Mittwoch, 5. Juni 2013

Kanab nach Page


Zurückgelegte Meilen: 99

Täglich grüßt das Murmeltier und wir stehen wieder Schlange bei der Wave Lotterie. Heute sind sogar 88 Wanderwillige da. Da ist es auch kein Wunder, dass es leider wieder nicht klappt mit den begehrten Genehmigungen. Eine asiatische Reisegruppe verfällt in einen Jubelschrei als ihre Nummer gezogen wird und zieht damit böse Blicke der restlichen Leute im Raum auf sich. Wir halten uns jedenfalls nicht lange im Visitor Center auf, denn wir haben Termine und noch spannende Dinge vor.

Um 11:00 Uhr müssen wir für unsere Foto-Tour am Antelope Canyon sein, daher wollen wir die knapp 75 Meilen von Kanab nach Page schnell hinter uns bringen. Page hat zwar nur knapp 7.000 Einwohner, ist aber dank seiner Lage am Lake Powell und an der Glen Canyon National Recreation Area ein beliebtes Ausflugsziel. Lake Powell ist einer der größten Stauseen der Welt und entstand als man Mitte der 1960er Jahre den Colorado River durch den Glen Canyon Damm staute. Unterwegs begegnen uns zahlreiche Pick-ups, die Anhänger mit Booten ziehen, und wir sehen einige Hafenanlagen, die alle möglichen Wassergeräte beheimaten. Man muss aber aufpassen, dass die schönen Boote nicht bald auf dem Trockenen liegen, da der Wasserspiegel des Sees in den letzten Jahren wegen Trockenperioden und zunehmender Wasserentnahme stetig gesunken ist.

Wir halten gar nicht erst in Page, sondern fahren gleich zum Antelope Canyon Parkplatz ein paar Meilen hinter der Stadt. Der Antelope Canyon ist ein sog. Slot Canyon, eine sehr schmale Schlucht, die durch Wasser geschaffen wird. Leicht erodierbarer Sandstein wird nach Sturzfluten aus Sommergewittern weggespült und glatt geschliffene und farbenreiche Canyonwände bleiben zurück. Slot Canyons findet man häufig in der Colorado-Hochebene, die sich zwischen Utah, Colorado, Arizona und New Mexico erstreckt. Der Antelope Canyon ist der meist besuchte und auf Grund seiner Lichtstrahlen und Farben der vielleicht spektakulärste Slot Canyon im Südwesten der USA. Täglich ab 11:00 Uhr entstehen für einige Stunden mit dem Auge sichtbare Lichtstrahlen, die sich ihren Weg durch die schmale Schlucht bahnen.


Ein Highlight für Fotografen und die Touranbieter. Der Antelope Canyon liegt auf Reservatsgrund der Navajo-Indianer und kann nur mit einer Genehmigung, die momentan 6 $ pro Person kostet, und einer Tour besucht werden, die man bei einem der vielen Anbieter bucht. Die Preise für die Touren sind in den letzten Jahren auf Grund der immer stärker werdenden Nachfrage in astronomische Höhen geschnellt. Während Walters Schwestern vor etwa acht Jahren noch 40 $ pro Person für die Fototour bezahlt haben, müssen wir satte 80 $ pro Person auf den Tisch legen. Das ist mittlerweile so viel wie für einen Ganzjahrespass für alle Nationalparks in den USA. Da muss man natürlich gründlich überlegen, ob sich der Besuch dieser Canyons wirklich lohnt. Man kann auch eine normale Canyon Tour buchen, die „nur“ 40 $ kostet, ist dann aber nur eine Stunde in der Schlucht. Wenn man ernsthaft Fotos machen möchte, sollte man aber die Foto-Tour buchen. Dann ist man min. zwei Stunden im Antelope Canyon und mit etwas Glück sorgt der fähige Guide dafür, dass niemand durch das Bild läuft. Das ist in Anbetracht der Menschenmengen, die täglich durch den Canyon geschleust werden, kein leichtes Unterfangen.


