Affordable luxury. Das wurde uns von
der Busgesellschaft versprochen und dafür haben wir nur allzu gern
unsere Dollarscheine auf den Tisch gelegt. Der Morgen begann jedoch
noch wenig luxuriös. Es roch vielmehr nach Reisealltag, als der
Wecker um 06:45 Uhr klingelte. Die Sonne hatte schon damit begonnen,
die Zimmertemperatur trotz Klimaanlage und Ventilator noch oben zu
treiben und der Verkehr auf der Straße war schon in vollem Gange.
Nach einem schnellen Frühstück, bestehend aus vier Donuts aus einer
kambodschanischen Bäckerei und einem Kaffee aus dem nächsten
Supermarkt, standen wir mit unseren Rucksäcken und Roel und Leoni im
Hoteleingang.
Unser Bus sollte um 08:45 Uhr in Phnom
Penh abfahren und etwa sechs Stunden später in Siem Reap ankommen.
Die Reiseagentur, bei der wir unsere Tickets gekauft hatten, notierte
unsere Hoteladresse und versprach, dass wir um 08:15 Uhr abgeholt und
zur Bushaltestelle gebracht werden. Natürlich war um 08:15 Uhr
keiner an unserem Hotel. Und auch fünf und zehn Minuten später
nicht. Allerdings fuhren auf der Straße vor unserem Hotel die ganze
Zeit kleine Vans vorbei, die voller Touristen waren und deren Fahrer
offensichtlich nach Hotels Ausschau hielten. 15 Minuten später baten
wir unseren Hotelmitarbeiter bei der Reiseagentur anzurufen. Alles
kein Problem, der Wagen sei in ein paar Minuten da. Fünf Minuten vor
der planmäßigen Busabfahrt wurden wir dann leicht nervös und
riefen ein zweites Mal an. Diesmal war die unerwartete Antwort, dass
der Bus vor unserem Hotel gehalten hätte, aber wir nicht da gewesen
wären. Ahja. Man würde ihn aber noch ein zweites Mal
vorbeischicken. Ein paar Minuten später hielt tatsächlich ein
kleiner Van vor Pich Guesthouse und brachte uns zu unserem Bus, der
noch auf uns wartete.
Und jetzt wurde es tatsächlich
luxuriös. Zumindest für südostasiatische Verhältnisse. Unsere
großen Rucksäcke, die bisher immer achtlos in den Kofferraum
geworfen wurden, bekamen ein Gepäckzettel und wir einen Abriss. Der
Giant Ibis Bus, so hieß die Busgesellschaft, war groß und sauber
und sah sogar funktionstüchtig aus. Die Klimatisierung funktionierte
und ein Busmitarbeiter brachte jedem zwei Flaschen Wasser. Das
Ungewöhnlichste war jedoch, dass es sogar regelmäßig kleine
Ansprachen per Mikrofon gab: eine Begrüßung, wo wir gerade waren,
wie lange die Fahrtzeit noch dauern würde, wann und wie lange es
Pausen geben würde. Nur das versprochene WiFi während der Fahrt
funktionierte nicht. Dafür wurden von einer vermutlich selbst
gebrannten DVD auf einem großen Monitor Filme gezeigt. Leider konnte
man wohl nicht nach vorne oder zurück spulen, sodass jedes Mal, wenn
wir eine Pause hatten, ein neuer Film von vorne gezeigt wurde. So
haben wir den Anfang, die Mitte, aber nicht das Ende, von einer
ziemlich flachen asiatischen Komödie, Planet of the Apes und dem
neuen Teil von Ice Age gesehen.
Die Fahrt ging durch flaches Land, das
von trockenen und staubigen Feldern dominiert wurde. Der
Nordostmonsun bringt jetzt gegen Ende der Trockenzeit heiße Luft und
wenig Regen nach Kambodscha und führt so zu dem etwas ausgedörrten
Landschaftsbild.
Die Straße besteht entgegen der Angabe ein oder
zwei Jahre alter Reiseberichte nicht mehr aus Sand, sondern ist
geteert und wird den Baustellen zu Urteilen nach in der nächsten
Zeit noch breiter werden. Man sieht vereinzelt kleine Städte und
Dörfer. Obwohl das Wirtschaftswachstum im letzten Jahrzehnt kräftig
zugelegt hat, profitiert der Großteil der Bevölkerung, der auf dem
Land lebt, kaum davon. So konzentriert sich zum Beispiel der immer
stärker werden Tourismus ganz stark auf die Tempelanlagen von Angkor
und auf Phnom Penh. Das führt dazu, dass Kambodscha immer noch auf
der Liste der Least Developed Countries steht und jeder Dritte
unterhalb der Armutsgrenze lebt.
