Freitag, 15. März 2013

Hoi An - Tage 1, 2, 3 und 4


Immer noch im Halbschlaf und mit ziemlich kleinen Augen durchqueren wir am nächsten Morgen die Lobby unseres Hotels auf der Suche nach Frühstück. „WALTER!! CHRISTINA!! How are you??“ Unsere neuen Duzfreunde sind auch schon wach. Aber immerhin wissen sie, wo unser Buffet mit Mango- und Banana-Pancakes, Knoblauchbrot (ja, das geht auch zum Frühstück), Eier (dürfen ja nicht fehlen) und Toastbrot auf uns wartet.

Wir passen uns an den Rhythmus dieser Stadt an und lassen die ersten beiden Tage ruhig angehen. Auf Spaziergängen und mit dem Fahrrad erkunden wir Hoi An. 


75.000 Menschen leben hier und das zum Teil in wunderbaren zweistöckigen Häusern, die vietnamesische, chinesische und japanische Einflüsse aufweisen und in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden sind. Es herrscht eine für Vietnam untypische (fast) entspannte Atmosphäre in der Altstadt am Fluss, da manche Straßen zu bestimmten Zeiten nicht von Mopeds durchfahren werden dürfen. 


Unser Reiseführer schreibt schon ganz richtig, dass fast alle Besucher länger bleiben als geplant und der Aufenthalt hier ein Highlight einer Vietnamreise sein kann. Zumal ein toller Sandstrand nur 15 Fahrradminuten entfernt ist.


Zu besichtigen sind insbesondere die schon erwähnten Häuser, von denen manche seit Generationen von derselben Familie bewohnt werden. Sie weisen ebenfalls die für Vietnam so typische schmale aber langgezogene Grundstücksform auf. Daneben gibt es viele chinesische Versammlungshallen. Die Einwanderer aus China organisierten sich untereinander immer stark in Vereinigungen und nutzten diese tempelartigen Anlagen, um sich dort zu treffen. Diese zahlreichen Sehenswürdigkeiten haben natürlich dazu geführt, dass Hoi An kein weißer Fleck auf der touristischen Landkarte mehr ist. Man sieht tagsüber viele ausländische Besucher durch die kleinen Gassen spazieren oder aus einem der Hotels kommen. Trotzdem empfinden wir nicht, dass Hoi An überlaufen oder künstlich geworden ist. Der Tourismus hat an diesem Ort dazu geführt, dass das traditionelle Stadtbild erhalten wurde und die schönen Häuser keinen Neubauten weichen mussten.


Dadurch findet man zum Beispiel zwischen den Geschäften, die maßgeschneiderte Anzüge oder andere Textilien anbieten, in einem kleinen Holzhaus einen Laden für gebrauchte Bücher. Der Verkaufsraum geht nahtlos in das Wohnzimmer mit Fernseher über. Das Regal mit Reiseführern (auf Deutsch, Englisch, Französisch, Schwedisch oder Russisch) steht direkt neben der Couch, auf der meistens die Frau und die Kinder des Ladeninhabers sitzen und essen. Wir kaufen einen Stefan Loose für die Mekong-Region und wollen Guy, dem älteren Buchverkäufer, den LonelyPlanet, den wir aus Laos haben, dafür dalassen. Zu unserer Überraschung lernen wir, dass er aus Prinzip keine LonelyPlanets annimmt und anbietet. Die Erklärung findet sich in den Karten im Buch. Guy zeigt uns, dass die Autoren das Meer, an das Vietnam grenzt, als südchinesisches Meer bezeichnet haben. Aus seiner Sicht ist das ein Affront gegen Vietnam und rechtfertigt den Boykott der berühmten Reiseführerreihe. In solchen unerwarteten Begegnungen lernt man häufig am meisten über die Denkweise der Menschen aus anderen Ländern.


Am dritten Tag, dem 14.03., fühlen wir uns ausgeruht genug, um die Augen um 4:30 Uhr in der Nacht aufzuschlagen und an einem Ausflug teilzunehmen. Wir wollen die Tempelruinen der Cham-Zivilisation in My Son besichtigen. Die Cham siedelten in Südvietnam und errichteten schon im 2. Jahrhundert n. Chr. die ersten Holzgebäude an dieser ihrer heiligsten Stätte. Ihr Königreich Champa erlebte seine Blütezeit im 10. Jahrhundert, bevor die Anlagen im 14. Jahrhundert aufgegeben wurden, weil die Vietnamesen von Norden kommend das Volk weiter in den Süden drängte. Warum wir die Anlagen so früh besichtigen? Das My Son-Areal ist (wie so vieles hier) von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt und zieht daher tagsüber Busladungen an Touristen an. Laut anderen Reiseberichten treten sich die Reisegruppen gegenseitig auf die Füße und der Charme der Ruinen, verlassene Bauwerke inmitten grüner Natur, bleibt verborgen. Es gibt aber eine Tour, die bereits um 5:00 Uhr startet und nur von ein paar Frühaufstehern gebucht wird. Deswegen stapfen wir schlaftrunken die Hoteltreppe hinunter, sehen dass ein paar Mitarbeiter auf Klappbetten hinter der Rezeption schlafen (wie, wo bleibt unsere Begrüßung?!) und warten auf der Straße vor dem Hotel. „Walter!! Christina!!“ Ah, so ist schon besser. Sherry eilt uns in Schlafklamotten hinterher und versichert uns, dass wir gleich abgeholt werden. Und so sitzen wir um kurz nach 5:00 Uhr ein paar Straßenzüge weiter in der Innenstadt und kriegen vom Tourveranstalter ein belegtes Baguette und einen leckeren, typisch vietnamesischen, Kaffee mit Kondensmilch serviert. Von hier geht es in einem Minivan mit etwa zehn anderen Gästen nach My Son.

