Sonntag, 31. März 2013

Kambodscha - das Fazit



Die fünfte Station unserer Reise ist vorbei. Wir waren nur eine Woche im Land der Khmer, natürlich zu kurz um die Menschen und ihre Gepflogenheiten besser kennenzulernen, aber trotzdem lässt sich ein Fazit ziehen, das (wie sonst eigentlich auch) weniger Urteil als viel mehr Spiegel unserer Eindrücke sein soll. Das mit etwa 14 Mio. Einwohnern dünn besiedelte Kambodscha hat uns zwei verschiedene Gesichter gezeigt. So waren die Tage in Phnom Penh mit dem düsteren Erbe der roten Schreckensherrschaft aus den 1970er Jahren überschattet, während uns im Dschungel von Angkor der erhebende Stolz und die Pracht eines vergangenen Großreiches umgab. Wer mehr Zeit mitbringt, auf den wartet das Land dazwischen.


Hier unser Kambodscha in 6 Stichpunkten:

TukTuk-Fahrer. Sie säumen die Straßen von Phnom Penh oder warten in ihrer heimlichen Hauptstadt Siem Reap. Obwohl man von der immer wiederkehrenden Frage „Hello, TukTuk?“ oder einfach nur „TukTuk?“ schnell genervt ist, gibt es eigentlich kein besseres Verkehrsmittel, um im kühlen Fahrtwind die heißen Städte zu besichtigen.


Wir hatten nur US-Dollar und kaum Riel im Geldbeutel. Das lag daran, dass an allen Geldautomaten nur US-Dollar ausgezahlt wurden. In Phnom Penh und in Siem Reap und in allen Haltestellen unterwegs waren alle Preise auch nur in Dollar angegeben. Zu unserer Überraschung war der US-Dollar also die faktische Erstwährung des Landes. Ein paar Riel-Scheine konnten wir dann doch ergattern: als Rückgeld für Beträge unter 1 $.


Pol Pot und seine Roten Khmer. Das bis heute noch nicht verheilte Leid, das der ehemalige Lehrer und seine Anhänger über das kambodschanische Volk gebracht haben.


Ein Land der Extreme. Zumindest was das Busfahren anbelangt. Wir kamen in den Genuss von „affordable luxury“, der besten Busfahrt unserer bisherigen Reise, nur um vier Tage später als „Gold VIP“-Kunden wieder in die Untiefen des südostasiatischen Transportwesens zu blicken.


Kambodscha ist das Reich von Angkor. Die Khmer-Könige hinterließen ihren Nachfahren architektonische Meisterwerke im tropischen Dschungel.


Wie wir das Land bereist haben: zu viert. Es hat Spaß gemacht, mit anderen den Reisealltag zu teilen.


Kambodscha - Statistik

Samstag, 30. März 2013

Siem Reap nach Bangkok



Oder im Backpacker-Jargon: „A bus ride from hell“. So betiteln für gewöhnlich die Rucksackreisenden ihre schrecklichsten Busfahrten. Manchmal erscheint das viel zu übertrieben und manchmal ist es durchaus angebracht. Wir haben uns gedacht, wenn man mehr als doppelt so lang wie geplant unterwegs ist, einem so heiß ist, dass die Kleider am Körper kleben, bei einem Überholvorgang um sein Leben fürchtete, sich mindestens einer übergeben hat, einmal in die falsche Richtung abgebogen ist und es fast zu Handgreiflichkeiten kam, dann kann man seinen Blogeintrag ruhigen Gewissens so nennen. Das ist die Geschichte unserer vorerst letzten Busfahrt in Südostasien, die uns nochmal so einiges geboten hat.

Da übermorgen unser Flug von Bangkok nach Bali geht und wir mit etwas Wehmut das südostasiatische Festland verlassen werden, haben wir für heute ein Busticket von Siem Reap in die thailändische Hauptstadt gebucht. Die Busgesellschaft heißt „Gold VIP Bus“ und hätte sich abwegiger nicht nennen können. Laut Fahrplan sollte unser Bus mit komfortablen zurücklehnbaren Sitzen und Klimaanlage um 06:30 Uhr abfahren und um 12:30 Uhr in Bangkok ankommen. Sogar WiFi sollte es während der Fahrt geben. Das Ticket kostet 12 $ pro Person.

