Der aus Liebe geborene Taj Mahal in
Agra, der kraftvolle und majestätische Mekong, das exotische Saigon,
die Strände von Bali, die Vulkane von Hawaii, der riesige Grand
Canyon und die Hochhäuser New Yorks. Es sind diese Gebäude, Städte
und Landschaften, derentwegen man auf Reisen geht. Sie inspirieren
einen dazu, das Flugticket zu kaufen und stehen am Anfang jeder
Planung. So haben auch wir eine persönliche Hitliste an
herausragenden Orten, die uns als Orientierungspunkte auf unserer
Route dienen. Und auf einem der ganz vorderen Plätze liegt der
Tempel von Angkor Wat im Dschungel von Kambodscha.
Angkor Wat ist die größte
Tempelanlage der Welt. Seine weltberühmten fünf maiskolbenartigen
Türme zeugen von einer beeindruckenden Baukunst. Die Größe der
Anlage, die Symmetrie der Gebäude und die zahlreichen Details machen
jeden Besucher für einen Moment sprachlos. Das und die sengende
Hitze, die einen umgibt. Es scheint geradezu unglaublich, dass der
Tempel bereits 1150 erbaut wurde und die Bauzeit 30 Jahre betrug.
Angkor Wat ist dem Hindugott Vishnu geweiht. Heute ist es das
Nationalsymbol von Kambodscha und wird auf der Nationalflagge und auf
Geldscheinen abgebildet. Man muss zunächst über einen Damm einen
die Anlage umgebenden Graben überqueren und kann dann durch vier
Einfassungsmauern in das Zentrum gehen.
In jedem Winkel entdeckt man
detaillierte Skulpturen und die Wände sind meterhoch mit feinen
Flachreliefs bedeckt.
In den Reliefs sehen wir zum ersten Mal die
heimlichen Wahrzeichen von Angkor: die Apsaras, die himmlischen
Tänzerinnen. Wir werden ihnen die nächsten drei Tage in vielen
Tempeln begegnen.
Diese mythischen Wesen sind laut einer unter den
Khmer beliebten hinduistischen Schöpfungsgeschichte entstanden, als
die Götter und Dämonen den Milchozean aufgeschäumt haben, um das
Elixier der Unsterblichkeit zu produzieren.
Was jedoch in der breiten
Öffentlichkeit oft nur als Angkor Wat bezeichnet wird, ist in
Wirklichkeit viel mehr als die fünftürmige Vishnu-Anlage. Das
Gebiet, das sich über 300 qkm nördlich von Siem Reap erstreckt, war
der Mittelpunkt des einstigen Reiches von Angkor, das Kambodscha
seine Blütezeit bescherte. Vom etwa 9. bis zum 15. Jahrhundert
regierten 39 Könige von verschiedenen in dieser Region errichteten
Hauptstädten eine der bedeutendsten Mächte Südostasiens.
Ermöglicht wurde dieser Machtzuwachs durch den Bau zahlreicher
Bewässerungsanlagen und Stauseen, die auf dem fruchtbaren Ackerland
mehrere Reisernten pro Jahr ermöglichten und damit zu wertvollen
Nahrungsüberschüssen führten. Die Khmer-Könige errichteten
gewaltige Staatstempel, wobei jeder Herrscher seinen Vorgänger
übertreffen wollte. Im Laufe der Zeit wurden dank verbesserter
Bautechniken die Anlagen mit neuen und detaillierteren Elementen
versehen. So entstanden im tropischen Dschungel die Tempel von
Angkor, bis zu 1000 unterschiedliche Tempelkomplexe, von denen Angkor
Wat lediglich ein herausragender unter vielen ist.
Die Gegner der Khmer-Könige von
Jayavarman II., dem Gründervater von Angkor, bis Jayavarman VII.,
dem größten aller Tempelbauer, befanden sich im Osten und Westen
des südostasiatischen Festlandes. Gegen die Cham, die im heutigen
Zentralvietnam lebten und die wir im Dschungel von Hoi An
kennengelernt haben, lieferten sie sich die größten militärischen
Auseinandersetzungen. Aber es war die übermächtige siamesische
Streitmacht aus der Königsstadt Ayutthaya, durch deren Ruinen wir
nördlich von Bangkok spaziert sind, die den Abstieg und das Ende
Angkors einleiteten.