Unser Bus erreicht Siem Reap pünktlich
gegen 15:00 Uhr. Der Ort der Niederlage der Siamesen
ist Provinzstadt, die Stadt in der Nähe der Tempelanlagen und
dadurch mittlerweile Touristenhochburg. Die Straßen sind gesät mit
Hotels, Restaurants und Kneipen. Der nahegelegene Flughafen versorgt
sie alle mit einem zuverlässigen Strom an Touristen. Tagsüber wirkt
Siem Reap jedoch fast wie ausgestorben, da sich alle Besucher auf
Tagesausflügen zu den Tempeln befinden. Erst nach Sonnenuntergang
leuchten die vielen Reklameschilder und die „Pub Street“ ist
voller Menschen. Für uns ist Siem Reap aber auch die Hauptstadt der
TukTuks. Die vielen dreirädrigen Fortbewegungsmittel bringen einen
zu den Tempeln, zu entfernteren Zielen in der Umgebung oder von Hotel
zu Kneipe und zurück. Und so müssen wir uns durch eine Traube von
TukTuk-Fahrern zu unseren Rucksäcken vorkämpfen, die aus dem Bus
ausgeladen werden. Hier findet unser affordable luxury ein jähes
Ende. Zu viert nehmen wir ein TukTuk, das unter unserem Gewicht und
dem der Rucksäcke ächzend losrollt. Wir fahren zum Jasmine Garden
Resort, das Christina auf Grund der guten tripadvisor-Bewertungen als
erste Anlaufstelle auserkoren hat. Es liegt an einer kleinen
Sandstraße, die mehr aus Löchern als Weg besteht. Dafür werden wir
von einer kleinen grünen Oase empfangen. Zur Begrüßung (und wie
wir später erfahren werden, jedes Mal wenn wir am Abend von unseren
Tagesausflügen zurückkommen) gibt es feuchte kalte Handtücher zur
Erfrischung. Die Zimmer sehen gut aus, die Mitarbeiter sind
freundlich und der Übernachtungspreis von 16 $ pro Zimmer ist
schnell ausgehandelt. Nur der TukTuk-Fahrer möchte uns an Ort und
Stelle überreden, eine mehrtätige (und wie uns scheint teure)
Tempeltour bei ihm zu buchen. Er fährt beleidigt von dannen, als wir
nach seiner Telefonnummer fragen und uns Bedenkzeit erbeten. Es
stellt sich im Nachhinein als unser Glück heraus, denn sonst hätten
wir Mr. Savvy und sein ansteckendes Lachen nicht kennengelernt.
Am
Abend stellt sich Vorfreude ein. Auf dem Papier ist nämlich der
Besuch hier ein Highlight unserer Tour. Die nächsten drei Tage
werden wir die Tempel von Angkor, darunter das berühmte Angkor Wat,
die seit 1992 zum Weltkulturerbe zählen, besichtigen. Es sind diese
beeindruckenden Überreste des prachtvollen Khmer-Reiches, die über
eine Fläche von mehr als 300 qkm verstreut Faszinierte aus aller
Welt anzieht. Mit einem über das Hotel gebuchten TukTuk-Fahrer
werden wir uns ab morgen selbst ein Bild von den Ruinen im tropischen
Dschungel machen.
Fazit Tag 83:
Busfahren mit Giant Ibis ist wirklich
affordable luxury.
Was haben wir heute gelernt? Dass wir
im fünften Land und nach 83 Tagen auf Reise zum ersten Mal Opfer
eines Diebstahls geworden sind. Zugegeben, es wurden uns zwar nur
zwei Karabinerhaken entwendet, aber ein schlechter Nachgeschmack
bleibt trotzdem. Die beiden hingen immer an unseren großen
Rucksäcken und müssen in der Zeit zwischen Ausladen der Rucksäcke
aus dem Bus in Siem Reap und Ankunft im Hotel abgenommen worden sein.
Der unzufriedene TukTuk-Fahrer steht in dringendem Tatverdacht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen