Mittwoch, 6. März 2013

Xin Chào!


Luang Prabang nach Hanoi.


Es sind mit dem Tuktuk sieben Minuten von unserem Hotel zum Flughafen. Der „Luang Prabang International Airport“ besticht durch seine Größe, denn er ist der kleinste Flugplatz von dem wir jemals geflogen sind. Ein Terminal, ein viel zu modern klingendes Wort für ein kleines Gebäude mit den Ausmaßen des Rotenburger Bahnhofs, dient zur Abfertigung der nationalen und internationalen Flüge. Die Internetseite des Luang Prabang International Airport informiert unter „Quick Facts“ über die „Capacity“: „One runway. Runway 06/24 – 7,218 feet 2,200 meters long – Asphalt“. Also immerhin keine Schotterpiste. Auf dem Gebäude sitzt ein kleiner Tower, der die besten Tage schon hinter sich hat. Wir hoffen, dass in dem vermodernd und verlassen aussehenden Turm wirklich Leute sitzen und den Verkehr überwachen. 


Wobei der Verkehr durchaus überschaubar ist. Vom Eingangsbereich kann man durch eine Glasscheibe in den Sicherheits- bzw. Warteraum blicken, der mit einer weiteren Glasscheibe vom Rollfeld abgetrennt ist, auf dem eine kleine Maschine der Lao Airlines steht und gerade beladen wird.


Wir suchen vergeblich nach einem Check-in für Vietnam Airlines. Die vier Schalter sind alle mit Lao Airlines beschriftet. Eine freundliche Laotin gibt uns zu verstehen, dass wir uns noch etwas gedulden sollen. Zugegeben, wir sind auch zwei Stunden vor Abflug etwas früh am Flughafen. 


Ein älteres deutsches (?) Pärchen und einige Vietnamesen sind noch im Terminal zu sehen. 20 Minuten später öffnet unser Schalter. Ein Laote hebt ein in der Ecke liegendes Schild, mit der Aufschrift „Vietnam Airlines“, auf und hängt es an Schalter Nr. 1 über die Lao Airlines Beschriftung. Auf einer Personenwaage werden unsere Rucksäcke gewogen (aktuelles Gewicht: 14,3 kg und 11,2 kg), von einem Mitarbeiter weggetragen und wir erhalten unsere Bordkarten. 


Um die Zeit zu vertreiben, schlendern wir noch ein bisschen draußen vor dem Terminal umher. Kurios: Dort werden wir plötzlich von zwei Flughafenmitarbeitern (ihren Jacken nach zu urteilen) angesprochen. Haben wir zu viele Fotos gemacht? Sie geben uns einen Zettel und mit ein wenig Englisch und viel Händen und Füßen bitten sie uns, das Papier auszufüllen. Offensichtlich ein Umfragebogen, mit der Überschrift „English Grammar – Group Exercise“. Unklar, ob das jetzt Hausaufgaben für ihren Englischkurs oder eine Umfrage des Flughafens ist, beantworten wir die Fragen, wie es uns in Laos gefällt, was unser schönstes Erlebnis in Luang Prabang war, welche Stadt wir noch besichtigen wollen und was uns an der laotischen Bevölkerung am besten gefallen hat. Dann wird noch ein Beweisfoto von uns und einem der Mitarbeiter gemacht und die beiden ziehen freudestrahlend von dannen.

Die Sicherheitskontrolle entspricht den internationalen Standards. Wir müssen nur kurz vor dem Gepäckscanner warten, da der zuständige Mitarbeiter noch beim Essen ist. Kurz nach Sonnenuntergang können wir vom Warteraum aus sehen, wie unser Flugzeug landet und vor unserem Fenster parkt. Die Maschine fliegt täglich von Siem Reap (Kambodscha) über Luang Prabang nach Hanoi. Das Gepäck, das hinter dem Cockpit verstaut ist, wird ausgeladen und die Passagiere steigen über eine kleine Leiter hinten am Heck aus. Die Flügel sind oben an der Kabine befestigt, die Fenster befinden sich darunter. So kann jeder die Aussicht nach unten genießen. Und tatsächlich hängen zwei Propellertriebwerke an den kleinen Flügeln, die uns in die Höhe hieven sollen. 


Zu unserer Überraschung beginnt das Boarding eine Stunde vor Abflugzeit. Auf den paar Metern vom Gebäude zum Flugzeug werden wir von einem Mitarbeiter des Bodenpersonals abgefangen. Wir erkennen ihn wieder, es ist der Mann mit den Englischhausaufgaben von vorhin. Mit einem riesigen Lächeln überreicht er uns erneut ein Blatt Papier. Ein schwarz-weiß Ausdruck des Fotos von ihm und uns, das wir vor dem Gebäude gemacht haben. Lachend bedanken wir uns und freuen uns über die Freude des Mannes. Ein passender Abschied von diesem Land, dem es an so viel mangelt, dass aber reich ist an diesen freundlichen Menschen.