Wir haben unsere Tour bei „Antelope Canyon Navajo Tours“ (die Namen der Touranbieter ähneln sich bis auf die Reihenfolge der einzelnen Wörter) gebucht und hatten mit Leon einen sehr guten Guide, der uns hervorragend den Canyon frei hielt. Leon ist indianischer Abstammung und er erzählte uns, dass das Grundstück mit dem Antelope Canyon seinem Bruder und Onkel gehört. Seine Großmutter hatte noch auf dem Plateau neben dem Eingang der Schlucht gelebt.


Mit einem rustikalen 4WD Jeep werden wir vom Parkplatz mit zehn anderen Reisenden zum Canyon gefahren. Die Fahrt dauert 20 Minuten und führt über ein sandiges Flussbett, das einen gut durchschüttelt. Wir parken direkt vor dem Eingang und betreten die sofort eng zulaufende Schlucht. Die leuchtenden Sandsteinwände und die wandernden Lichtstrahlen im Antelope Canyon sind ein faszinierender Anblick, für Nicht-Fotografen und erst Recht für Leute mit Kameras. 


Man sieht die unterschiedlichsten Farbeffekte, die glatt polierten Wände und die engen Windungen des Weges.


Richtig eng wird es aber, weil sich immer wieder andere Reisegruppen an uns vorbeischlängeln und -drücken, während Leon alle Stative mit aufgesattelter Kamera so in Position bringt, dass jeder ein Foto machen kann. 


Neben dem hohen Preis ist diese hektische und gezwungene Art Fotos zu machen, der große Nachteil dieses Canyons. Ob die Bilder den Aufwand wert sind, muss jeder für sich entscheiden. Uns hat unser erster Slot Canyon jedenfalls trotz der vielen Menschen gefallen.


Etwa drei Stunden später sind wir zurück am Auto und fahren ins über 35 Grad heiße Page, um uns ein Motel für die Nacht zu suchen. Am Ende checken wir im Motel 6 ein, das 60 $ plus tax die Nacht kostet und über einen kalten Pool verfügt, in dem wir uns von der Hitze Arizonas erholen.

Zum Sonnenuntergang machen wir aber noch einen kleinen Abstecher zu einem berühmten Fotomotiv: der „Horseshoe Bend“ des Colorado Rivers. Etwa 5 Kilometer auf dem Highway 89 (der hier noch nicht gesperrt ist) südlich von Page findet man am Ende eines Parkplatz den etwa 1 Kilometer langen sandigen Trail, der zur bekannten Flussschleife führt. Derselbe Fluss, der den Grand Canyon geformt hat, verläuft hier in einem spektakulären hufeisenförmigen Mäander. Der Anblick ist großartig, aber nichts für Leute mit Höhenangst. Nach wenigen Schritten ist man direkt an der Abrisskante, die ansatzlos und fast senkrecht 300 Meter in die Tiefe führt. Es gibt kein Gitter oder Geländer, das einem Sicherheit vermittelt. Während wir beim Grand Canyon mit der Tiefe der Schlucht gerechnet haben, sind wir beim Horseshoe Bend über die derart steilen Steinwände überrascht. Ein Anblick, der ordentlich Bauchkribbeln verursacht.


Fazit Tag 155:

Der amerikanische Südwesten ist ohne den Colorado River nicht denkbar.

Was haben wir heute gelernt? Die Klamm ist die deutsche Entsprechung für den englischen Slot Canyon.


3 Kommentare:

  1. Schwierig, passende Worte für die Bilder zu finden...diese Konturen, die Lichtstrahlen. Großartig!
    Und was durfte Walter dazu beitragen? :-)

    AntwortenLöschen
  2. Wahnsinns Bilder!! Da müssen wir nach eurer Reise mal über die Copyright Modlitäten verhandeln. ;-) Da sind so einige dabei, die möchte man sich einfach ausdrucken und an die Wand hängen. Viel Spaß noch und noch viele schöne Erlebnisse, im leider letzen verbliebenen Reisemonat. Lg Alex

    AntwortenLöschen