Um 06:00 Uhr wurden wir von einem TukTuk am Hotel abgeholt. Das hieß, dass wir um 5:00 Uhr aufgestanden sind, die Rucksäcke gepackt, den schlafenden Mitarbeiter an der Rezeption geweckt hatten und dieser ein Abschiedsfoto von uns gemacht hat. Von Roel und Leoni haben wir uns schon am Vorabend verabschiedet. Für die beiden geht es weiter nach Battambang im Süden von Kambodscha und dann über Bangkok vielleicht nach Laos. Auf dem Weg zur Bushaltestelle haben wir dann noch zwei weitere Reisende abgeholt und saßen mit vier Personen und acht Rucksäcken über uns im kleinen Anhänger des TukTuks. An der Bushaltestelle war erst einmal Warten angesagt. Der TukTuk-Fahrer war damit beschäftigt, nach und nach mehr Fahrgäste aus der Stadt hierher zu bringen, so dass um 06:30 Uhr natürlich noch kein Bus abfahrbereit an der Straße stand. Und auch um 07:00 Uhr noch nicht. Um 07:15 Uhr kam dann kurzzeitig Euphorie unter den Wartenden auf, als ein Bus vor uns stoppte, aber die hielt nicht lange an. Es war ein „sleeping bus“ vermutlich aus Phnom Penh, aus dessen durchwühlte Liegeflächen verschlafene Backpacker in Pyjamas herauskrochen und sich zu uns Wartenden gesellten, während der Bus wieder verschwand. Um 07:30 Uhr warteten wir immer noch in der stärker werdenden Sonne. Unmut breitete sich aus. Man fragte sich, warum man eigentlich so früh aufgestanden ist, während die „leitende Mitarbeiterin“ in der „Gold VIP Bus“-Zentrale mit drei verschiedenen Handys und einem Festnetztelefon hektisch herumtelefonierte. Kein gutes Zeichen. Und um 08:30 Uhr, laut Plan sollten wir jetzt an der Grenze sein, gab es die Bestätigung: Unser eigentliche Bus ist irgendwo mit einem Schaden liegengeblieben. Vor uns stand nun ein muffiger „sleeping bus“, der statt der aufrechten Sitzplätze durchwühlte und nicht mehr allzu saubere Liegeflächen hatte. Wobei die Leute, die unten liegen mussten, so wie wir, kein Fenster zum rausgucken haben. 


Sich zu beschweren war sinnlos und so wurden unsere Rucksäcke reingeworfen und wir sind eingestiegen. Immerhin fuhr der Bus jetzt los.

Nur um fünf Minuten später wieder anzuhalten. Wir mussten nämlich noch tanken. Es verging also eine weitere Viertelstunde bis wir endlich aus Siem Reap rausfahren konnten. Unterwegs wurden ein paar Dinge schnell deutlich: dass die Klimaanlage so gut wie gar nicht funktionierte und draußen über 35 Grad herrschten, dass wir die meiste Zeit auf der holprigen Gegenfahrbahn fuhren und dass die zwei wütenden Tschechen hinter uns für den Rest des Tages nicht aufhören würden, zu fluchen. Die beiden beschlossen außerdem, die hintere Dachluke zu öffnen und so die Klimaanlage endgültig zum Erliegen zu bringen. Als einer der zwei Busfahrer nach hinten kam, um die Luke wieder zu schließen, vertrieben sie ihn wieder mit gefletschten Zähnen.

Aber obwohl wir uns wie in einer Konservendose, die ordentlich geschüttelt wird, fühlten, funktionierte die GPS-Ortung mit unserem Handy. Und das war auch gut so, denn während sich Christina mit ein paar Folgen Gilmore Girls in eine andere, bessere Welt träumte, stellte Walter erstaunt fest, dass wir auf halbem Weg zur im Westen liegenden Grenze plötzlich nach Süden Richtung Meer abbogen. Laut Karte konnte das auch nicht ein anderer Weg zur Grenze sein. Wir entfernten uns sogar wieder von Thailand und steuerten die Stadt Battambang an. Wollen die dort noch weitere Fahrgäste abholen? Nicht ganz abwegig, schließlich dachten die Leute, die heute Morgen aus dem „sleeping bus“ aus Phnom Penh ausgestiegen sind und jetzt mit uns mitfahren, dass sie eine Direktfahrt nach Thailand gebucht hatten und nicht noch in Siem Reap anhalten und sogar umsteigen würden.

Walter kriecht also aus seiner Konservendose hervor und kämpft sich durch den mit Füßen zugehangenen Gang nach vorne zu den beiden Busfahrern durch. „Djum riap sua! Do you speak English?“ Ein böser Blick und ein barsches „Driver - NO – ENGLISH!!“ kommt zurück. Es erscheint aber eher so, dass der driver bloß keine Lust hat, Englisch zu sprechen. Mit Händen und Füßen gibt Walter den beiden zu verstehen, dass wir gerade in Richtung Süden fahren und nicht wie vorgesehen zur kambodschanisch-thailändischen Grenze im Westen. „I want to go to Bangkok, Thailand! But this is the road to Battambang!“ Ungläubige Blicke. „You want to go to Battambang?!“ „NO! I want to go to Bangkok! But we are going to Battambang!“ Kopfschütteln. „This is the road to Bangkok!“ „NO, this is the road to Battambang! We are going the wrong direction!“ Die beiden Busfahrer wollten das weiterhin nicht glauben und so ging das eine Weile hin und her, bis der Fahrer tatsächlich am Straßenrand anhielt und der andere ausstieg und einen Passanten fragte. Und siehe da, er steigt wieder ein, spricht ein paar Sätze auf Khmer mit seinem Kollegen, beide lachen sich kaputt und der Fahrer dreht den Bus und fährt wieder zurück. Keine Sorge, jetzt würden wir wieder in Richtung Bangkok fahren, bekommt Walter zu hören. Bleibt die Frage, wie lange wir wohl in die falsche Richtung gefahren wären, bevor die beiden es selbst gemerkt hätten.

Und so sind wir immerhin wieder auf dem richtigen Weg und nur noch 30km von der Grenze entfernt, als wir mit einem Schaden am Bus in einem kleinen staubigen kambodschanischen Dorf liegen bleiben.



Wir haben Glück im Unglück, denn im Laden nebenan verkauft eine nette Frau kalte Getränke an alle Fahrgäste und stellt die Toilette in ihrem Haus den gestrandeten Reisenden zur Verfügung. Derweil hat sich der Busfahrer sein Hemd ausgezogen, routinemäßig den Werkzeugkasten aus einem Schließfach geholt und sich für die nächste halbe Stunde vorne unter den Bus gelegt.


Als er wieder hervorkam war der Bus fahrtüchtig und wir legten die letzten Kilometer bis zur Grenze ohne weitere Zwischenfälle zurück. Der Grenzübergang von Poipet ist zwar eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Kambodscha und Thailand, aber wie ein LonelyPlanet sicher sagen würde „not a particularly inspiring place.“ 


Beim Aussteigen erhalten wir von einem neu aufgetauchten Kambodschaner einen goldenen kleinen Aufkleber, den wir gut sichtbar auf unserem T-Shirt anbringen sollen. Auf der anderen Seite würde uns damit schon jemand wieder aufsammeln. Die nächste Stunde verbringen wir mit unseren Rucksäcken in der Schlange vor der Ausreisekontrolle und um 12:30 Uhr, als wir laut Plan eigentlich in Bangkok ankommen sollten, standen wir in der Schlange vor der Einreisekontrolle. 


Nicht jeder hat die heiße Fahrt bis hierhin gut überstanden und prompt übergibt sich einer unserer Mitreisenden aus dem Bus, kurz bevor er vor den Einreisebeamten treten muss. Wir warten eine weitere Stunde bis es wieder „Sawadie khap!“ heißt und der nächste Stempel in unsere Reisepässe gedrückt wird. Das wir jetzt wieder auf thailändischem Boden sind heißt jedoch nicht, dass es zügig weitergeht. Hundert Meter hinter der Grenze müssen wir zunächst mit den anderen auf ein paar Plastikstühlen unter einem provisorischen Zelt Platz nehmen und, wer hätte es gedacht, warten. 



Informationen sind an dieser Stelle Mangelware. Stattdessen werden mit einem Filzstift Nummern auf unsere goldenen Aufkleber geschrieben. Ein paar Leute werden abgeholt, die auf die Insel Ko Chang im Süden weiterreisen wollen. Es dauert wieder 60 Minuten bis wir aufstehen dürfen. Wie eine Schar Gänse laufen wir einem Thailänder hinterher, der ein paar Mal lustlos „Bangkok, Bangkok“ ruft.

Wir gehen 500m die Straße runter, sehen ein Dutzend Minivans vor uns parken und dürfen endlich … erstmal wieder im Schatten Platz nehmen. 


„Five more minutes!“, dann sei unser Minivan da. Vermutlich hat er sich bloß versprochen und wollte „30 more minutes“ sagen, denn solange dauerte es, bis ein Wagen angerauscht kam, in den sich die Glücklichen mit den Nummern 1 bis 14 auf ihren Aufklebern hineinzwängen durften. 14 Passagiere zuzüglich Rucksäcke. 


Wir gehörten nicht dazu. Die Stimmung unter den Verbliebenen wurde immer gereizter, als der für uns zuständige Thailänder auf die Frage, wann wir denn endlich abgeholt werden würden, allen Ernstes mit „five more minutes“ antwortete. Weitere Nachfragen bügelte er genervt ab, als ob wir ihn die ganze Zeit haben warten lassen. Eine erneute halbe Stunde nachdem die ersten 14 Leute abgeholt wurden, also nachdem wir drei bis vier Stunden an der Grenze zugebracht hatten, erschien unser Wagen auf der Straße. Wir und fünf andere Fahrgäste sitzen schon im Minivan als draußen ein handfester Streit ausbricht. Es scheint, dass einer der Backpacker, der mit einem anderen Bus zur Grenze gekommen ist, seinen Aufkleber verloren hat und der Thailänder ihn auf keinen Fall mitfahren lassen möchte, weil er offensichtlich nicht bezahlt habe. Er wird sauer, seine Freunde werden sauer, die Thailänder werden sauer und es werden wüste Beleidigungen und Drohungen ausgetauscht. Schließlich beschließen auch seine Freunde, nicht mitzufahren, der Thailänder schlägt die Minivantür zu und gibt unserem Fahrer die Anweisung, nur mit uns sieben nach Bangkok abzufahren.

Ab hier geht alles plötzlich ganz schnell. Unser Fahrer hat wohl beschlossen, die Zeit, die wir bislang verloren haben, auf den Straßen von Thailand wieder aufzuholen. Die Landschaft, der Verkehr und unser Leben zieht an uns vorbei und ehe wir uns versehen, tauchen die in der Dunkelheit hell beleuchteten Hochhäuser Bangkoks auf. Es tut irgendwie gut, das erste Mal auf unserer Reise an einen Ort zurückzukommen. Noch dazu in die Hauptstadt Thailands, die nach den Tagen in Laos, Vietnam und Kambodscha noch mehr wie eine westliche Großstadt auf uns wirkt.

Um 20:30 Uhr steigen wir in der Khaosan Road aus, nehmen ein Taxi zu unserem Hotel, das näher zum Flughafen liegt, und können um 21:30 Uhr endlich einchecken; neun Stunden nach unserer planmäßigen Ankunft und 16 ½ Stunden nachdem wir aufgestanden sind.

Nach sieben ereignisreichen Reisewochen sind wir also wieder in Bangkok angekommen. Übermorgen am 01. April geht es dann mit dem Flieger über den Äquator auf die indonesische Insel Bali. Und erstaunt stellen wir fest, dass morgen ja Ostersonntag ist. Na dann, frohe Ostern!

Fazit Tag 87:

Wo Gold VIP draufsteht, ist nicht Gold VIP drin.

Was haben wir heute gelernt? Die thailändischen Minivan-Fahrer sind die Cowboys des modernen Straßenverkehrs.

Freitag, 29. März 2013

Tempel von Angkor - Tage 1, 2 und 3


Der aus Liebe geborene Taj Mahal in Agra, der kraftvolle und majestätische Mekong, das exotische Saigon, die Strände von Bali, die Vulkane von Hawaii, der riesige Grand Canyon und die Hochhäuser New Yorks. Es sind diese Gebäude, Städte und Landschaften, derentwegen man auf Reisen geht. Sie inspirieren einen dazu, das Flugticket zu kaufen und stehen am Anfang jeder Planung. So haben auch wir eine persönliche Hitliste an herausragenden Orten, die uns als Orientierungspunkte auf unserer Route dienen. Und auf einem der ganz vorderen Plätze liegt der Tempel von Angkor Wat im Dschungel von Kambodscha.


Angkor Wat ist die größte Tempelanlage der Welt. Seine weltberühmten fünf maiskolbenartigen Türme zeugen von einer beeindruckenden Baukunst. Die Größe der Anlage, die Symmetrie der Gebäude und die zahlreichen Details machen jeden Besucher für einen Moment sprachlos. Das und die sengende Hitze, die einen umgibt. Es scheint geradezu unglaublich, dass der Tempel bereits 1150 erbaut wurde und die Bauzeit 30 Jahre betrug. 


Angkor Wat ist dem Hindugott Vishnu geweiht. Heute ist es das Nationalsymbol von Kambodscha und wird auf der Nationalflagge und auf Geldscheinen abgebildet. Man muss zunächst über einen Damm einen die Anlage umgebenden Graben überqueren und kann dann durch vier Einfassungsmauern in das Zentrum gehen. 


In jedem Winkel entdeckt man detaillierte Skulpturen und die Wände sind meterhoch mit feinen Flachreliefs bedeckt. 


In den Reliefs sehen wir zum ersten Mal die heimlichen Wahrzeichen von Angkor: die Apsaras, die himmlischen Tänzerinnen. Wir werden ihnen die nächsten drei Tage in vielen Tempeln begegnen.


Diese mythischen Wesen sind laut einer unter den Khmer beliebten hinduistischen Schöpfungsgeschichte entstanden, als die Götter und Dämonen den Milchozean aufgeschäumt haben, um das Elixier der Unsterblichkeit zu produzieren.


Was jedoch in der breiten Öffentlichkeit oft nur als Angkor Wat bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit viel mehr als die fünftürmige Vishnu-Anlage. Das Gebiet, das sich über 300 qkm nördlich von Siem Reap erstreckt, war der Mittelpunkt des einstigen Reiches von Angkor, das Kambodscha seine Blütezeit bescherte. Vom etwa 9. bis zum 15. Jahrhundert regierten 39 Könige von verschiedenen in dieser Region errichteten Hauptstädten eine der bedeutendsten Mächte Südostasiens. 


Ermöglicht wurde dieser Machtzuwachs durch den Bau zahlreicher Bewässerungsanlagen und Stauseen, die auf dem fruchtbaren Ackerland mehrere Reisernten pro Jahr ermöglichten und damit zu wertvollen Nahrungsüberschüssen führten. Die Khmer-Könige errichteten gewaltige Staatstempel, wobei jeder Herrscher seinen Vorgänger übertreffen wollte. Im Laufe der Zeit wurden dank verbesserter Bautechniken die Anlagen mit neuen und detaillierteren Elementen versehen. So entstanden im tropischen Dschungel die Tempel von Angkor, bis zu 1000 unterschiedliche Tempelkomplexe, von denen Angkor Wat lediglich ein herausragender unter vielen ist.


Die Gegner der Khmer-Könige von Jayavarman II., dem Gründervater von Angkor, bis Jayavarman VII., dem größten aller Tempelbauer, befanden sich im Osten und Westen des südostasiatischen Festlandes. Gegen die Cham, die im heutigen Zentralvietnam lebten und die wir im Dschungel von Hoi An kennengelernt haben, lieferten sie sich die größten militärischen Auseinandersetzungen. Aber es war die übermächtige siamesische Streitmacht aus der Königsstadt Ayutthaya, durch deren Ruinen wir nördlich von Bangkok spaziert sind, die den Abstieg und das Ende Angkors einleiteten.


Im 15. Jahrhundert wurden die Tempelanlagen verlassen und die Hauptstadt nach Süden in die Gegend um das heutige Phnom Penh verlegt. Von kurzen Episoden königlichen Interesses abgesehen übernahm der Dschungel die Herrschaft über die Tempel von Angkor. Die Holztempel aus der Anfangszeit wurden durch das aggressive Klima zerstört; nur die Steintempel überlebten die Jahrhunderte.


Erst im 19. Jahrhundert wurde die Weltöffentlichkeit, vor allen Dingen die Öffentlichkeit der westlichen Kolonialmächte, nach der Veröffentlichung der Reisetagebücher eines französischen Forschers auf die verlassenen Tempel aufmerksam. Henri Mouhot, der später dem Lauf des Mekongs folgend in den Norden gereist ist und auf dessen Spuren wir schon in Luang Prabang gewandelt sind, wurde als der Entdecker von Angkor gefeiert. Obwohl er nicht der erste Europäer war, der auf die Dschungeltempel gestoßen ist und darüber schrieb, war es sein mit zahlreichen Zeichnungen versehener Bericht, der den Grundstein für die Erforschung der angkorianischen Epoche einleitete.


Man vermutet, dass im Großraum Angkor bis zu 1 Million Menschen in einem 1000 qkm großen Gebiet gelebt haben. Die landwirtschaftlichen Erfolge sorgten dafür, dass diese große Bevölkerung ernährt werden und die Könige sich die eindrucksvollen Staatstempel bauen lassen konnten. 


In religiöser Hinsicht war die Bevölkerung stark vom aus Indien stammenden Hinduismus geprägt. Die Tempel waren Gottheiten gewidmet, viele von ihnen den hinduistischen Göttern Shiva, Vishnu und Brahma. Im Mittelpunkt einer Anlage stand meistens ein zentrales Turmheiligtum, das den Berg Meru aus dem hinduistischen Kosmos symbolisierte. Später gewann der Buddhismus einen großen Einfluss auf den Tempelbau. Daneben gab es immer auch eine Mischung aus verschiedenen religiösen Systemen und parallel vorherrschende Gottesvorstellungen.


Wir haben drei ganze Tage mit der Zeitreise ins Reich von Angkor verbracht. 


Drei Tage, in denen wir mit vielen anderen Touristen die verschiedenen Tempel bestaunt haben, uns dabei von Schatten zu Schatten vorgearbeitet haben, um die Hitze Kambodschas und die Schwüle des Dschungels zu überstehen und immer wieder vom Fahrtwind unseres TukTuks gerettet zu werden. Und manchmal brauchte man einfach ein Nickerchen unter den Bäumen.


Das TukTuk gehörte Mr. Savvy, unserem steten Begleiter von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Immer mit einem Grinsen im Gesicht, außer in dem einen Moment, in dem wir ein Erinnerungsfoto von ihm machen wollten, brachte er uns unter Vermeidung der größten Touristenmassen zu den schönsten und wichtigsten Tempeln und, was fast noch viel wichtiger war, fand uns an den verschiedenen Ausgängen der Anlagen ohne Probleme wieder. 


Ein TukTuk zu mieten, ist die geläufigste Variante die Tempel von Angkor zu besichtigen. Die meisten haben bereits eine vorgefertigte Route, die sie abfahren, die man aber nach Belieben anpassen kann. Unsere Tour haben wir über unser Hotel gebucht, das für die sog. „kleine“ und „große Runde“ insgesamt 27 $ (exklusive Trinkgeld für den Fahrer) für das TukTuk, in dem wir zu viert mitfahren konnten, haben wollte. Ein überraschend fairer Preis, wie wir finden. Zusätzlich muss man aber immer noch die Eintrittskarten für das Tempelgelände bezahlen. Das 3-Tagesticket hat 40 $ pro Person gekostet.

Diese Zeit braucht man auch, um das andere große Highlight neben Angkor Wat in Augenschein zu nehmen: die Tempelstadt Angkor Thom, das wahre Zentrum Angkors. Jayavarman VII., der letzte große Tempelbauer und Chambezwinger, ließ diese Stadt mit den Ausmaßen von 3 mal 3km erbauen. Sie ist von einem Wassergraben und einer 8m hohen Mauer umgeben. In der Mauer befinden sich fünf große Gopurams (Tortürme, die Zugang zu einem Tempelbereich gewähren), die mit vier in alle Himmelsrichtungen blickenden riesigen Gesichtern des Bodhisattva Lokesvara (ein in der buddhistischen Lehre vorkommendes Wesen, das nach höchster Erkenntnis strebt) gekrönt sind. Zu diesen Toren gelangt man über 100m lange Dammwege aus Stein. Der Weg zum berühmten Südtor ist auf der einen Seite mit 54 steinernen Göttern und auf der anderen mit 54 steinernen Dämonen, die jeweils an der neunköpfigen Naga ziehen, begrenzt.


Durch die Tore gelangt man auf eine der vier 1500m langen geraden Straßen, die auf das Zentrum der Anlage zulaufen. Von Norden kommend passiert man dabei die Elefantenterrasse und die Terrasse des Leprakönigs, die unfassbar detaillierte Friese mit Flachreliefs aufweisen. 


Einst war hier der Königspalast, an dem die siegreichen Truppen vorbeimarschiert sind. 


Folgt man den Straßen weiter zum Mittelpunkt des Komplexes, kommt man zum Bayon, der für uns einer der schönsten Tempel in Angkor ist. 


Dieses Meisterwerk von Jayavarman VII. sollte die Religionen des Landes zusammenführen. Als Anhänger des Mahayana-Buddhismus ließ er den Bayon mit 54 Türmen errichten, die mit jeweils vier 7m hohen Gesichtern des Bodhissattva Lokesvara geschmückt wurden. 


Mehr als 200 dieser Gesichter blicken auf einen herab, wenn man vor den Stufen dieses Buddhatempels steht.


Neben Angkor Wat und dem Bayon sind es aber auch die zahlreichen zerstörten Tempel, die von wildem Dschungel überwuchert sind, die das öffentliche Bild von Angkor prägen. 


Oftmals ohne festen Rundweg ausgestattet, kann man sich selbst einen Pfad durch die alten Steine und die grüne Vegetation suchen. Der bekannteste unter ihnen ist sicherlich Ta Prohm, der Kulisse für den Film Lara Croft - Tomb Raider war. Die dicken Wurzeln von Kapokbäumen, die als eine der größten Bäume des tropischen Regenwaldes bis zu 75m hoch werden können, umklammern alte Steinwände oder durchbrechen Deckenkonstruktionen. 


Keiner der 39 Türme dieses einstigen buddhistischen Klosters, das die seinerzeit 102 Krankenhäuser in der Umgebung versorgte und auf dessen Gelände bis zu 12.000 Menschen gearbeitet haben sollen, ließ die Natur unversehrt. Aber mindestens genauso filmreif und weniger von Touristengruppen besucht ist die große ehemalige Universität Preah Khan oder die kleinen einsamen Tempel Ta Nei und Preah Pithu.


