Zurückgelegte Kilometer: 208
So erstaunlich mild es am Fuße des Fox
Glaciers war, so kalt wurde die Nacht in Fox. Dass wir den heater in
Christchurch dazugebucht haben, scheint immer mehr eine unserer
besten Entscheidungen hier in Neuseeland gewesen zu sein. Und wenn
man ihn auch nur morgens für ein paar Minuten anmacht, um schneller
aus dem Schlafsack zu steigen.
Ein weiterer beliebter Aussichtspunkt
auf den Gletscher und die ihn umgebenden Alpen ist der Peak View
Point auf dem Weg zum Gillespies Beach 10km von Fox entfernt. An
sonnigen Tagen hat man von hier einen Panoramablick auf die
Bergkulisse. Selbst an regnerischen Tagen wie heute konnten wir noch
den Gletscher am Horizont erkennen. Nur fototauglich war die Aussicht
nicht.
Die SH-6 windet sich auf nur 25km von
Fox durch die Berge nach Franz Josef. Der Franz Josef Gletscher ist
der Raser unter den Gletschern. Nur sich bewegende Eismassen werden
als Gletscher bezeichnet. Aufgrund von Hangneigung, Struktur des
Eises, Temperatur, Eismasse oder Wasserzuflüsse, um nur ein paar
Faktoren zu nennen, kommt es zu Gletscherbewegungen. Da schwache
Bindungskräfte zwischen übereinanderliegenden Eisschichten
herrschen können, kann es dazu kommen, dass sich höhere Schichten
schneller bewegen als darunterliegende. Beim Franz Josef wurden schon
Spitzenfließgeschwindigkeiten von 8m am Tag gemessen.
Der 10km lange Gletscher ist zu seinem
für Neuseeland ungewöhnlichen Namen gekommen, weil ihn laut
Reiseführer der deutsche Geologe Julius von Haast nach Kaiser Franz
Josef I. von Österreich benannte, um einen Gruß an seinen
befreundeten österreichischen Kollegen in Wien zu richten, der mit
Haast mehrmals Expeditionen nach Neuseeland unternommen hatte. Von
dieser freundschaftlichen Geste gerührt wandern wir den Franz Josef
Glacier Valley Walk zur Abrisskante der Eismasse.
Heute haben wir
Glück mit Wetter und Sicherheitsmaßnahmen: Der Weg ist zu seiner
vollen Länge bis 300m vor den Gletscher freigegeben. Das bedeutet
zwar, dass wir 1h30 hin und zurück wandern müssen, dafür haben wir
aber eine tolle Aussicht auf die ganze Länge von Franz Josef, der im
Gegensatz zum Fox Glacier auch keinen Knick um die Berge zu machen
scheint.
Auffällig ist der Kontrast von blauem Eis zu den grauen
Berghängen und das regelmäßige Knattern der Hubschrauber, die alle
fünf Minuten ihre Sightseeing-Flüge über unseren Köpfen machen.
Und wenn wir richtig darüber nachdenken, sind Fox und Franz Josef
die ersten beiden Gletscher, die wir in unserem Leben gesehen haben.
Es hat sich definitiv gelohnt, nach Fox nochmal hierher zu kommen.
Von Franz Josef ist es nicht mehr weit
nach Okarito, einer kleinen Ansammlung von Häusern an der Küste. Es
gibt hier den Trig Walk, ein Wanderweg, der auf einen Punkt oberhalb
des Dorfes führt, von dem man die Berge sehen kann, die sich
wiederum in der Lagune spiegeln sollen. Leider sind die Berge durch
die tiefhängenden Wolken nicht zu sehen, daher verzichten wir auf
den Ausflug und genießen lieber den Ausblick auf das Meer und die
Klippen vom Strand aus. Etwa auf der Höhe von Okarito soll 1642 der
erste Europäer, Abel Tasman, Neuseeland gesehen haben. Darüber
hinaus kann man von dem schönen Dorf aus nächtliche Ausflüge in
den lokalen Wald machen, um die nachtaktiven Kiwis zu Gesicht zu
kriegen. Die Touren kosten aber wohl mindestens 60 $ pro Person.
Für uns geht es weiter Richtung
Norden. Wir wollen noch ein paar Kilometer machen, um am nächsten
Tag vor den Toren des Abel Tasman Nationalparks zu sein, der ein
großer Programmpunkt auf unserer Rundreise ist. Die Umgebung
präsentiert sich mit grünen Wiesen und Wäldern weniger herbstlich
als die Vegetation an der Ostküste. Hier werden Ausstellungen über
Goldabbau gezeigt, es gibt Vogelkolonien zu besichtigen und in
Pukekura wird Possum in allen Formen angeboten: als Mahlzeit, als
Sitzkissen oder als Mütze. Wir beschließen, in Hokitika, eine etwas
größere Stadt an der Westküste, die Nacht zu verbringen. Unser
Campground liegt zwar nicht wie alle anderen direkt am Strand sondern
in der Nähe eines Fabrikgebäudes, dafür ist er aber deutlich
günstiger. Und es gibt keine Warteschlangen in der geräumigen
Küche.
Fazit Tag 116:
Franz Josef fließt schnell.
Was haben wir heute gelernt? In den
Wäldern von Okarito lebt der Rowi, die seltenste Kiwi-Art. Um ihn
besser gegen gefräßige Wiesel und andere Räuber zu schützen,
werden die Eier regelmäßig aus den Nestern genommen und die Vögel
in speziellen Zentren großgezogen. Erst wenn der Rowi über ein Kilo
wiegt, kann er sich im Kampf gegen seine Feinde behaupten und wird
zurückgebracht.
Zwischendurch werden wohl die warme Nächte aus Thailand herbeigesehnt?! ;) lg, Lore mit Familie
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