Kurz nach Sonnenaufgang betreten wir die heiligste Stätte der Cham-Zivilisation, von manchen auch als kleines Angkor Wat bezeichnet. 


Die Tempelruinen sind von dichtem Dschungel umgeben und liegen in einem heißen Tal, das von umliegenden steilen Felswänden gebildet wird. 


Die Anlage war nach der Vertreibung der Cham etwa fünf Jahrhunderte der Natur überlassen, die sich das ihr geraubte Land Stück für Stück zurückerobert hat. 


Erst 1901 entdeckte der französische Archäologe Henri Permentier die Ruinen wieder und teilte seine Entdeckung einer breiten Öffentlichkeit mit. In der Stille des Morgens genießen wir den herrlichen Anblick. 


Wer bereits Angkor Wat in Kambodscha gesehen hat, der ist vielleicht von der kleinen Anlage in My Son enttäuscht. Uns gefallen die sehr schönen Tempelruinen aber, auch als Vorgeschmack auf Angkor, sehr gut. 



Der Guide erläutert die unterschiedlichen Architekturstile, die Bauweise mithilfe eines klebrigen Baumharzes als Mörtel und die verehrten Gottheiten. Wir treffen dabei den Gott Shiva wieder, einen alten Bekannten aus Indien.


Von My Son werden wir wieder zurück nach Hoi An gebracht. Auf dem Rückweg kommen uns die oben schon erwähnten Busladungen voll Besucher entgegen. Im Hotel nehmen wir ein zweites Frühstück ein und machen zur besseren Verdauung ein kleines Schläfchen. Ganz verschlafen dürfen wir den Tag aber nicht, denn am Nachmittag steht ein besonderer Stadtspaziergang durch Hoi An auf dem Programm. Von anderen Hotelgästen haben wir zufällig von Etienne erfahren, einem französischen Fotografen, der seit mehreren Jahren in Vietnam lebt und Fotorundgänge durch die Altstadt anbietet. Da bei Christina in den letzten Wochen die eine oder andere Frage zu Street- bzw. People-Fotografie aufgetaucht ist und unser persönlicher Fotografie-Experte Viktor, dem wir an dieser Stelle endlich mal einen großen Dank für viele wertvolle Tipps und Tricks aussprechen wollen und ohne sein immer bereitwillig geteiltes Wissen viele der Bilder auf diesem Blog so gar nicht entstanden wären, leider nicht mit uns reist, haben wir für den Nachmittag ein Treffen mit Etienne organisiert. Wir treffen Etienne bei einem Eiskaffee (mit leckerer Kondensmilch) und plaudern über ihn und das Fotografieren in Südostasien. 


Er hat bereits während des BWL-Studiums gewusst, dass er später gerne in Südostasien leben möchte und nach seinem Abschluss eine Stelle in einem Unternehmen in Vietnam angetreten. Etwa zu dieser Zeit hat er sich auch seine erste Kamera gekauft, um die Menschen und das Leben hier auf Bildern festzuhalten. Aus dem Hobby ist dann irgendwann ein Vollzeitjob geworden und heute macht Etienne, wenn er nicht gerade mit uns auf einem Rundgang ist, Werbeaufnahmen für Unternehmen oder Hochzeitsfotos für Private. In den nächsten zwei Stunden gehen wir durch die Straßen von Hoi An und entdecken die Stadt, so wie Etienne sie sieht. 


Er ist mit einer Vietnamesin verheiratet, spricht die Landessprache und kennt mittlerweile viele der älteren Einheimischen, so dass wir mit den Leuten ins Gespräch kommen und das Gefühl haben, dieses Land ein Stück näher kennenzulernen. 


Wir haben einen interessanten Nachmittag und lernen nebenbei, dass wir gemäß dem chinesischen Kalender Tiger sind.

