hergestellte Nachbildungen der Fleischgerichte. Geschmeckt
hat es trotzdem. Beim abendlichen Spaziergang durch die Stadt
entdecken wir an der Uferpromenade viele Taekwondo- und
Karate-Unterrichtskurse für Kinder und Jugendliche, die im Freien
stattfinden. Wir feuern die Kämpfenden mit gehörigem Applaus an.
Ein paar Stunden später verabschieden wir uns von Dave und Julia,
die am nächsten Tag auf die vietnamesische Insel Phu Quoc fahren
wollen. Auf Roel, Leoni und uns wartet morgen die Grenzüberquerung
nach Kambodscha auf dem Mekong und die Weiterfahrt nach Phnom Penh.
Angeblich werden wir um 06:00 Uhr am Hotel abgeholt und zu einem Boot
gebracht. Von wem, das ist unklar, aber das werden wir schon noch
erfahren, wenn es soweit ist.
Fazit Tage 78 und 79:
Der Mekong ist Südostasien.
Was haben wir heute gelernt? Die Ananas
wächst auf dem Boden und entsteht aus dem Blütenstand der
Ananaspflanze. Pro Pflanze entsteht nur eine Frucht. Nach der Ernte
stirbt die Pflanze ab, es wächst aber meist nebenan eine neue
Pflanze heran.
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