Khao Yai Nationalpark nach Ubon
Ratchathani nach Pakse.
Wie bereits angekündigt war der Khao
Yai Nationalpark unsere vorerst letzte richtige Station in Thailand.
Wir verlassen das Land der lächelnden Menschen in Richtung des
einzigen Binnenstaats in Südostasien: Laos. Dafür geht es zunächst
von Pak Chong wieder mit dem Zug zur Endhaltestelle der „Northeastern
Line“, Ubon Ratchathani. Diesmal fahren wir 2. Klasse, was uns
zurückklappbare Sitze, aber keine Klimatisierung (nur Ventilator)
beschert. Das Ticket kostet 270 Baht (= 6,75 €) pro Person und wir
sollen laut Plan sieben Stunden fahren.
Ein Snack gefällig:
Die Zugfahrt selbst ist sicher nicht
für Allergiker geeignet. Das Bemühen der paar Ventilatoren die Luft
in Bewegung zu versetzen, wird dadurch unterstützt, dass einfach
alle Fenster im Waggon geöffnet sind. Auf diese Weise kommt zwar
Frischluft in den Zug, aber auch aufgewirbelter Staub von parallel
verlaufenden Straßen und Pollen von angrenzenden Feldern.
Erwähnenswert sind auch die Abschnitte, in denen der Zug durch
landwirtschaftliche Flächen fährt, die gerade einer Brandrodung
unterzogen werden. Gerade jetzt in der Trockenzeit nutzen viele
Bauern dieses Verfahren, um Anbauflächen, die eine Zeit lang
brachlagen, zur Vorbereitung neuer landwirtschaftlicher Produktion zu
roden. Brandrodung findet sehr häufig bei den Bergvölkern im Norden
von Thailand statt. Was früher vor dem Hintergrund einer dünneren
Besiedelung und damit einhergehender längerer Brachephasen eine
durchaus naturverträgliche Technik war, ist heute durch die zu
schnellen Produktionszyklen und die übermäßige Zerstörung von
Nährstoffen im tropischen Ökosystem ein sehr problematisches
Verfahren. Für uns im Zug ist jedenfalls problematisch, dass sich
eine schwarze Rußschicht auf unsere Rucksäcke, Klamotten und unsere
Haut legt. Das Verlangen nach einer Dusche steigt.
Wir fahren an einer Landschaft vorbei,
die im Vergleich zum fruchtbaren Gebiet am Menam Chao Phraya
trockener aussieht. In der Tat sind die Landwirtschaftsbedingungen
hier im Nordosten von Thailand schwierig, weil das Land nicht viel
hergibt. Das hat dazu beigetragen, dass dieser Teil des Landes den
Titel der ärmsten Region trägt.
Mit zwei Stunden Verspätung kommt der
„Rapid-Train“ in Ubon Ratchathani an. Wir erwehren uns dem
obligatorischen aufdringlichen Tuktuk-Begrüßungskomitee und nehmen
ein Songthaew zu einem Drittel des Preises. Leider weiß der Fahrer
nicht so richtig wo unser Hotel ist, also leiten wir ihn mithilfe der
auf das iPhone heruntergeladenen Karte und der offline-Navigation zum
Ziel. Eine wirklich ungemein hilfreiche App. Unser Hotel wurde erst
vor wenigen Monaten eröffnet und erstrahlt noch in neuem Glanz. Ubon
Ratchathani bietet kaum Sehenswürdigkeiten, so dass wir nach einem
kurzen Abendessen um die Ecke gleich schlafen gehen.
Am nächsten Tag geht es mit dem Taxi
zur „International Bus-Station“ (eine von drei Busstationen), von
der nach übereinstimmenden Berichten unser Bus nach Laos abfahren
soll. International sind dabei nur die Fahrtrichtung der Busse und
vielleicht noch die Fahrgäste, die Haltestelle selbst ist ziemlich
national. Ein Dutzend Abfahrgleise, eine Restaurantecke, mehrere
Ticketschalter, viele Menschen und alles mit für uns nicht lesbaren
Zeichen beschriftet. Beim zweiten Blick sieht man dann aber, dass
immerhin die Fahrtziele in lateinischer Schrift ausgewiesen sind. Das
Ticket nach Pakse kostet 200 Baht. Der Bus fährt uns bis an die
thailändisch-laotische Grenze, lässt uns raus und sammelt uns auf
der anderen Seite nach Erledigung aller Einreiseformalitäten wieder
auf. Mit uns fahren eine aufgeregte chinesische Reisegruppe aus
Hongkong, eine entspannte US-Amerikanerin und ein paar Laoten auf dem
Heimweg.