Am Ende sind diese unfassbar heißen drei Tage, die wir mit ziemlich vielen imposanten Steinen einer alten Zivilisation verbracht haben, schneller und unterhaltsamer vorbeigegangen, als man tagsüber manchmal dachte. Das lag zum einen daran, dass uns die Zeit mit Roel und Leoni nie zu lang wurde, und zum anderen, dass die Strapazen des Tages mit einem abendlichen kambodschanischen Curry belohnt wurden. Am letzten Abend gab es dann sogar eine besondere kulinarische Überraschung: Dank des Tipps eines Einheimischen entdeckten wir in einer kleinen dunklen Seitenstraße das „Haus Bremen“ (die Hamburger mögen es verzeihen), hervorragende deutsche Küche in Siem Reap. Es war uns gar nicht bewusst, wie groß nach knapp drei Monaten auf Reisen die Freude beim Anblick von Currywurst, Bratkartoffeln und Weizenbier sein kann. Und gleichzeitig bleibt festzuhalten, dass die Tempel von Angkor nicht umsonst Inspirationsquelle unserer Reise waren.


Fazit Tage 84, 85 und 86:

Kambodscha ist Angkor.

Was haben wir heute gelernt: „What strikes the observer, (…) (apart from) the grandeur, regularity, and the beauty of these majestic buildings, is the immense size and prodigious number of the blocks of stone of which they are constructed.“ Henri Mouhot

Dienstag, 26. März 2013

Phnom Penh nach Siem Reap



Affordable luxury. Das wurde uns von der Busgesellschaft versprochen und dafür haben wir nur allzu gern unsere Dollarscheine auf den Tisch gelegt. Der Morgen begann jedoch noch wenig luxuriös. Es roch vielmehr nach Reisealltag, als der Wecker um 06:45 Uhr klingelte. Die Sonne hatte schon damit begonnen, die Zimmertemperatur trotz Klimaanlage und Ventilator noch oben zu treiben und der Verkehr auf der Straße war schon in vollem Gange. Nach einem schnellen Frühstück, bestehend aus vier Donuts aus einer kambodschanischen Bäckerei und einem Kaffee aus dem nächsten Supermarkt, standen wir mit unseren Rucksäcken und Roel und Leoni im Hoteleingang.


Unser Bus sollte um 08:45 Uhr in Phnom Penh abfahren und etwa sechs Stunden später in Siem Reap ankommen. Die Reiseagentur, bei der wir unsere Tickets gekauft hatten, notierte unsere Hoteladresse und versprach, dass wir um 08:15 Uhr abgeholt und zur Bushaltestelle gebracht werden. Natürlich war um 08:15 Uhr keiner an unserem Hotel. Und auch fünf und zehn Minuten später nicht. Allerdings fuhren auf der Straße vor unserem Hotel die ganze Zeit kleine Vans vorbei, die voller Touristen waren und deren Fahrer offensichtlich nach Hotels Ausschau hielten. 15 Minuten später baten wir unseren Hotelmitarbeiter bei der Reiseagentur anzurufen. Alles kein Problem, der Wagen sei in ein paar Minuten da. Fünf Minuten vor der planmäßigen Busabfahrt wurden wir dann leicht nervös und riefen ein zweites Mal an. Diesmal war die unerwartete Antwort, dass der Bus vor unserem Hotel gehalten hätte, aber wir nicht da gewesen wären. Ahja. Man würde ihn aber noch ein zweites Mal vorbeischicken. Ein paar Minuten später hielt tatsächlich ein kleiner Van vor Pich Guesthouse und brachte uns zu unserem Bus, der noch auf uns wartete.


Und jetzt wurde es tatsächlich luxuriös. Zumindest für südostasiatische Verhältnisse. Unsere großen Rucksäcke, die bisher immer achtlos in den Kofferraum geworfen wurden, bekamen ein Gepäckzettel und wir einen Abriss. Der Giant Ibis Bus, so hieß die Busgesellschaft, war groß und sauber und sah sogar funktionstüchtig aus. Die Klimatisierung funktionierte und ein Busmitarbeiter brachte jedem zwei Flaschen Wasser. Das Ungewöhnlichste war jedoch, dass es sogar regelmäßig kleine Ansprachen per Mikrofon gab: eine Begrüßung, wo wir gerade waren, wie lange die Fahrtzeit noch dauern würde, wann und wie lange es Pausen geben würde. Nur das versprochene WiFi während der Fahrt funktionierte nicht. Dafür wurden von einer vermutlich selbst gebrannten DVD auf einem großen Monitor Filme gezeigt. Leider konnte man wohl nicht nach vorne oder zurück spulen, sodass jedes Mal, wenn wir eine Pause hatten, ein neuer Film von vorne gezeigt wurde. So haben wir den Anfang, die Mitte, aber nicht das Ende, von einer ziemlich flachen asiatischen Komödie, Planet of the Apes und dem neuen Teil von Ice Age gesehen.


Die Fahrt ging durch flaches Land, das von trockenen und staubigen Feldern dominiert wurde. Der Nordostmonsun bringt jetzt gegen Ende der Trockenzeit heiße Luft und wenig Regen nach Kambodscha und führt so zu dem etwas ausgedörrten Landschaftsbild. 


