Zurückgelegte Kilometer: 185
Te Wahipounamu oder South West New
Zealand World Heritage Area ist das größte zusammenhängende
Naturschutzgebiet Neuseelands, das sich über ein Zehntel der
Landesfläche erstreckt, und im Südwesten der Südinsel liegt. Zu
diesem riesigen Areal gehört auch der Fiordland National Park, der
mit 12.500 qkm der größte Nationalpark in Neuseeland ist und vor
dessen Toren wir heute aufgewacht sind. Hier liegen alle 14 Fjorde
des Landes, die von 2700m hohen Bergen umgeben sind. Diese steile
Berglandschaft wurde von den Gletschern der letzten Eiszeit geformt,
die mehr als 1000m dick die U-förmigen Täler in den Boden gruben.
Nach dem Schmelzen des Eises drang das Meer in die tiefen
Landeinschnitte ein. Und einen davon, den Milford Sound, wollen wir
heute besichtigen.
Wir frühstücken wieder im Freien, da
der Lake Manapouri uns mit schönem Wetter weckt. Erst im Hellen
sehen wir die vielen Oldtimer auf dem Campinggelände und die
rustikale Einrichtung in den Gemeinschaftsräumen. Was der
Reiseführer als „old-fashioned“ bezeichnet, ist eine Anlage mit
Charakter.
Von Manapouri fahren wir den kurzen Weg
nach Te Anau und informiere uns im örtlichen i-SITE Visitor Centre,
dem Informationsbüro für Touristen, über das heutige Wetter und
die Ausflüge im Fjord. Das Wetter soll prima sein und wir buchen für
nachher die „Nature Cruise“ auf dem Milford Sound, die etwa eine
Stunde länger auf dem Wasser ist als die anderen Bootsausflüge und
etwas weiter auf das Meer hinausfährt. Die Bootsfahrt kostet 95 $
pro Person. Um rechtzeitig am Anleger zu sein, müssen wir sofort
losfahren.
Der Weg zum Milford Sound führt über
die Milford Road, eine 120km lange Sightseeing-Straße, die über die
Alpen in die „Sackgasse“ des Fjords führt. Vor Fahrtantritt muss
das Auto vollgetankt werden, denn unterwegs gibt es (bis auf eine
Notfalleinrichtung) keine Tankstellen mehr. Das heißt, man braucht
Sprit für min. 240km. Die Milford Road führt zunächst am schönen
Lake Te Anau entlang, durchquert dichte grüne Walder, um in ein
beeindruckendes Tal inmitten unglaublicher Gebirgsformationen zu
fahren. Obwohl sich die Straße zuweilen in Serpentinen windet und es
Geschwindigkeitsbegrenzungen auf bis zu 15 km/h gibt, vergeht die
Fahrt viel zu schnell. Die Aussicht aus dem Auto ist phänomenal. Man
möchte am liebsten alle fünf Minuten anhalten und die Umgebung mit
Fotos festhalten. Es ist sicherlich eine der landschaftlich
beeindruckendsten Gegenden, durch die wir bisher gefahren sind.
Zu dem weltberühmten Dreiklang von
Milford gehört neben Sound und Road auch noch der Milford Track. Aus
den ehemaligen Trampelpfaden und Handelswegen für Jadesteine der
Maori ist heute der begehrteste Landstreckenwanderweg der Welt
geworden. Schon seit dem späten 19. Jahrhundert wird der Milford
Track von Wanderern aus aller Welt begangen. Eine britische Autorin
bezeichnete ihn schon vor 100 Jahren als „the finest walk of the
world“. Um ihn zu begehen, muss man die notwendigen Buchungen schon
Monate im Voraus erledigen, um dann in Ruhe in etwa 4 Tagen die 53,5
km zum Fjord durch diese beeindruckende Landschaft zurückzulegen.
Wer nicht so lange wandern oder nicht so viel Geld ausgeben möchte,
der kann auch einfach einen der vielen kostenlosen Walks und Tracks
erkunden, die entlang der Milford Road eingerichtet wurden und
ebenfalls durch das imposante Bergpanorama führen. Garniert wird das
Ganze noch mit zahlreichen Aussichtspunkten und Fotostopps, die wie
so alles hier in Neuseeland hervorragend ausgeschildert und erklärt
sind.
Nach 85km erreichen wir die
Wasserscheide „the Divide“, mit 532m über dem Meer den
niedrigsten Pass über den Hauptkamm der Südalpen. Unser tapferer
Van kraxelt wieder die Höhenmeter bis 900 hinauf, wir schauen
staunend aus dem Fenster und sehen die über 2700m hohen Gipfel der
Darran Mountains. Nach 101km taucht plötzlich eine unüberwindliche
Felswand vor uns auf, durch die uns der kleine, einspurige (!), mit
Ampeln und einer Steigung von 1:10 versehene und tropfende (!) 1270m
lange Homer Tunnel führt. Wir tauchen aus der Dunkelheit auf und
steile nach unten führende Serpentinen bringen uns über die letzten
Kilometer endlich ans Ziel.
Wir sind rechtzeitig da und können in
Ruhe den Milford Mariner betreten, das Boot, das uns in die
atemberaubende Welt des Fjords und bis an die Mündung zur Tasman Sea
bringt.
Während das Wasser an der Schwelle des Fjords nur 80m tief
ist, sinkt die Wassertiefe danach auf bis zu 300m. Rechts und links
sehen wir steile Felswände in die Höhe steigen. Viele Gipfel sind
in Wolken gehüllt. Der viele Regen sorgt dafür, dass an den weniger
steilen Hängen dichtes Grün in Form eines temperierten Regenwalds
wächst.
An mehreren Stellen prasselt das Wasser in großen Fällen
in den Fjord. Es ist eine Landschaft, die uns (vielleicht auch weil
wir bislang noch keinen Fjord gesehen haben) staunend hinterlässt
und die man eigentlich nicht auf Fotos festhalten kann. Der Besuch
des Milford Sounds ist tatsächlich ein Highlight unserer
Neuseelandrundreise.
Zurück am Ufer, bereiten wir den
Rückweg vor. Wir werden heute Nacht den Nationalpark nicht
verlassen, sondern in einem Campground der Naturschutzbehörde
übernachten. Dafür fahren wir etwa 40km zurück zum Lake Gunn.
Unterwegs halten wir am „Chasm Walk“, ein von einem Fluss
abgeschliffener und skulpturenartiger Kamm. Der kurze „Walk“
dauert etwa 30 Minuten.
Nach dem Chasm Walk halten wir am „Hollyford
Valley Lookout“, der einen Blick auf eines der immergrünen Täler
gewährt, die durch die Gletscher entstanden sind.
Unser Nachtlager schlagen wir dann in
der Nähe des Lake Gunn auf. Der Campingplatz liegt auf einer
Lichtung im Wald, die von den hohen Bergkämmen eingerahmt wird. Nur
etwa zwei oder drei weitere Fahrzeuge stehen verstreut auf dem
Gelände, auf dem es kein Strom und nur eine kleine Toilette gibt.
Dafür haben aber unseren Gaskocher, mit dem wir ein Nudelgericht und
Tee zubereiten können und genießen eine Stille, weitab von
jeglicher Zivilisation.
Fazit Tag 111:
Neuseeland hat Fjorde.
Was haben wir heute gelernt? Neuseeland
ist DOC. Das Department of Conservation ist die Superbehörde zum
Schutz von Natur und verwaltet ein Drittel des Staatsgebiets. Dank
gut ausgeschilderter Wege, Informationstafeln und Wanderbroschüren
kann man die neuseeländische Flora und Fauna ohne Probleme auf
eigene Faust erkunden.
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