Wir betreten als letzte Passagiere das Flugzeug. Die Türen werden geschlossen und wir rollen sofort los. 50 Minuten früher als geplant. Und so gut wie leer. Von den maximal 74 Sitzplätzen sind vielleicht 15 besetzt, inklusive uns und den beiden Crewmitgliedern. Die ATR 72-500 beschleunigt kurz und ist gefühlt sofort in der Luft. Alles geht etwas leiser und schneller als wir es kennen. Der Flug selbst dauert nur eine Stunde und ist nicht viel wackliger als in größeren Maschinen. Eine Stunde vor der planmäßigen Ankunftszeit setzen wir auf vietnamesischem Boden auf.

Hanoi, „zwischen den Flüssen“, ist die Hauptstadt der Sozialistischen Republik Vietnam und ist Heimat von etwa 6,5 Mio. der insgesamt 91,5 Mio. Vietnamesen. Es ist die vierte Hauptstadt unserer Reise und mit mehr Einwohnern als in ganz Laos ein starker Kontrast zu unserer letzten Station. Der Flughafen von Hanoi ist so wie man Flughäfen kennt, groß, steril und anonym. Bei der Einreisekontrolle heißt es dann: Xin chào! Hallo auf Vietnamesisch und wohl wie „Sin Tschao“ ausgesprochen. Aber wie wir schon bei der Ankunft in Indien und beim Grenzübertritt von Thailand nach Laos festgestellt haben, beginnt das Land erst außerhalb des Flughafens. Wir heben also mal eben 3.000.000 vietnamesische Dong am Geldautomaten ab (1 € entspricht etwa 25.000 Dong) und treten hinaus. Unser Empfangskomitee ist schon da. Eine Horde von Taxifahrern begrüßt uns mit lautem Rufen und Werben, bloß ihr Taxi zu nehmen und viel Geld zu sparen. Instinktiv lassen wir sie links liegen und suchen uns eines der vielen Festpreistaxen, die uns für 350.000 Dong die ca. 30km in die Innenstadt bringt.

Während wir in die Stadt gefahren werden und draußen das nächtliche Vietnam an uns vorbeizieht, werden ein paar Dinge deutlich und lassen sich schon ein paar andere erahnen. Wir fahren maximal 60 km/h schnell, die Fahrt kann also noch etwas dauern. Unser Fahrer versteht kein Wort Englisch, wir kein Wort Vietnamesisch. Zudem macht er einen eher komischen Eindruck auf uns, wie er hin und wieder kurz laut aufstöhnt, mit sich selbst (oder uns?) redet und die Fingernägel des kleinen Fingers lang wachsen hat lassen. Im Radio läuft unerwartet „westliche“ Musik, Jessie J mit ihrem Lied „Price Tag“. Sie singt „it's not about the money, money, money“ und wäre die ersten Minuten in Vietnam gleich eines Besseren belehrt worden. Unser Fahrer scheint das genauso zu sehen und schaltet auf ein vietnamesisches Liebeslied um, das er mitsingen kann. Unterbrochen wird er in regelmäßigen Abständen von Autohupen, entweder seiner eigenen oder der anderen Fahrer. Es drängen sich die ersten Parallelen zu Indien auf. Und wir sitzen auf der Rückbank und erleben wieder dieses Gefühl von Abenteuer, erneut in einem neuen Land zu sein, wie ungewohnte Eindrücke auf einen einstürzen und alles fremd erscheint.

Mit Hilfe unserer Handy GPS-Ortung finden wir unser Hotel. Es ist zwar schon spät und wir sind müde, aber hungrig sind wir leider auch. Gleich um die nächste Straßenecke finden wir, wonach wir gesucht haben. Ein kleines Plastikstuhllokal auf dem Bürgersteig/Straße. Es heißt, je kleiner der Stuhl, desto günstiger das Essen. Die Stühle hier sind bloße Plastikhocker, 30cm über der Erde. 


Wir fühlen uns wie Riesen, als wir vor dem passenden kleinen Tisch zwischen all den Vietnamesen Platz nehmen. Es gibt nur Nudeln. Für den Anfang bestellen wir vegetarische Portionen und bekommen die Nudeln mit Fleisch, wie sie an allen Nebentischen gegessen werden. Wir müssen an Cati und Alex aus Ko Lanta denken und feststellen, dass Vietnam kein einfaches Land für Vegetarier ist. Unsere Nudeln schmecken gar nicht mal so schlecht, aber wir können nicht ausschließen, dass es sich beim Fleisch um Hund gehandelt hat.


Fazit Tag 63:

Vietnam ist auf den ersten Blick lebendiger, lauter und hektischer als Laos.

Was haben wir heute gelernt? Eine erste schnelle Internetrecherche ergab, dass lange Fingernägel in China zur Zeit der Qing-Dynastie ein traditionelles Zeichen dafür waren, dass der Träger keiner körperlichen Arbeit nachgehen musste. Noch heute werden deshalb in manchen asiatischen Ländern die Nägel des kleinen Fingers nicht geschnitten.  

1 Kommentar:

  1. wir tragen unsere klein-fingernägel seit vietnam auch lang.
    we are 'f***ing p.i.m.p.'..:-)

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