Die Straße besteht entgegen der Angabe ein oder zwei Jahre alter Reiseberichte nicht mehr aus Sand, sondern ist geteert und wird den Baustellen zu Urteilen nach in der nächsten Zeit noch breiter werden. Man sieht vereinzelt kleine Städte und Dörfer. Obwohl das Wirtschaftswachstum im letzten Jahrzehnt kräftig zugelegt hat, profitiert der Großteil der Bevölkerung, der auf dem Land lebt, kaum davon. So konzentriert sich zum Beispiel der immer stärker werden Tourismus ganz stark auf die Tempelanlagen von Angkor und auf Phnom Penh. Das führt dazu, dass Kambodscha immer noch auf der Liste der Least Developed Countries steht und jeder Dritte unterhalb der Armutsgrenze lebt.


Unser Bus erreicht Siem Reap pünktlich gegen 15:00 Uhr. Der Ort der Niederlage der Siamesen ist Provinzstadt, die Stadt in der Nähe der Tempelanlagen und dadurch mittlerweile Touristenhochburg. Die Straßen sind gesät mit Hotels, Restaurants und Kneipen. Der nahegelegene Flughafen versorgt sie alle mit einem zuverlässigen Strom an Touristen. Tagsüber wirkt Siem Reap jedoch fast wie ausgestorben, da sich alle Besucher auf Tagesausflügen zu den Tempeln befinden. Erst nach Sonnenuntergang leuchten die vielen Reklameschilder und die „Pub Street“ ist voller Menschen. Für uns ist Siem Reap aber auch die Hauptstadt der TukTuks. Die vielen dreirädrigen Fortbewegungsmittel bringen einen zu den Tempeln, zu entfernteren Zielen in der Umgebung oder von Hotel zu Kneipe und zurück. Und so müssen wir uns durch eine Traube von TukTuk-Fahrern zu unseren Rucksäcken vorkämpfen, die aus dem Bus ausgeladen werden. Hier findet unser affordable luxury ein jähes Ende. Zu viert nehmen wir ein TukTuk, das unter unserem Gewicht und dem der Rucksäcke ächzend losrollt. Wir fahren zum Jasmine Garden Resort, das Christina auf Grund der guten tripadvisor-Bewertungen als erste Anlaufstelle auserkoren hat. Es liegt an einer kleinen Sandstraße, die mehr aus Löchern als Weg besteht. Dafür werden wir von einer kleinen grünen Oase empfangen. Zur Begrüßung (und wie wir später erfahren werden, jedes Mal wenn wir am Abend von unseren Tagesausflügen zurückkommen) gibt es feuchte kalte Handtücher zur Erfrischung. Die Zimmer sehen gut aus, die Mitarbeiter sind freundlich und der Übernachtungspreis von 16 $ pro Zimmer ist schnell ausgehandelt. Nur der TukTuk-Fahrer möchte uns an Ort und Stelle überreden, eine mehrtätige (und wie uns scheint teure) Tempeltour bei ihm zu buchen. Er fährt beleidigt von dannen, als wir nach seiner Telefonnummer fragen und uns Bedenkzeit erbeten. Es stellt sich im Nachhinein als unser Glück heraus, denn sonst hätten wir Mr. Savvy und sein ansteckendes Lachen nicht kennengelernt.

Am Abend stellt sich Vorfreude ein. Auf dem Papier ist nämlich der Besuch hier ein Highlight unserer Tour. Die nächsten drei Tage werden wir die Tempel von Angkor, darunter das berühmte Angkor Wat, die seit 1992 zum Weltkulturerbe zählen, besichtigen. Es sind diese beeindruckenden Überreste des prachtvollen Khmer-Reiches, die über eine Fläche von mehr als 300 qkm verstreut Faszinierte aus aller Welt anzieht. Mit einem über das Hotel gebuchten TukTuk-Fahrer werden wir uns ab morgen selbst ein Bild von den Ruinen im tropischen Dschungel machen.

Fazit Tag 83:

Busfahren mit Giant Ibis ist wirklich affordable luxury.

Was haben wir heute gelernt? Dass wir im fünften Land und nach 83 Tagen auf Reise zum ersten Mal Opfer eines Diebstahls geworden sind. Zugegeben, es wurden uns zwar nur zwei Karabinerhaken entwendet, aber ein schlechter Nachgeschmack bleibt trotzdem. Die beiden hingen immer an unseren großen Rucksäcken und müssen in der Zeit zwischen Ausladen der Rucksäcke aus dem Bus in Siem Reap und Ankunft im Hotel abgenommen worden sein. Der unzufriedene TukTuk-Fahrer steht in dringendem Tatverdacht.