Montag, 7. Januar 2013

Jaipur

Die Nacht in der Hauptstadt Rajasthans war kühl, so wie alle anderen Nächte bislang in Indien. Während tagsüber das Thermometer auf 20 Grad steigt, fällt es nachts vielleicht auf 5 oder noch weniger. Es ist daher gut, dass wir noch ein paar warme Sachen mithaben und unsere beiden Reiseschlafsäcke zu einem warmen koppeln können. Wegen der Kälte und auch wegen der nicht besonders einladend wirkenden Bettwäsche haben wir bis jetzt alle Nächte im Schlafsack geschlafen.
Eine positive Wetternachricht: Wir haben endlich den Nebel hinter uns gelassen! Der Tag erstrahlt in Sonnenschein und auch die Sonnenaufgänge und -untergänge bleiben klar. Übrigens haben wir auch noch keinen Regen gesehen.

Anekdote zum Frühstück: Das Frühstück wird hier eigentlich immer aufs Zimmer gebracht (zumal die Restauranträume oft offen und damit sehr kalt sind). Wir rufen nach dem Aufwachen in der Rezeption an und bestellen unser Frühstück. Man sagt uns, dass unser Frühstück leider nicht inklusive ist und wir bezahlen müssen. Wir sagen nein, unser Frühstück ist inklusive, haben wir doch gestern besprochen. Nach kurzer Rücksprache mit dem Chef antwortet unser Gesprächspartner okay, stimmt, ist inklusive, wir bringen es sofort hoch, in 5-10 Minuten ist es da. Nach 40 Minuten kein Frühstück da, wir rufen nochmal an. Antwort: Sie möchten Frühstück? Okay, in 5-10 Minuten ist es da. Nach 15 Minuten ist nichts da. Wir gehen runter zur Rezeption. „Sie möchten Frühstück? Sehr gerne. Sie können zwischen Tee und Kaffee wählen. Gehen Sie bitte in Ihr Zimmer, wir bringen es ihnen hoch.“ Nach 5 Minuten kriegen wir dann: 4 Toasts (pro Person immerhin!), zwei schwarze Tee und eine kleine Schale einer Konsistenz, die wohl einmal Butter war. 4 Weißbrottoast und schwarzer Tee, na wenn das mal nicht...

Jaipur ist bekannt für sein Textilien- und Teppichgewerbe. Die Stadt wirkt schöner als Agra und Delhi, mit etwas weniger Trubel. Vielleicht gewöhnen aber auch wir uns nur an das indische Stadtleben. Man lernt das „No, thank you“ zu perfektionieren und wird richtig gut darin, nervige Verkaufsangebote abzuschlagen. Am besten antwortet man eindringlich aber freundlich mit einem Lächeln (außerdem klappt das mit dem Russisch nicht mehr: heute laufen uns min. 5 großen russischen Reisegruppen über den Weg).

Erste Sehenswürdigkeit heute: das riesige Amber Fort (Amber wird übrigens „Amer“ ausgesprochen). Diese auf einem Berg sitzende beeindruckende Festung wurde von Raja Man Singh I gebaut, der ein General unter Großmogul Akbar war. Später wohnten die Maharajas, also die indischen Großfürsten, in der Anlage.



Das Fort ist umgeben von einer riesigen Mauer, die sich über die umliegenden Hügel erstreckt und mit 20km nach der chinesischen Mauer die längste der Welt sein soll.


Viele Touristen lassen sich gegen ein stattliches Entgelt und langer Warterei von einem der unzähligen Elefanten auf die Festung bringen. Angeblich darf jedes Tier nach fünf Aufstiegen pro Tag Feierabend machen.




Wir nehmen uns diesmal einen der vielen indischen Guides, die sich einem vor dem Ticket Office anbieten. Wir fanden, dass es sich gelohnt hat. Für 200 INR erzählt er fast zwei Stunden über die Geschichte des Forts und führt uns in interessante (Foto-) Ecken der Festung. Außerdem prophezeit er mir (da er in den Gesichtern lesen kann), dass ich in den nächsten 4 bis 5 Jahren ein schönes Haus und ein 4-wheel-car haben werde.


So erfahren wir, dass das der Baustil des Forts typische hinduistische und muslime Bauweisen miteinander vereint. Ein wiederkehrendes Thema bei der Besichtigung von Denkmälern. Beispielhaft ist die unten abgebildete Säule, die an ihrem Fuß muslimische Verzierungen aufweist, während sie im oberen Teil einen Elefanten abbildet, vor dem eine Lotusblüte hängt (Hindustil).


Das gleiche Muster bei dem folgenden Bild: Wir stehen in einer Tür, die nach muslimischer Baukunst errichtet worden ist. Der Vorsprung darüber ist mit seiner dunklen Farbe einer Kobra nachempfunden.


Laut unserem Guide bestaunte auch Bill Clinton diese Glasverzierungen bei seinem Besuch in Jaipur.



Danach fahren wir in die Old City und besuchen den City Palace, den Residenzort vieler ehemaliger Maharajas. Noch heute wohnen Nachfahren der Herrscherfamilien in dem Teil des Komplexes, der nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.





Auffallend: die große Zahl an Touristen, indischer wie ausländischer Herkunft, in Jaipur. Im City Palace Café gönnen wir uns eine Pause und für einen Luxuspreis (50 INR) den ersten richtigen Kaffee hier in Indien.

Neben dem City Palace liegt das Observatorium des Stadtgründers und Hobbyastronomen Jai Singh II., genannt Jantar Mantar. Als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes kann man hier eine 27m hohe Sonnenuhr und 17 weitere aus Gips gebaute, dreieckige oder runde Instrumente bestaunen.



Witzig: Wir werden zum ersten Mal von indischen Touristen angesprochen, die uns nichts verkaufen, sondern nur ein Foto mit uns machen wollen! Wie oft hat man schon die Gelegenheit so zwei Bleichgesichter vor die Linse zu bekommen?


Schließlich enden wir unseren Jaipur Tagesausflug vor dem Hawa Mahal, dem Palast der Winde. Das Wahrzeichen Jaipurs diente den Frauen des Hofes dazu, ohne vom gemeinen Volk gesehen zu werden, durch verhangene Fenster beliebte Prozessionen zu beobachten. Am Hawa Mahal erkennt man auch gut, warum Jaipur „the pink city“ genannt wird: viele Gebäude in der Old City sind einheitlich rosa bemalt.


Nach einem leckeren indischen Thali als Abendessen fahren wir wieder in unser Hotel. Auf mehrfachen Wunsch versuchen wir in einem der nächsten Posts etwas über das indische Essen zu schreiben und ein paar Bilder zu zeigen...

Fazit Tag 5:

Nicht alle Inder wollen Dir etwas verkaufen.

Was haben wir heute gelernt? Maharajas sind Indien. Diese „Großkönige“ waren die Herrscher der vielen Fürstenstaaten, die es vor der Unabhängigkeit in Indien gab. Heute haben sie keine herrschende Stellung mehr inne, sind aber traditionell immer noch hochgeachtete und noble Familien (sie sind in deutlich abgeschwächter Form vielleicht mit der Rolle des britischen Königshauses vergleichbar). Viele Nachfahren der Maharajas sind als Politiker, Geistliche oder Wirtschaftsmanager tätig, die mit den immer noch im Eigentum der Familie stehenden Grundstücken und historischen Gebäuden (siehe City Palace) eine Menge Geld verdienen oder daraus Luxushotels machen und verwalten.

1 Kommentar:

  1. Hallo ihr beiden. Als erstes nur für euch bestimmt: tut uns sehr leid!!!! Nicht zweifeln, macht weiter!!!


    Und nun zu eurem Tag. Wieder eine super Zusammenfassung! Es ist wirklich fast so, als wäre man dabei. Übrigens, nach der Geschichte mit dem 4-wheel-car möchte auch Sebastian nach Indien und sich einen Porsche prophezeien lassen ...;). Ich hoffe, ihr könnt wenigstens ein wenig schmunzeln. Wir vermissen Euch sehr, sind auf Fotos mit dem Essen gespannt. L.G. die bessere Traumhaushälfte mit Familie.

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