Im 15. Jahrhundert wurden die
Tempelanlagen verlassen und die Hauptstadt nach Süden in die Gegend
um das heutige Phnom Penh verlegt. Von kurzen Episoden königlichen
Interesses abgesehen übernahm der Dschungel die Herrschaft über die
Tempel von Angkor. Die Holztempel aus der Anfangszeit wurden durch
das aggressive Klima zerstört; nur die Steintempel überlebten die
Jahrhunderte.
Erst im 19. Jahrhundert wurde die
Weltöffentlichkeit, vor allen Dingen die Öffentlichkeit der
westlichen Kolonialmächte, nach der Veröffentlichung der
Reisetagebücher eines französischen Forschers auf die verlassenen
Tempel aufmerksam. Henri Mouhot, der später dem Lauf des Mekongs
folgend in den Norden gereist ist und auf dessen Spuren wir schon in
Luang Prabang gewandelt sind, wurde als der Entdecker von Angkor
gefeiert. Obwohl er nicht der erste Europäer war, der auf die
Dschungeltempel gestoßen ist und darüber schrieb, war es sein mit
zahlreichen Zeichnungen versehener Bericht, der den Grundstein für
die Erforschung der angkorianischen Epoche einleitete.
Man vermutet, dass im Großraum Angkor
bis zu 1 Million Menschen in einem 1000 qkm großen Gebiet gelebt
haben. Die landwirtschaftlichen Erfolge sorgten dafür, dass diese
große Bevölkerung ernährt werden und die Könige sich die
eindrucksvollen Staatstempel bauen lassen konnten.
In religiöser
Hinsicht war die Bevölkerung stark vom aus Indien stammenden
Hinduismus geprägt. Die Tempel waren Gottheiten gewidmet, viele von
ihnen den hinduistischen Göttern Shiva, Vishnu und Brahma. Im
Mittelpunkt einer Anlage stand meistens ein zentrales Turmheiligtum,
das den Berg Meru aus dem hinduistischen Kosmos symbolisierte. Später
gewann der Buddhismus einen großen Einfluss auf den Tempelbau.
Daneben gab es immer auch eine Mischung aus verschiedenen religiösen
Systemen und parallel vorherrschende Gottesvorstellungen.
Wir haben drei ganze Tage mit der
Zeitreise ins Reich von Angkor verbracht.
Drei Tage, in denen wir mit
vielen anderen Touristen die verschiedenen Tempel bestaunt haben, uns
dabei von Schatten zu Schatten vorgearbeitet haben, um die Hitze
Kambodschas und die Schwüle des Dschungels zu überstehen und immer
wieder vom Fahrtwind unseres TukTuks gerettet zu werden. Und manchmal brauchte man einfach ein Nickerchen unter den Bäumen.
Das TukTuk
gehörte Mr. Savvy, unserem steten Begleiter von Sonnenauf- bis
Sonnenuntergang. Immer mit einem Grinsen im Gesicht, außer in dem
einen Moment, in dem wir ein Erinnerungsfoto von ihm machen wollten,
brachte er uns unter Vermeidung der größten Touristenmassen zu den
schönsten und wichtigsten Tempeln und, was fast noch viel wichtiger
war, fand uns an den verschiedenen Ausgängen der Anlagen ohne
Probleme wieder.
Ein TukTuk zu mieten, ist die geläufigste Variante
die Tempel von Angkor zu besichtigen. Die meisten haben bereits eine
vorgefertigte Route, die sie abfahren, die man aber nach Belieben
anpassen kann. Unsere Tour haben wir über unser Hotel gebucht, das
für die sog. „kleine“ und „große Runde“ insgesamt 27 $
(exklusive Trinkgeld für den Fahrer) für das TukTuk, in dem wir zu
viert mitfahren konnten, haben wollte. Ein überraschend fairer
Preis, wie wir finden. Zusätzlich muss man aber immer noch die
Eintrittskarten für das Tempelgelände bezahlen. Das 3-Tagesticket
hat 40 $ pro Person gekostet.
Diese Zeit braucht man auch, um das
andere große Highlight neben Angkor Wat in Augenschein zu nehmen:
die Tempelstadt Angkor Thom, das wahre Zentrum Angkors. Jayavarman
VII., der letzte große Tempelbauer und Chambezwinger, ließ diese
Stadt mit den Ausmaßen von 3 mal 3km erbauen. Sie ist von einem
Wassergraben und einer 8m hohen Mauer umgeben. In der Mauer befinden
sich fünf große Gopurams (Tortürme, die Zugang zu einem
Tempelbereich gewähren), die mit vier in alle Himmelsrichtungen
blickenden riesigen Gesichtern des Bodhisattva Lokesvara (ein in der
buddhistischen Lehre vorkommendes Wesen, das nach höchster
Erkenntnis strebt) gekrönt sind. Zu diesen Toren gelangt man über
100m lange Dammwege aus Stein. Der Weg zum berühmten Südtor ist auf
der einen Seite mit 54 steinernen Göttern und auf der anderen mit 54
steinernen Dämonen, die jeweils an der neunköpfigen Naga ziehen,
begrenzt.
