Zurückgelegte Meilen: 207
Unsere vier schlafarmen Nächte in Moab
sind wie im Flug vergangen. Wir verlassen den östlichsten Punkt
unserer Rundreise und unsere bislang längste Station im Südwesten.
Der Highway 191 bringt uns in den Norden, wo wir seit langem wieder
auf eine große Interstate treffen. Wir bleiben aber nur kurz auf der
I-70 Richtung Westen. Im gefühlten Niemandsland biegen wir auf den
kleineren Highway 24 ab, der uns wieder Richtung Süden führt. In
den nächsten Tagen werden wir uns so stufenweise weiter in den
Südwesten vorarbeiten bis wir Las Vegas erreicht haben.
Es gibt drei Gründe, warum wir den
langsameren und deutlich weniger befahrenen Highway 24 nehmen.
Erstens ist es der beste Weg zum noch langsameren Highway 12. Der
Highway 12 ist eine „All-American Road“, eine Scenic Road, die
Sehenswürdigkeiten von nationaler Bedeutung aufweist, und gilt
gemeinhin als schönste asphaltierte Straße in Utah. Zweitens kommt
man über den Highway 24 zum Capitol Reef Nationalpark, den wir heute
Nachmittag erkunden wollen.
Und schließlich wollen wir drittens
dem „Little Wild Horse Slot Canyon“ einen Besuch abstatten.
Nach
der tollen Erfahrung im Antelope Canyon haben wir Lust bekommen einen
weiteren Slot Canyon zu durchwandern, den aber nicht so unfassbar
viele Leute besuchen. Der Little Wild Horse Canyon im San Rafael
Swell ist da ein geeigneter Kandidat. Obwohl er unter Einheimischen
beliebt und eine Hauptattraktion des San Rafael Swells ist, trifft
man wohl nur eine Handvoll anderer Menschen an einem Tag im Canyon.
Dafür hat er aber auch nicht die tollen Farben und Lichtstrahlen
eines Antelope. Er liegt im San Rafael Swell, ein zerfurchtes
Bergplateau, das als eines der wenigen im amerikanischen Südwesten
noch kein Nationalpark- oder National Monument-Status hat.
Um den Canyon zu erreichen, biegen wir
am Hinweisschild für den „Goblin Valley State Park“ vom Highway
24 ab. Abseits jeglicher Zivilisation fahren wir Straße bis zum
Eingang des State Parks. Im Visitor Center für das Goblin Valley
informieren wir uns über die aktuelle Wetterprognose für die
Gegend, um nicht während gefährlicher „Flash Floods“ im Slot
Canyon zu sein. Diese nach heftigen Sommergewittern vorkommenden
Sturzfluten formen und polieren die Slot Canyons, können aber
gefährlich sein, wenn man sich gerade in den engen Schluchten
aufhält. Vor dem Goblin Valley State Park folgt man dann einem
kleinen Hinweisschild für den Slot Canyon und biegt rechts ab. Nach
etwa fünf Meilen erreicht man einen Parkplatz auf der rechten Seite,
der den „trailhead“, also den Startpunkt der Wanderung markiert.
Mit dem Stativ, ausreichend Wasser und
Speicherkartenkapazität bewaffnet folgen wir dem Trail, der hinunter
in ein sandiges Flussbett führt. Dieses verengt sich nach einer
Weile und wir gelangen an ein Hindernis: eine kleine Felswand. Über
diese muss man entweder klettern (sofern man kann) oder man nimmt den
kaum sichtbaren Trampelpfad, der ein paar Meter vorher links beginnt
und über einen kleinen Hügel an der Felswand vorbeiführt. Nach der
Kurve gelangt man wieder zurück ins Flussbett und steht an einer
Weggabelung. Links geht es zum Bell Canyon und rechts in den Little
Wild Horse Canyon.
Von hier dauert es nicht mehr lange bis
man in den engen Bereich der Schlucht kommt. Unterwegs begegnen uns
interessante Sandsteinformationen an den Wänden, die aussehen wie
Löcher in einem Schweizer Käse.
