Bevor wir Jaisalmer verlassen machen
wir 6km vor der Stadt in „Bada Bagh“ halt. Bada Bagh bedeutet
„großer Garten“ und war eine immergrüne Oase für die
königlichen Familien, sozusagen ihre klimatisierte chill-out area
für den heißen Sommer. Maharaja Jai Singh II. ließ im 16.
Jahrhundert ein künstliches Wasserbecken schaffen, das Grundlage für
die umgebende grüne Vegetation wurde.
Was uns hier überrascht und wir nicht
erwartet haben: Windräder.
Mehrere davon. Würde man nach dem
äußeren Erscheinungsbild dieses Landes urteilen, dann scheint grüne
Energietechnologie hier nichts verloren zu haben. Aber das Thema
regenerativer Stromerzeugung hat auch Indien erreicht. Unser Fahrer
bestätigt uns, dass die Inder sehr wenig Atomkraft nutzen und auf
Wasser setzen. Und sehr viel auf Kohle. Das wiederum entspricht eher
unseren Erwartungen. Mangels WiFi-Verbindung kann ich die Angaben
unseres Fahrers nicht nachprüfen.
Wir fahren zurück Richtung Delhi.
Bevor wir die Hauptstadt wieder erreichen, werden wir aber noch in
Bikaner und in Mandawa je eine Nacht verbringen. Bikaner befindet
sich noch in der Thar Wüste und ist eine Kamelsafari-Stadt wie
Jaisalmer. Laut Reiseführer ist sie jedoch kleiner und etwas ruhiger
und nicht ganz so touristisch. Wir sind in der Tat die einzigen
Touristen, die wir den ganzen Tag in der Stadt sehen, aber ruhiger
und kleiner können wir nicht bestätigen. Der Basar und die Main
Street von Bikaner sind laut, stinkend, dreckig und nicht schön. Es
ist die erste Stadt in Indien, in der wir uns nicht trauen, unsere
Kamera offen über der Schulter zu tragen.
Vom Hotel zum Fort (ja, auch Bikaner
hat eins) fahren wir mit der Rikscha. Am Fort angekommen werden wir
gleich von sieben anderen Rikscha Fahrern umzingelt, die auf unsere
Frage wo die Old City sei, unisono antworten: „Oh, that is far away
from here. Very far away from here. You can not walk there.“ Was
wir als Anlass nehmen auszusteigen und dahin zu gehen. Unterwegs
laufen wir durch den beschriebenen Basar, auf der Suche nach etwas
Essbarem (das Restaurant im Hotel sieht zwar hübsch aus, verlangt
aber das Dreifache des üblichen Preises).
Und so lernten wir Sunil und seine
kleine grüne Oase inmitten des Trubels kennen. Ein kleines
verstecktes Schild lockte uns zu seinem Cafe in einem Park rechts der
Main Road. Sunil ist ein unglaublich freundlicher und hilfsbereiter
Inder, der uns einen leckeren Masala Chai, einen leckeren Rose-Lassi
und ein eher dürftiges Essen auf einem der drei kleinen Tische
unterhalb einer gefährlichen Taubenkolonie servierte. Dankbar waren
wir aber für die Ruhe und das Gespräch. Er brachte uns gleich ein
Gästebuch, in dem sich knapp 600 Leute aus Deutschland, Frankreich,
Österreich, Australien und der restlichen Welt eingetragen haben.
Alle schienen das Cafe als Auszeit von Bikaner genossen zu haben.
Sunil arbeitet nur nebenberuflich in diesem Cafe. Hauptsächlich hat
er das dreijährige Jurastudium in Indien absolviert und hilft
Touristen mit nützlichen Informationen über die Stadt weiter. Wir
kriegen ungefragt eine kopierte Stadtkarte, mit wichtigen
Markierungen, Hinweise auf interessante Sehenswürdigkeiten und
realistische „indische“ Preisangaben für diverse Artikel und
Rikscha-Fahrten (Exkurs: In Udaipur haben wir uns einen
Seidenschlafsack für das heiße Südostasien nähen lassen. Sunil
empfahl auf seiner Liste für Seidenschlafsäcke nicht mehr als 650
Rupien zu zahlen, also unter 10 €. Wir haben nur 580 Rupien bezahlt
und konnten das also unterbieten, yes!).
Warum er dies alles tue, wollten wir
wissen. Weil er Indien nicht ausstehen könne, antwortete er. Weil
hier alles auf dem „commission system” (wo
jeder dich zu dem Hotel, Verkäufer oder Restaurant bringen will, von
dem er Geld erhält und dass du mit dem erhöhten Preis finanzierst)
beruhe, in dem man ständig getäuscht wird. Hinzu komme, dass sein
Großvater ihn stark hinduistisch geprägt hat. Er glaube an
Wiedergeburt und hofft, mit diesen guten Taten an Touristen sein
Karma zu verbessern, so dass er im nächsten Leben in Europa
wiedergeboren wird. Vielleicht sei er ja verrückt, aber dies sei
nunmal sein Glauben. Wir sind von dieser Geschichte fasziniert und
überrascht, gerade in dieser Stadt jemanden wie Sunil zu treffen.
Fazit Tag 13:
Wir ernähren uns nun fast
zwei Wochen fleischlos. Macht aber nichts.
Was haben wir heute
gelernt? Die Nacht ist die Zeit der Tiergeräusche. Sobald es dunkel
wird und wenn man ruhig im Bett liegt, hört man die Tauben, wie sie
auf den Klimaanlagen scharren oder vor den Zimmern gurren, fangen die
Hunde an zu bellen und zu knurren und die wenigen Katzen jaulen.
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