Weil uns der Spaziergang mit Etienne so gut gefallen hat, machen wir am nächsten Morgen eine Sonnenaufgangstour mit seinem Partner Pieter in ein kleines vietnamesisches Fischerdorf. Unser Wecker klingelt den zweiten Tag in Folge um 4:30 Uhr. Wer zum Teufel hatte diese verdammt blöde Idee nochmal so früh aufzustehen, schießt es durch unsere Köpfe. Irgendwie schaffen wir es aber angezogen und pünktlich vor dem Hotel („Walter!! Christina!!“) zu stehen und noch im Dunkeln von Pieter abgeholt zu werden. Mit sechs anderen Teilnehmern geht es zunächst zu einem kleinen Fähranleger an einem Flussufer. Hier warten wir auf kleinen Plastikhockern auf die Fähre, trinken einen mit Kondensmilch gesüßten Kaffee und scharfen Ingwertee und beobachten verschlafen die Vietnamesen am Nebentisch, wie sie lautstark trinken, rauchen und Karten spielen. Die Fähre ist ein kleines Boot, das vorwiegend Mopedfahrer trocken über den Fluss bringt. Mittlerweile ist die Sonne aufgegangen und am Horizont ist das Meer auszumachen, in das unser Fluss mündet. Vor dem Dorf auf der anderen Seite sieht man eine Reihe von Booten schwimmen. Die Fischer haben in der Nacht die Netze vollgemacht und sind gerade eben vom Meer zurückgekehrt. Wir spazieren an der Uferpromenade entlang und werden Zeuge des Fischmarkts, wie er hier jeden Morgen stattfindet:


Überall sieht und riecht man die Fische, vietnamesische Frauen schreien sich gegenseitig an, kämpfen um den Fang, feilschen um die Preise, während die Fischer müde nach getaner Arbeit danebenstehen und scheinbar wie wir das Spektakel beobachten. Ein Erlebnis für alle Sinne!



Nach einem kleinen Frühstück (belegte Baguettes und scharfer Ingwertee) besuchen wir ein Gebäude, in dem die berühmte vietnamesische Fischsauce hergestellt wird, die in so gut wie jede Mahlzeit Eingang findet. Vor dem Eingang sollte man einmal tief Luft holen und drinnen das Atmen einstellen. Die Fische werden in großen Fässern in Salzlache eingelegt und sechs bis zwölf Monate (!!) stehengelassen. Nach dieser Zeit haben sie sich komplett aufgelöst. Danach wird die Flüssigkeit destilliert. 


Das Destillat ist die begehrte Fischsauce, die zum Würzen der Speisen verwendet wird.

Der Ausflug in das Fischerdorf war ein interessanter Einblick in das Leben der Landbevölkerung in Vietnam und das frühe Aufstehen auf jeden Fall wert. Zumal die kleinen Gruppen von Etienne die einzigen Touristen sind, die hier herkommen. Auf dem Rückweg nehmen wir wieder die Fähre und fahren dann mit Fahrrädern zurück nach Hoi An. Den Rest des Tages verbringen wir in den schönen Cafés der Stadt, schreiben an unserem Blog und planen unsere nächste Etappe. Wir haben die vier Tage in Hoi An sehr genossen und können das Städtchen jedem weiterempfehlen, der zwischen den hektischen großen Städten und den heißen Stränden ein etwas entspannteres Vietnam kennenlernen will. Unsere Reise geht weiter in Richtung Süden. Es steht wieder eine lange Zugfahrt auf dem Programm. Das nächste Ziel ist die größte Stadt Vietnams und die vielleicht berühmteste Südostasiens: Ho-Chi-Minh-Stadt oder besser bekannt als Saigon.

Fazit Tage 69, 70, 71 und 72:

Für das perfekte Licht muss man vor Sonnenaufgang aufstehen.

Was haben wir heute gelernt? Vietnam is(st) Suppe. Und das traditionell schon zum Frühstück. Die vietnamesische Suppe wird „Pho“ geschrieben und wie ein gepresstes „fö“ ausgesprochen. Sie besteht aus einer kräftigen Brühe, Reisnudeln, Fleischstreifen (Rind oder Huhn), Zwiebeln, Lauch und Chilis.


4 Kommentare:

  1. Willkommen ihr Tiger ;). Ja, wir auch, l.g. Lore
    PS: Ja wirklich super Fotos, gel Viktor?!

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  2. Hey ihr beiden,
    die Bilder der Foto-Tour sind echt toll geworden! Alltaegliches mit alternativer Belichtung, Bildaufbau und Schaerfentiefe wirkt gleich ganz speziell...ich buche schonmal die zwei-stuendige people-and-street-Fototour fuer Hamburg ;-)

    Lasst euch die Zeit nicht zu lang werden ;-)
    Viele Gruesse aus Cairns!

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    1. Geht klar ;) Die Frage wird allerdings sein, wie die Menschen in Hamburg reagieren, wenn man sie aus nächster Nähe ablichten will ;)

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