Nach den Steinen wird es so eng, dass
man den Rucksack abziehen und sogar seitlich laufen muss, um weiter
vorwärts zu gelangen. Nicht unbedingt zu empfehlen für Leute mit
Platzangst.
Uns macht es aber Spaß sich hier von Kurve zu Kurve
vorwärts zu arbeiten.
Interessant und fotogen sind die Formen der
glatt geschliffenen Wände.
In dieser trockenen Umgebung ist es kaum
vorstellbar, dass es Wassermassen sind, die die Schluchten wie mit
Schmirgelpapier bearbeiten.
Nach ein paar Stunden drehen wir um und
machen uns wieder auf den Rückweg. Erst jetzt treffen wir auf andere
Besucher, die auf einer Tageswanderung durch den Bell und Little Wild
Horse Canyon sind. Wir können einen Abstecher zu diesem schönen
Slot Canyon also nur empfehlen.
Wir fahren zurück auf den Highway 24,
der bis Hanksville in südlicher Richtung verläuft und ab dort nach
Westen abknickt. Eine Warnung für alle, die hungrig von diversen
Tageswanderungen zurückgekommen sind und durch diese Gegend fahren:
Hier findet man so gut wie keine Restaurants und Imbissläden. In der
einen Tankstelle in Hanksville sagt uns der Inhaber, dass er vor ein
paar Stunden jemanden in die nächste Stadt losgeschickt hatte, um
frische Hot Dogs zu holen. In der zweiten holen wir uns dann ein paar
Cracker mit Käse, die uns über die nächsten Stunden retten.
Am späten Nachmittag erreichen wir
dann den Capitol Reef Nationalpark.
Capitol Reef liegt aufgrund
seiner etwas schlechten Verkehrsanbindung abseits der großen
Besucherströme, was nicht bedeutet, dass dieser Nationalpark keinen
Besuch wert ist. Hauptattraktion von Capitol Reef ist die
„Waterpocket Fold“, eine über 100 Kilometer lange geologische
Falte, die den Blick auf gebogene Bodenschichten freigibt.
Die
verschiedenen Schichten haben unterschiedliche Farbtöne und
präsentieren sich in Klippen-, Bergrücken-, Canyon- oder
Monolithen-Form.
Einen kostenlosen ersten Eindruck
erhält man, wenn man nur Highway 24 entlang fährt, der den
nördlichen Teil des Nationalparks durchquert.
Sehenswert ist aber
auch der Scenic Drive im kostenpflichtigen Bereich, der als
Stichstraße etwa 7 Meilen in den Park hineinführt.
Als wir Capitol Reef verlassen ist es
schon spät und wir sind müde. Wir entschließen uns daher, im
nahegelegenen kleinen Torrey (182 Einwohner) eine Unterkunft zu
suchen, um morgen in aller Frische den Highway 12 genießen zu
können. Überraschenderweise gibt es eine Reihe von Motels und
Hotels in dem kleinen Städtchen. Wir landen im empfehlenswerten
Chuckwagon Motel und bekommen vom überaus freundlichen Personal ein
liebevoll eingerichtetes Zimmer über dem General Store für 60,60 $.
Die Landschaft um Torrey ist zudem eine wohltuende Abwechslung zu den
trockenen Gegenden der letzten Tage. Auf 2000 Höhenmeter gelegen
breitet sich hier grüne waldige Vegetation mit kühler frischer Luft
aus.
Fazit Tag 161:
Spitzer Stein: 1 Christinas Hose: 0
Was haben wir heute gelernt? Die
Nummerierung der amerikanischen Interstate Highways erfolgt nach
einem System, das einem anzeigt, in welche Richtungen die Straßen
verlaufen. Haupt-Interstates erhalten ein- bis zweistellige Nummern.
Interstates mit geraden Nummern verlaufen von Osten nach Westen,
während Interstates mit ungeraden Nummern von Norden nach Süden
führen. Je höher die geraden Nummern, desto weiter nördlich
befindet sich die Straße. Je höher die ungeraden Nummern, desto
weiter östlich befindet sie sich. Die verkehrsreichsten Interstates
erhalten innerhalb dieses Systems Nummern, die durch 5 teilbar sind.
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