Ridgecrest nach Visalia nach Fresno.
Zurückgelegte Meilen: 646
Am Morgen des 28.06. verlassen wir
Ridgecrest und biegen auf den Highway 178, der uns quer über das
südliche Ende der Sierra Nevada bringen wird. Dieser Weg bietet uns
einen ersten Vorgeschmack auf die Landschaft, die wir in den nächsten
Nationalparks sehen werden. In den Höhenlagen dieser Berge ist die
Luft etwas kühler und die Vegetation viel grüner. Der wüstengleiche
Teil unserer Südwestenrundreise liegt jetzt hinter uns.
Auf halber Strecke zwischen Ridgecrest
und Bakersfield passieren wir den schönen Lake Isabella, der 1953
künstlich angelegt wurde.
Ab hier folgt die Straße dem gewundenen
Kern River und seinem malerischen Canyon. Bei Bakersfield sind wir
auf der anderen Seite der Sierra Nevada angelangt. Die Stadt befindet
sich im San Joaquin Valley, das flächenmäßig dominierende Tal im
Inneren des kalifornischen Bundesstaats. Neben dem Highway 65, den
wir ab Bakersfield in Richtung Norden fahren, sehen wir viele
Ölförderanlagen und die für die hier florierende Landwirtschaft
typischen Orangenplantagen.
Bei Exeter geht es auf den Highway 198,
der uns zu den beiden Nationalparks in den Bergen der Sierra Nevada
bringen wird: Sequoia und Kings Canyon. Wir tanken den Jeep voll,
denn die Straßen in den Parks sind steil und Tankstellen nicht
vorhanden. Letzte Ortschaft vor dem Eingang ist das nur aus Motels,
Hotels und Pensionen bestehende Three Rivers, in dem wir heute Abend
mit etwas Glück eine Unterkunft finden wollen.
Die Sequoia und Kings Canyon
Nationalparks liegen so dicht beieinander, dass sie auch als
Doppelpark bezeichnet werden und in den meisten Reiseführern in
einem Kapitel abgehandelt werden. Ihre Hauptattraktion sind die
schwindelerregend hohen Riesenmammutbäume. Im Parkgebiet, das sich
von etwa 400 Höhenmeter bis zum 4.418 Meter hohen Mount Whitney, dem
höchsten Berg der USA außerhalb Alaskas, erstreckt, kann man zudem
beeindruckende Schluchten, kalte Bergseen und zahlreiche
Aussichtspunkte besichtigen.
Wir schauen uns heute den Sequoia
Nationalpark an, der nach den hier vorkommenden „giant sequoias“
oder „Sierra redwoods“ benannt wurde. Im Foothills Visitor
Center, kurz nach dem Parkeingang von Three Rivers kommend, bekommt
man übrigens gute Hinweise für Tagesaktivitäten.
Worauf wir nicht ganz vorbereitet
waren, ist die unglaublich kurvige Straße, die uns in den Sequoia
Park hinauf bringt. Die nächsten 10 Meilen geht es Serpentine um
Serpentine mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Meilen pro
Stunde nach oben.
Wir steigen von etwa 500 Meter auf etwa 2000 Meter
an und genießen neben dem tollen Ausblick die sinkenden
Außentemperaturen. Ziemlich schnell wird deutlich, dass dieser
Nationalpark nichts mit den bunten Sandsteinformationen der letzten
Wochen gemein hat. Uns umgibt satter grüner Wald, der mit riesigen
Bäumen gespickt ist. Wir freuen uns über die willkommene
Abwechslung.
Erste Sehenswürdigkeit für uns ist
die Fahrt durch den Tunnel Log.
Dieser Mammutbaum war 84 Meter hoch,
6,4 Meter im Durchmesser breit und fiel 1937 auf eine Parkstraße.
Man sägte ein Loch in den Stamm, das groß genug ist, um mit dem
Auto durchzufahren.
Die Riesenmammutbäume sind ein Wunder
der Natur. Das menschliche Dasein erscheint plötzlich unbedeutend,
wenn man vor einem dieser bis zu 3900 Jahre alten, bis zu 95 Meter
hohen und bis zu 17 Meter breiten Bäume steht.
Interessant ist, dass
es oft Waldbrände bedarf, damit die Baumsamen aus den Zapfen
freigelassen werden und neue Bäume entstehen. Die haarig wirkende
Rinde ist zum Schutz vor den häufig vorkommenden Bränden bis zu 75
Zentimeter dick.
Vom Tunnel Log fahren wir zur schönen
„Crescent Meadow“.
Ein Pfad um diese Lichtung eignet sich
hervorragend für einen ausgiebigen Waldspaziergang.
Außerdem kann
man hier auf die Tiere treffen, vor denen die Hinweisschilder am
Parkplatz warnen: Bären. Und tatsächlich haben wir auf dem Rückweg
zum Parkplatz das Glück, 50 Meter vor uns im Unterholz auf einmal
einen Braunbär zu erblicken. Gemächlich stapft er den Hang hinunter
und verschwindet im hohen Gras der Wiese.