Durch die Tore gelangt man auf eine der
vier 1500m langen geraden Straßen, die auf das Zentrum der Anlage
zulaufen. Von Norden kommend passiert man dabei die Elefantenterrasse
und die Terrasse des Leprakönigs, die unfassbar detaillierte Friese
mit Flachreliefs aufweisen.
Einst war hier der Königspalast, an dem
die siegreichen Truppen vorbeimarschiert sind.
Folgt man den Straßen
weiter zum Mittelpunkt des Komplexes, kommt man zum Bayon, der für
uns einer der schönsten Tempel in Angkor ist.
Dieses Meisterwerk von
Jayavarman VII. sollte die Religionen des Landes zusammenführen. Als
Anhänger des Mahayana-Buddhismus ließ er den Bayon mit 54 Türmen
errichten, die mit jeweils vier 7m hohen Gesichtern des Bodhissattva
Lokesvara geschmückt wurden.
Mehr als 200 dieser Gesichter blicken
auf einen herab, wenn man vor den Stufen dieses Buddhatempels steht.
Neben Angkor Wat und dem Bayon sind es
aber auch die zahlreichen zerstörten Tempel, die von wildem
Dschungel überwuchert sind, die das öffentliche Bild von Angkor
prägen.
Oftmals ohne festen Rundweg ausgestattet, kann man sich
selbst einen Pfad durch die alten Steine und die grüne Vegetation
suchen. Der bekannteste unter ihnen ist sicherlich Ta Prohm, der
Kulisse für den Film Lara Croft - Tomb Raider war. Die dicken
Wurzeln von Kapokbäumen, die als eine der größten Bäume des
tropischen Regenwaldes bis zu 75m hoch werden können, umklammern
alte Steinwände oder durchbrechen Deckenkonstruktionen.
Keiner der
39 Türme dieses einstigen buddhistischen Klosters, das die
seinerzeit 102 Krankenhäuser in der Umgebung versorgte und auf
dessen Gelände bis zu 12.000 Menschen gearbeitet haben sollen, ließ
die Natur unversehrt. Aber mindestens genauso filmreif und weniger
von Touristengruppen besucht ist die große ehemalige Universität
Preah Khan oder die kleinen einsamen Tempel Ta Nei und Preah Pithu.
Am Ende sind diese unfassbar heißen
drei Tage, die wir mit ziemlich vielen imposanten Steinen einer alten
Zivilisation verbracht haben, schneller und unterhaltsamer
vorbeigegangen, als man tagsüber manchmal dachte. Das lag zum einen
daran, dass uns die Zeit mit Roel und Leoni nie zu lang wurde, und
zum anderen, dass die Strapazen des Tages mit einem abendlichen
kambodschanischen Curry belohnt wurden. Am letzten Abend gab es dann
sogar eine besondere kulinarische Überraschung: Dank des Tipps eines
Einheimischen entdeckten wir in einer kleinen dunklen Seitenstraße
das „Haus Bremen“ (die Hamburger mögen es verzeihen),
hervorragende deutsche Küche in Siem Reap. Es war uns gar nicht
bewusst, wie groß nach knapp drei Monaten auf Reisen die Freude beim
Anblick von Currywurst, Bratkartoffeln und Weizenbier sein kann. Und
gleichzeitig bleibt festzuhalten, dass die Tempel von Angkor nicht
umsonst Inspirationsquelle unserer Reise waren.
Fazit Tage 84, 85 und 86:
Kambodscha ist Angkor.
Was haben wir heute gelernt: „What
strikes the observer, (…) (apart from) the grandeur, regularity,
and the beauty of these majestic buildings, is the immense size and
prodigious number of the blocks of stone of which they are
constructed.“ Henri Mouhot
Gott Leute, ich bin einfach nur neidisch - auf die Eindrücke, Erlebnisse - kurz um auf die Freiheit, das machen zu können und dem Alltag einfach entfliehen zu können
AntwortenLöschenUnd Christina - die Fotos werden immer besser - die Steigerung ist unübersehbar
Und an beide: wir vermissen euch langsam aber stetig :-)
Lena
P.S.: habt Ihr euch zu den Affen dazugesellt?