Hanoi Hauptbahnhof wird von etwa 200
verschiedenen Zügen frequentiert.
Wir nehmen einen der schnelleren
in Richtung Saigon und werden auf etwa halber Strecke in Hue
aussteigen.
Das Ticket kostet umgerechnet 40 $ pro Person und
berechtigt uns für einen der begehrten Soft-Sleeper-Plätze, wobei
einer von uns unten und der andere oben schlafen darf.
Wir teilen uns
das Abteil mit zwei weiteren Passagieren. In den
Hard-Sleeper-Abteilen gibt es noch eine dritte Schlafetage. Ansonsten
könnte man noch einen zurücklehnbaren Einzelsitzplatz im Großraum
oder einen sehr einfachen auf einer Holzbank nehmen.
Der Zug fährt pünktlich ab und zeigt
sich auch sonst von einer im Vergleich zu Thailand komfortablen
Seite. Es gibt in jedem Waggon heißes Wasser, womit man sich seine
Instantsuppe zubereiten kann, zwei saubere Waschbecken und im Abteil
sogar Steckdosen. Die Bettwäsche, Laken, Kissen und dünnes
Deckchen, scheinen sauber zu sein. Lediglich die Toilette fällt in
Sachen Sauberkeit deutlich ab und verschlechtert sich von Stunde zu
Stunde. Die Klimatisierung, die tagsüber eine Wohltat ist, bläst
einem nachts ungestört kalte Luft ins Gesicht. Nicht jedermanns
Sache. Wohl dem, der unten schlafen darf. Und schlafen kann auch nur,
wer es lernt, sich an das Geschaukle und manches abrupte Anhalten des
Zuges zu gewöhnen und die Angst abzustreifen, aus seinem Bett zu
fallen. Zusammengerechnet kommen wir in der Nacht so immerhin auf
sechs Stunden Schlaf.
Am frühen Morgen ruckeln wir
abwechselnd durch Reisfelder und kleine Städte. Zum Frühstück gibt
es eine Instantnudelsuppe aus dem „Bordrestaurant“. Unsere
Handyortung verrät uns, dass wir demnächst ankommen. Der Schaffner
scheint zu wissen, wer in welchem Sleeping-Abteil wohin fährt und
weckt die noch Schlafenden. Wir steigen aus und treffen inmitten der
vielen Menschen auf dem kleinen Gleis unsere zwei
Indisch-Holländisch-Irischen Bekannten aus dem Kochkurs in Luang
Prabang wieder. Südostasien ist ein Dorf. Draußen vor der
Bahnhofshalle müssen wir uns dagegen vergewissern, dass wir noch in
Zentralvietnam sind und nicht aus Versehen mit dem Zug in einer
indischen Stadt Halt gemacht haben: Taxi-, Moped- und Rikschafahrer
fallen wie ein Schwarm Geier auf die Angekommenen, um sie in ihr
Gefährt zu zerren. Wir laufen unbeirrt weiter, werden aber schnell
von einem Vietnamesen verfolgt. „Where do you go, my friend? I take
you there! Very cheap!“ Wir fragen interessehalber, wie viel unser
neuer Freund dafür wohl haben möchte. „100.000 Dong, very cheap!“
Das erscheint uns alles andere als „very cheap“ und wir teilen
ihm mit, dass wir die 2km bis zum Hotel lieber laufen wollen. „Oh
no, you are wrong! It is very far away, more than 4km!“ Danke, dass
war die letzte Vergewisserung, die wir brauchten. Und keine 200m vom
Bahnhofsgelände entfernt, sehen wir einen einsamen Taxifahrer am
Straßenrand stehen. Er fährt uns für 40.000 Dong am Fluss entlang
durch die Stadt in unser Hotel.
Hue hat etwa 300.000 Einwohner und
liegt am Huong Giang, dem Parfümfluss.
Sie war von 1802 bis 1945
Hauptstadt Vietnams und beherbergt die 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe
erklärte Zitadelle mit der Verbotenen Stadt, die ehemalige
Kaiserresidenz. Daneben gibt es noch bedeutende Kaisergräber und
eine schöne Pagode zu besichtigen. Die Stadt selbst ist unserer
Meinung nach sicherlich nicht die schönste. Wir wollen auch nur eine
Nacht bleiben und fahren deswegen nach einer erfrischenden Dusche
gleich mit einem Boot zunächst zur Thien Mu-Pagode und dann zur
Zitadelle. Das kleine Drachenboot ist Ausflugsfähre und Hausboot
zugleich. Man sitzt auf kleinen Plastikstühlen im vorderen Bereich,
während ein paar Meter weiter ein Fernseher steht, eine kleine Küche
und eine Kabine zu erkennen sind.
