Zurückgelegte Meilen: 165
Der Canyonlands Nationalpark ist ein
weiterer Nationalpark, der eine Landschaft beschützt, die durch den
Colorado River geschaffen wurde. Zusammen mit dem Green River haben
beide Flüsse tiefe Schluchten in das Colorado Plateau geschliffen,
die es in Sachen eindrucksvoller Aussichten durchaus mit dem Grand
Canyon aufnehmen können. Ein großer Vorteil dieses Parks ist, dass
er nicht die großen Besuchermassen anzieht. Das liegt auch daran,
dass der Canyonlands Nationalpark durch seine Flüsse in drei
grundverschiedene Bereiche aufgeteilt ist. Der am leichtesten
zugängliche, am meisten frequentierte und auch von uns angesteuerte
Teil ist die „Island in the Sky“, eine Hochebene, von der man
hervorragend die Canyons und Flussläufe sehen kann. Im Südosten
erreicht man über einen meilenlangen Umweg die „Needles“, ein
von vielfältigen Steinformationen geprägtes Gebiet, für das man
lange Wanderungen unternehmen und sich ein 4WD-Fahrzeug besorgen
muss. Schließlich ist da noch „Canyonlands – the Maze“, eine
Schluchtengegend, die zu den entlegensten und am schwierigsten
erreichbaren Gebieten in den USA gehört und nur mit hervorragenden
Offroad-Jeeps zu erkunden ist.
Da der 08.06. ein Samstag ist, fiel uns
die Entscheidung nicht schwer, zunächst zur Island in the Sky im
Canyonlands zu fahren, um dem zu erwartenden Besucheransturm im
Arches zu entgehen. Von Moab bis zum Visitor Center sind es etwa 33
Meilen. Man fährt auf dem Highway 191 nach Norden am Arches vorbei
und biegt dann links auf den Highway 313, der einen in den Park
bringt. Auf diesem Weg sieht man schon sehr früh die „Island“,
eine riesige Plateau-Insel, die sich in den Himmel hebt und auf der
wir uns in den nächsten Stunden bewegen werden.
Eine steile Serpentinenstraße bringt
uns in die Höhe und noch vor dem Parkeingang gibt es einen schönen
Aussichtspunkt für den Monitor und Merrick Butte.
Statt der kargen
sandigen Landschaft von Moab umgibt uns ab hier in weiten Teilen eine einladende
Grassteppe.
Am Visitor Center halten wir an, um uns
über einen Hike zu einem eher unbekannten Ort zu informieren. Wir
wollen zur „False Kiva“, einer runden Steinruine, die sich in
einer riesigen Felsnische befindet und einen herrlichen Blick auf die
Canyonlandschaft freigibt. Bekannt geworden durch ein Bild des
Fotografen Tom Till, findet sich diese archäologische Stätte auf
keinen offiziellen Parkunterlagen. Der Weg dorthin führt über
offenes Gelände und ist nicht ausgeschildert. Ein netter Ranger, der
eigentlich Lehrer ist und in seinen Sommerferien hier im Nationalpark
ehrenamtlich tätig ist, gibt uns wertvolle Tipps wie man einige
Hindernisse auf dem Weg zur False Kiva umgeht und an welchen
Landschaftsformen man sich orientieren kann.
Bevor wir uns auf den Weg machen halten
wir noch an zwei offiziellen View Points des Parks. Zunächst am
Aussichtspunkt auf den Shafer Trail in der Nähe des Visitor Centers.
Der Shafer Trail ist eine raue Offroadpiste, die einen 430 Meter
tiefer in den Canyon bringt. Von hier fahren wir zum kurzen Trail zum
Mesa Arch. Der Mesa Arch ist ein natürlicher Steinbogen, der sich
über einem 250 Meter tiefen Abgrund befindet und zu einem
klassischen Wahrzeichen des amerikanischen Südwestens geworden ist.
Dieser Arch, der sich verwirrenderweise nicht im Arches Nationalpark
befindet, entfaltet seine besondere Schönheit wenige Minuten nach
Sonnenaufgang, wenn ihn ein rotes Glühen umgibt. Das bedeutet für
einen von uns, dass er wieder mitten in der Nacht aufstehen muss,
damit die andere von uns tolle Bilder machen kann. Im Hellen erkunden
wir die Umgebung, durch die wir in weniger als 24 Stunden im Dunkeln
laufen müssen.
Am späten Nachmittag begeben wir uns
auf den Trail zur False Kiva. Rucksack, Kameratasche, Stativ und eine
Gallone Wasser werden aufgesattelt, nachdem wir an einem namenlosen
Parkplatz an der Straße zum Upheaval Dome geparkt haben.
Ein seltenes Bild, Christina trägt ihr Stativ selber:
Ein paar
Hundert Meter die Straße zurück nehmen wir einen unscheinbaren
Trampelpfad, der uns in ein trockenes Flussbett führt. Es gilt sich
an den im Vorfeld recherchierten Landmarken zu orientieren, einen
steilen Abhang zu umgehen und nach den Steinhaufen Ausschau zu
halten, die uns signalisieren auf dem richtigen Pfad zu sein.
Nach
etwas unter einer Stunde und mehrmaligem Nachlesen unserer
Wegbeschreibung erreichen wir schließlich die beeindruckende
Felswand, in der sich die Nische mit der False Kiva befindet. Ein
letzter steiler Anstieg vom Nordende der Felswand und wir können
endlich die Steinruine sehen.
False Kiva wird so genannt, weil die
Experten sich nicht sicher sind, ob es sich bei dieser Stätte
wirklich um eine Kiva, ein von den Pueblo-Indianern für Zeremonien
genutzter Raum, handelt. Wir genießen den fantastischen Ausblick auf
die Canyonlands, die uns umgebende Stille und das Hochgefühl, nach
einem abenteuerlichen Hike diesen Ort gefunden zu haben.
In einer
kleinen Metallbox findet sich ein Gästebuch, in dem man eine kurze
Nachricht hinterlassen kann. Das ist auch das Einzige, was man von
seinem Besuch hier zurücklassen sollte, damit diese kulturell
bedeutsame Stätte in diesem Zustand noch den nächsten Wanderern
erhalten bleibt.
Als wir nach einem schnelleren Rückweg
wieder am Auto sind, ist die Sonne bereits am Untergehen. Deswegen
beeilen wir uns, um noch rechtzeitig in den „Dead Horse Point State
Park“ zu kommen. Dieser kleine State Park in der Nähe des
Canyonlands Nationalpark bietet an seinem Aussichtspunkt am Ende der
Parkstraße einen hervorragenden Blick auf den Colorado River, wie er
600 Meter tiefer eine 180 Grad Biegung vollzieht. Aber auch das
restliche Panorama erinnert einen unwillkürlich an einen Grand
Canyon in Kleinformat.
Es mag hier zwar nicht so tief wie am Original
in die Tiefe gehen, aber die Landschaft ist mit den La Sal Mountains
im Hintergrund vielleicht noch etwas abwechslungsreicher.
Im letzten Licht des Tages fahren wir
die 33 Meilen zurück nach Moab. Mit müden Beinen fallen wir wenig
später ins Bett, nicht gerade begeistert von der Aussicht in wenigen
Stunden für den Sonnenaufgang am Mesa Arch wieder aufzustehen. Man
müsste meinen, wir hätten mittlerweile etwas Gewöhnung an dieses
absurd frühe Aufstehen, aber unsere Körper sind am 09.06. als um
03:00 Uhr in der Nacht der Wecker klingelt komplett anderer Meinung.
Immerhin steuern wir zielsicher die
nächste Tankstelle an, die uns mit dem nötigen Kaffee versorgt.
Warum wir so früh für den Sonnenaufgang aufstehen? Zum einen
brauchen wir von Moab eine Stunde bis wir am Mesa Arch stehen. Zum
anderen ist die aufgehende Sonne am Mesa Arch ein beliebter Spot
unter Fotografen, die ziemlich früh da sein wollen, um sich am
richtigen Ort zu positionieren. Obwohl wir eine Stunde vor
Sonnenaufgang auf den Parkplatz biegen, sind wir nicht die Ersten.
Ein gleichzeitig mit uns ankommender Amerikaner läuft schnellen
Schrittes an uns vorbei und am Arch selbst haben sich bereits zwei
Koreaner mit dem Equipment eines ganzen Fotoladens aufgestellt: vier
Stative, zwei Canon 5D M III, eine Canon 1D, eine Canon 5D M II,
diverse L-Objektive und eine stinknormale Digi-Cam. Insgesamt finden
sich noch vor Sonnenaufgang etwa 12 Fotografen vor dem dunklen
Steinbogen ein.
Und jedes Mal wenn man sich an solchen
Morgen fragt, ob es sich lohnt, so früh aufzustehen, geht die Sonne
auf und erweckt die Landschaft zum Leben. Die ersten Sonnenstrahlen
werden von der Felswand unterhalb des Steinbogens in Richtung Mesa
Arch reflektiert und lassen ihn von unten leuchten.
Es entstehen
Farben, die man während des Tages nicht zu Gesicht bekommt. Abgesehen von den ebenfalls erwachten Stechmücken erleben wir wieder
einen tollen Tagesanfang. Der lodernde Mesa Arch ist unser
erinnerungswürdiger letzter Eindruck vom Canyonlands Nationalpark.
Fazit Tag 158 und 159:
Diese Insel ist einen Besuch wert.
Was haben wir heute gelernt? Laut
Wikipedia verdankt der „Dead Horse Point State Park“ seinen Namen
Pferdehaltern aus dem 19. Jahrhundert, die das schmale Hochplateau
als natürliche Koppel für ihre Pferde nutzten. Auf der kleinen
Fläche kam es häufig zu Nahrungsengpässen, die für manche Pferde
tödlich endeten.
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