Freitag, 11. Januar 2013

Udaipur

Die Nacht war schön warm. Genauer: Unser Hotelzimmer hat sich tagsüber aufgeheizt und war nachts immer noch schön warm. Wieder ein Novum in Indien. Wir mussten mal nicht in langen Klamotten schlafen.

Udaipur mit seinen kleinen Basarstraßen, vielen innerstädtischen Hügeln und den umliegenden Bergen gefällt uns. Das viele Wasser und die dicht daran gebauten Häuser erinnern an Venedig bzw. an Venedig, wie wir es uns vorstellen. 


Die Innenstadt ist fußläufig gut zu durchqueren und man sieht dementsprechend auch öfter europäische, australische oder amerikanische Touristen. In den anderen Städten gehen sie zwischen den vielen Indern einfach unter und man hat das Gefühl der einzige Ausländer in Indien zu sein. Markantes Kennzeichen der Stadt: jedes Haus bietet ein roof-top Establishment an, auf dem man die tolle Aussicht genießen kann. Beispielhafte Werbung dafür: „Great Roof-top Restaurant with real coffee machine“ ; „Highest Roof-top Restaurant in Udaipur with German Bakery“ ; „Better than the Highest Roof-top Restaurant in Udaipur“. 






Mindestens ebenso wichtiges Kennzeichen von Udaipur: regelmäßige Stromausfälle. Das bedeutet, dass wir hier nicht durchgehend Wi-Fi haben.

Wie gestern angekündigt, haben wir heute einen indischen Kochkurs gemacht. Shashi's Cooking Classes für 600 INR pro Person für mehr als 4 Stunden hat sich vollauf gelohnt und war eine super Erfahrung, die weiterzuempfehlen ist! 


Shashi ist vielleicht geschätzte 45 Jahre alt (?) und eine sehr freundliche und interessante indische Frau (das erste Mal, das wir in diesem Land mit einer Inderin längere Unterhaltungen führen konnten). Sie ist eine Brahmin (die höchste indische Kaste) und stammte aus einem Dorf in Rajasthan, in dem kein Hindi gesprochen wurde. Sie wurde mit ihrem Mann aus Udaipur verheiratet, mit dem sie sich die ersten Jahre aber nicht verständigen konnte, da dieser nur Hindi sprach. Shashi lernte Hindi und Udaipur wurde ihre neue Heimat. Nach dem Tod ihres Mannes musste sie ein Jahr lang trauern, schwarze Kleidung tragen und durfte ihr Haus nicht verlassen. Die ersten 45 Tage musste sie in einer Ecke des Zimmers sitzen, während tagsüber nach und nach andere Frauen kamen und mit ihr weinten und trauerten. Nach der Trauerzeit beschloss sie etwas zu tun, um Geld für ihre beiden Söhne zu verdienen und gab zum ersten Mal einen Kochkurs an Touristen. Am Anfang waren die Kommunikationsprobleme sehr groß, aber nach und nach lernte sie soweit Englisch, um alles zu erklären und sich zu verständigen. Mit Hilfe weiterer Touristen erhielt sie eine eigene Homepage, Rezepte in verschiedenen Sprachen und lernte die Wörter für alle Zutaten u. a. in Deutsch, Spanisch und Italienisch (u. a. Wörter wie Kichererbsen oder Bockshornklee). Mittlerweile unterrichtet sie seit drei Jahren und ist im Internet und Lonely Planet als No. 1 Cooking Class in Udaipur aufgelistet. Ihrer Angabe nach gibt sie das halbe Jahr (in der touristischen Reisezeit) jeden Tag in der Woche einmal morgens und einmal abends Kurse für max. 4 Personen.

In den vier Stunden haben wir gelernt wie wir „Masala Chai“ (Tee) machen können 


und wie man elf verschiedene indische Gerichte kocht, die je nach Geschmack und Zutaten als Grundrezepte variiert werden können. Davon haben wir etwa sieben Gerichte unter Anleitung zubereitet und natürlich versucht, alles am Ende auch aufzuessen! Alle Rezepte haben wir während des Kurses erhalten, um eigene zusätzliche Notizen zu machen.

Shashi's Gewürzbox (u.a. Kümmel, Anis, Kurkuma):


Paneer-Spinat Pakoras (indischer Käse und Spinat mit Kicherbsenmehl frittiert), dazu Koriander-Chutney mit frischem Knoblauch (grün) und Mango-Chutney (braun und süß):


Walter beim Rühren (sieht doch schon ganz gut aus, oder?):


Mixed Vegetables (scharf angebratener Gemüsemix aus u.a. Blumenkohl, Paprika, Auberginen):


Unsere Lehrerin Shashi:


Christina beim Kartoffelstampfen (Wichtig hierbei: die gekochten Kartoffeln mit den Fingerspitzen sanft zerdrücken!):


Chapati drehen (das gebratene indische Brot muss mit einem Handtuch an den Rändern schnell gedreht werden):



Ein erster Erfolg: Naan gefüllt mit Tomaten-Auberginen-Masala.


Unser Tageswerk. Guten Appetit!



Vier neue Experten für indisches Essen:



Wir freuen uns schon darauf unsere neuen Kenntnisse in Deutschland auszuprobieren. Freiwillige vor! :)

Im Kochkurs haben wir Michael und Rebecca kennengelernt, die aus Perth (Australien) kommen, und uns gute Tipps für Thailand und Vietnam gegeben haben.

Fazit Tag 9:

Das goldene Dreieck stinkt. Das goldene Dreieck ist die Bezeichnung für die geographisch in einem Dreieck angeordneten und touristisch hoch frequentierten Städte Delhi, Agra und Jaipur. Je länger wir im restlichen Indien sind, desto mehr genießen wir dieses tolle Reiseland und seine Menschen. Natürlich kommt man wahrscheinlich erstmal in Delhi an und muss den Taj Mahal in Agra sehen, aber unser Empfinden: Schnell raus da!
Oder um die treffende Beschreibung Trojanows über Agra zu zitieren, die wir vor der Reise gelesen, nun aber auch nachempfinden können: „Das Taj Mahal schlägt jeden Betrachter, obwohl schon tausendmal abgebildet, in seinen Bann. Doch um das Grabmahl der geliebten Königsgemahlin herum erstreckt sich ein Moloch mit stinkenden Straßen, offener Kanalisation, herumstreunenden Schweinen, pockennarbigen Fassaden und taumelnden Baracken. Wer sich umschaut, erlebt ein Wechselbad der Gefühle: Ekel folgt auf Begeisterung, doch im Handumdrehen wird man wieder betört, um gleich darauf zur Verzweiflung gebracht und doch noch vor dem Sonnenuntergang wieder versöhnt zu werden.“ (Trojanow, Gebrauchsanweisung für Indien, S. 13. Vgl. auch sein Buch „Der entfesselte Globus“ mit hervorragenden Reiseberichten aus Afrika, Indien und Asien.)

Was haben wir heute gelernt? Hoffentlich wie man lecker indisch kocht. Und dass wir indisches Essen lieben. Und dass wir 1/7 des Schärfegrads, den Inder bevorzugen, als gerade noch angenehm empfinden.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen