Zurückgelegte Kilometer: 459
Die Regenwolken sind weg und die Sonne
scheint durch die Vorhänge in den Innenraum des Vans. Ein toller
Morgen und wir stellen fest, dass wir einen schönen Blick auf das
Meer und den Hafen von Moeraki haben. Das bedeutet gute Laune, obwohl
der Wecker um 7:30 Uhr geklingelt hat. Frühes Aufstehen ist
angesagt, weil wir heute noch einige Kilometer zurücklegen wollen.
Trotzdem bleibt die Zeit, unsere Campingstühle das erste Mal
auszupacken und im Freien zu frühstücken. Hier im Flachland ist es
auch deutlich wärmer als im 700m höheren Lake Tekapo.
Wir fahren in den Süden von Otago und
unser erster Stopp ist die Universitätsstadt Dunedin. Der Weg
dorthin führt über zahlreiche Hügel, die in die sanfte Landschaft
gebettet sind. Sie scheinen wie von einem großen Pinsel gemalt und
tragen dazu bei, dass es einfach Spaß macht, mit dem Auto durch
Neuseeland zu fahren. Selbst wenn das Wetter wieder schlechter wird,
als wir die steile Abfahrt runter nach Dunedin nehmen. Die Stadt ist
mit etwa 120.000 Einwohnern die zweitgrößte der Südinsel und war
Sitz der ersten Universität des Landes.
Über 20.000 Studenten
sorgen dafür, dass in den Straßen viele Cafés und Kneipen
aufgemacht haben und es eine reiche Kulturszene gibt. Außerdem gibt
es eine öffentliche Bibliothek, die wie jede in Neuseeland
kostenloses Internet zur Verfügung stellt und in der wir Bilder für
den Blog hochladen können.
Unter den vielen repräsentativen
Gebäuden, die während der Blütezeit Dunedins als Handelsstadt für
Vieh und Gold aus den nahegelegenen Feldern in Otago entstanden sind,
sticht ausgerechnet der Bahnhof hervor, der in unserem Reiseführer
sogar als schönster Bahnhof der Welt gepriesen wird.
Auf jeden Fall
bleiben uns die steilen Straßen Dunedins in Erinnerung, die sich
über die Hügel vulkanischen Ursprungs erstrecken.
Nicht lange nach Dunedin verlassen wir
die Region Otago und fahren in die „Catlins“. Es handelt sich
dabei um ein, selbst im Vergleich zum restlichen Neuseeland, dünn
besiedeltes Gebiet, das für seine zerklüftete Küstenlandschaft,
aber auch für sein raues Wetter bekannt ist. Wir sind zwar nur auf
der Durchreise, machen aber einen Abstecher zum sog. „Nugget
Point“, ein steiler Landvorsprung mit einem Leuchtturm. Die Fahrt
dahin dauerte länger als erwartet, weil uns zum einen dichter Nebel
umhüllte und sich zum anderen die Straße für mehr als 5km in eine
löchrige Schotterpiste verwandelte, die die Tachonadel auf 20 km/h
sinken ließ. Und der Nebel umhüllte auch das „landschaftliche
Highlight im Norden der Catlins“, so dass der Leuchtturm, der 133m
über dem Meer thront, nur als Schemen zu erkennen war.
Der kräftige
Wind und die aufspritzende Brandung zeigten uns aber, dass wir
tatsächlich am Meer waren. Wir dachten schon, dass sich der
zeitaufwändige Ausflug nicht gelohnt hat, als wir den unterhalb des
Leuchtturms gelegenen kurzen Fußweg zu einem
Pinguin-Beobachtungsstand langspazierten. Der führte in eine
geschützte Bucht, in die der Nebel nicht vorgedrungen ist. Aus der
kleinen Holzhütte sahen wir dann, wie eine kleine Kolonie von
Gelbaugenpinguinen von ihrer alltäglichen Fischjagd im Meer zu ihren
Behausungen in der Steilküste zurückkehrten. Man sah zuerst, wie
sich schwarze Punkte im Meer dem Strand näherten, bis sich diese in
Pinguine verwandelten, die sich mit einem kleinen Sprung aus dem
Wasser auf ihre Füße hievten und den Strand gemächlich nach oben
hüpften.
So elegant sich Pinguine in ihrem natürlich Element
bewegen können, so tolpatschig und langsam sehen sie auf dem Land
aus. Für uns war das wie eine Tierdokumentation in 3-D.
Erfreut über diese erneute Begegnung
mit den Pinguinen, war die Fahrt zurück zur Hauptstraße nur halb so
wild. Vom Nugget Point führte unser Weg über die Städte Balclutha,
Gore und Lumsden in Richtung Westküste der Südinsel und nach Te
Anau, dem Tor zum Fiordland National Park. Unterwegs tauchten die
geschwungenen Hügel und die Schafherden in das rötliche Licht des
Sonnenuntergangs, bis wir in der Dunkelheit der Nacht das scheinbar
einzige Fahrzeug auf den Straßen waren. Kurz nach 20:00 Uhr kamen
wir in Te Anau an und mussten zu unserer Überraschung feststellen,
dass die Campingplätze schon geschlossen waren. Es gab zwar noch
etliche freie Stellplätze, allerdings sind die meisten Rezeptionen
wohl nur bis 18:00 Uhr oder 20:00 Uhr besetzt. Wahrscheinlich haben
wir auch gegen gute Campingsitten verstoßen, nach denen man sich
besser bis Sonnenuntergang einen Platz gesucht und es sich dort
gemütlich gemacht hat. Schließlich hatten wir aber noch einmal
Glück und konnten einen Campingplatz in der Nachbarstadt, d.h. nur
20km entfernt, Manapouri telefonisch erreichen. Die freundliche Joel,
eine rüstige ältere Dame aus San Francisco, begrüßte uns auf
ihrem Campground neben dem schönen Lake Manapouri, der mitten im
Wald zu liegen schien. Sie ist vor 42 Jahren nach Neuseeland gekommen
und leitet seit 41 Jahren diese Ferienunterkunft. Wir sehen noch drei
andere Wagen auf dem Gelände stehen, schlagen schnell unser Lager
auf und verschwinden begleitet von unbekannten Tierlauten aus dem
nahen Wald in das schützende Innere unseres Campers. Morgen geht es
über Te Anau auf die 120km lange Milford Road zum vielleicht
berühmtesten Fiord im National Park, dem Milford Sound. Unser
Reiseführer verspricht uns atemberaubende Landschaften und wir sind
gespannt, ob die Realität diese Versprechungen einlösen kann.
Fazit Tag 110:
Neuseeland ist ein Land mit Pinguinen.
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