Angeblich sollen die Bären
ja mehr Angst vor uns als wir vor ihnen haben. Der Tipp von der
Rangerin aus dem Visitor Center, falls der Bär einem zu nahe kommt:
Sich groß machen und laute Geräusche von sich geben.
Zum Sonnenuntergang klettern wir auf
den Moro Rock.
Dieser aus Granit bestehende Monolith hebt uns auf
2050 Höhenmeter empor und bietet einen fantastischen 360-Grad-Blick
auf die Gebirgslandschaft des Parks.
400 in den Stein gehauene Stufen
bringen einen nach oben.
In der Dämmerung machen wir uns an den
Abstieg hinunter ins Tal. Die Serpentinen ziehen sich ganz schön in
der Dunkelheit. Und als wir endlich in Three Rivers ankommen, müssen
wir feststellen, dass noch das kleinste Zimmer weit über 100 $
kostet. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als noch weitere 30
Meilen bis nach Visalia zu fahren, um dort in einem streng riechenden
Motel 6-Zimmer für immer noch 65 $ zu übernachten.
Unser Tagesplan für den 29.06. sieht
vor, dass wir wieder in den Sequoia Nationalpark hinauf und nach
einem ausgiebigen Spaziergang über den Generals Highway zum Kings
Canyon Park weiter fahren. Erster Halt ist am größten lebenden Baum
der Erde.
Der General Sherman Tree wird laut Wikipedia auf etwa 1900
bis 2500 Jahre geschätzt. Mit 83,8 Metern ist er nicht der größte,
aber dank eines hohen Stammdurchmessers der voluminöseste Baum auf
diesem Planeten. Es ist unvorstellbar, dass dieser Riese seit der
Zeit des antiken Griechenlands an dieser Stelle steht.
Vom General Sherman Tree laufen wir den
2 Meilen langen, sehr schönen „Congress Trail“.
Es tut gut,
wieder in einem Wald zu laufen und abseits der großen
Touristenströme kann man die berühmten Mammutbaumansammlungen
sehen, die nach dem „President“, „Senate“ und „House“
benannt worden sind.
Vermutlich weil nur wenige Besucher sich so
„weit“ von der Straße entfernen, haben wir auch am zweiten Tag
im Sequoia Park das Vergnügen, einen Braunbär durch den Wald laufen
zu sehen.
Danach verlassen wir über den Generals
Highway den Sequoia und fahren in den Kings Canyon Nationalpark.
Letzterer beheimatet mit dem General Grant Tree den zweitgrößten
lebenden Baum der Erde. Auch bekannt als „Nation's Christmas Tree“.
Zum Abend verlassen wir den Kings Canyon Nationalpark über den
Highway 180, der uns in das im Tal liegende Fresno bringen wird.
Diese Parkzufahrt führt deutlich sanfter und weniger stark gewunden
in das von ockerfarbenen Feldern dominierte kalifornische Flachland.
In Fresno, das immerhin die fünftgrößte Stadt des Bundesstaats
ist, landen wir erneut in einem Motel 6, dessen größter Vorzug der
nebenan befindliche In-N-Out Burger ist.
Am 30.06. widmen wir uns zum Abschluss
des Doppelparks dem Kings Canyon Scenic Byway. Diese 50 Meilen lange
spektakuläre Stichstraße führt hinunter in die Schlucht des Kings
Revers.
Direkt in die Berghänge gebaut trennen nur wenige Meter die
Autoreifen vom Schluchtenabgrund. Es dauert also eine Weile, bis wir
unten im Tal des Kings Rivers angekommen sind. Dort fahren wir
zunächst zum Walk um das „Zumwalt Meadow“.
Ein Trampelpfad
bringt einen zum Fluss, durch ein kurzes Waldstück und an eine
wunderbar von den Bergen eingerahmte Lichtung.
Noch im Tal machen wir
Stopps an den beiden kleinen Wasserfällen „Roaring River Falls“
und „Grizzly Falls“.
Auf dem Rückweg zum Parkeingang gibt es
noch einen kurzen Abstecher zum Hume Lake. Ein wie es scheint
beliebter Ort zum Campen und Baden.
Heute legen wir noch einmal die 55
Meilen vom Parkeingang nach Fresno zurück und sind gefühlt seit
einer Ewigkeit wieder in einem schönen Hotel: Das Doppelzimmer in
dem von einer indischen Familie geleiteten Summerfield Inn kostet
66,50 $ die Nacht inkl. Frühstück und tax. Und auch nach etwa
sieben Wochen in den USA haben wir noch nicht alle
Fast-Food-Restaurants ausprobiert: Diesen Abend gibt es zum ersten Mal
die Roastbeef-Burger von „Arby's“. Wir scheinen eine gute Wahl
getroffen zu haben, denn die einheimische „Fresno Police“ fährt
vor uns durch den Drive-thru. Morgen verlassen wir den Doppelpark der
Riesenmammutbäume und nehmen Kurs auf einen der berühmtesten
Nationalparks in den USA: den Yosemite in der Sierra Nevada.
Fazit Tage 178, 179 und 180:
Bären und Bäume.
Was haben wir heute gelernt?
Kalifornien ist der „Golden State“. Der Spitzname leitet sich vom
kalifornischen Goldrausch von 1848 bis 1854 ab.