Die Thien Mu-Pagode ist ein berühmtes
buddhistisches Kloster am Ufer des Parfümflusses und Wahrzeichen der
Stadt.
Auf dem Gelände kann man u. a. ein Austin Oldtimer
besichtigen, der an den Mönch Thich Quang Duc erinnert, der 1963
traurige Berühmtheit erlangte. Er ließ sich am 11. Juni des
genannten Jahres in dem Austin von Hue zu einer Straßenkreuzung in
Saigon fahren, übergoss sich mit Benzin und zündete sich an. Damit
protestierte er gegen die Unterdrückung der buddhistischen
Bevölkerung durch den katholischen Diktator Ngo Dinh Diem.
Von der Pagode geht es mit dem Boot
langsam und beschaulich zur Zitadelle. Die alte Kaiserstadt wurde von
den Nguyen-Herrschern angelegt. Sie hat einen quadratischen Umriss
von etwa 10km Umfang und ist von einem 23m breiten Wassergraben
umgeben. Wir betreten die Anlage durch das Mittagstor, wo 1945 die
Herrschaft der Nguyen-Dynastie endete und der letzte Kaiser Bao Dai
die Amtsgeschäfte an Ho Chi Minh übergab.
Im Zentrum befand sich die Verbotene Purpurne Stadt, die nach dem Vorbild in
Peking errichtet wurde. Hier durfte sich nur der Kaiser und sein
Gefolge aufhalten. Sein Gefolge bestand dabei hauptsächlich aus
seinen über 100 Konkubinen. Ein langer Spaziergang über die Anlage
lohnt sich.
Viele der im Laufe der Zeit zerstörten Gebäude wurden
und werden wieder rekonstruiert.
Zurück in die Innenstadt lassen wir
uns von einem „Cyclo“ fahren. Diese überall in Vietnam
anzutreffenden Gefährte sind dreirädrige Fahrräder, an denen vorne
offene Sitzkörbe angebracht sind, wo bis zu zwei Personen Platz
finden, während sich der Fahrer hinter einem befindet. Zu Fuß
suchen wir uns günstiges Lokal fürs Abendessen. Den ganzen Tag
haben wir das Gefühl, dass wir immer noch hin und her schaukeln. Die
Zugfahrt hat ihre Spuren hinterlassen. Unweit unseres Hotels finden
wir ein kleines Plastikstuhllokal. Unser Abendessen wird von einer
netten alten Vietnamesin gekocht, die leider über kein Distanzgefühl
mehr verfügt: Sie streichelt Christina zur Begrüßung mit beiden
Händen über das Gesicht und zwickt sie in die Hüften. Walter wird
ebenfalls in die Seite gekniffen und aus ihrem Mund fällt etwas
Essen auf seine Füße. Die unbekannten Gerüche, der Lärm durch das
Hupen, die Resthitze des Tages. Es sind diese Momente der Fremdheit,
die anstrengend werden, wenn man von Müdigkeit überwältigt ist,
weil man zu wenig geschlafen hat. An solchen Tagen helfen
erfahrungsgemäß die kleinen Dinge ganz gut: eine Packung Chips, ein
Tonic Water oder Wasser mit Sprudel, eine Packung M&Ms oder mal
wieder mit der Familie zu Hause zu skypen, die gerade am
Frühstückstisch sitzt und gemeinerweise ein Vollkornbrot oder
leckeren Käse vor den Bildschirm hält.
Fazit Tag 67:
Hue ist vietnamesische Geschichte.
Was haben wir heute gelernt? Vietnam
ist Wasser. Wasser in Form von Meer und Flüssen. Die vielen breiten
Ströme spielen eine wichtige Rolle im Alltag der Menschen. Man lebt
auf und von Flüssen, nutzt und fürchtet sie. Viel mehr als in
Europa vermitteln sie uns ein Gefühl von Naturgewalt.
wir waren wohl sehr gemein?! Das ist nur der Neid. Volkornbrot werdet ihr noch sehr häufig essen und wir machen dann auch extra für euch unser berühmtes Käse-Buffet. :), Lore
AntwortenLöschenWenn ihr wüsstet, wie oft mir Christina mit Erinnerungen an eure Käseplatte in den Ohren liegt...
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