Der laute, unglaublich federnde, mit
einer defekten Eingangstür und einer defekten Klimaanlage und einer
defekten Toilette ausgestattete Bus bringt uns ohne besondere
Vorkommnisse zur Grenze.
Eindrucksvoll: Ist im wahrsten Sinne des
Wortes eine Grenzüberquerung auf dem Landweg. Speziell als Europäer
weiß man seit dem Schengen-Abkommen eigentlich nicht mehr, wie es
sich anfühlt, wenn man das eigene Land verlässt und ein anderes
betritt. Verreist man denn mal außerhalb Europas, dann wird fast
immer geflogen. Und wenn man fliegt, dann verlässt man die sichere
Blase namens Flughafen und kommt in einer anderen, im Grunde
identisch aussehenden, Blase namens Flughafen an. Man verliert in
diesen klimatisierten Wohlfühlzonen das Gefühl, eine Grenze
überschritten zu haben. Erst wenn man aus dem Flughafen heraustritt,
sieht und spürt man die neue Umgebung. Wer würde etwa behaupten,
dass der Indira Gandhi Flughafen in Delhi schon ein echtes Stück
Indien sei? Auf dem Landweg dagegen bekommen Raum und Zeit wieder
ihre Bedeutung. Geographische Besonderheiten wie Berge, Flüsse oder
Meere, die für Grenzziehungen mitbestimmend waren, werden zu
Hindernissen oder erschweren die Anreise. Sich dessen langsam wieder
bewusst werdend, steigen wir aus dem Bus aus und laufen mit der
lauten chinesischen Reisegruppe im Schlepptau in das erste
Grenzgebäude. Der thailändische Uniformierte lässt uns mit unseren
noch 24 Stunden gültigen Visa ohne Probleme ausreisen. Ein 50m
langer Tunnel unter der Erde bringt uns auf die laotische Seite.
Tatsächlich bemerkt man sofort Veränderungen in der Umgebung, wie
Aussehen der Menschen, Sauberkeit der Anlage oder Zustand der
Straßen. Wir stellen uns am Schalter für „Visa on arrival“ an
und sind bestens vorbereitet mit 30 $ für das Visum und 100 Baht für
die „Bearbeitungsgebühr“ ausgestattet. Dazu noch ein gerade
gelerntes „Sabai dii!“ und „Khoptschai lailai!“ und innerhalb
weniger Minuten händigt uns ein lachender Laote unser neues 30 Tage
gültiges Visum aus. „Sabai dii“ ist unser neues „Hallo“ und
löst das „Sawadie khrap“ ab. Ganz vergessen muss man es aber
nicht, denn obwohl die Thailänder und Laoten formal unterschiedliche
Sprachen haben, können sie die andere Sprache verstehen. Unser Bus
wartet schon und der Fahrer muss sich jetzt umstellen: Aus Thailand
mit Linksverkehr gekommen, muss er in Laos rechts fahren. Der eine
oder andere hätte da sicher ein paar Umstellungsprobleme...
Laos gilt als eines der ärmsten Länder
der Welt. Seine knapp über 6 Mio. Einwohner leben in einem Land, das
als einziges südostasiatische keinen Zugang zum Meer hat und
historisch gesehen immer von mächtigen Nachbarn umgeben war.
Auffallend ist für uns die schon kurz nach der Grenze
unterschiedliche Vegetation. Die Landschaft ist deutlich trockener,
die Straße führt durch sandige Böden. Die Häuser sind in der
Mehrzahl aus Holz auf Stelzen errichtet und sehen einfach aus.
Während wir die ganze Zeit praktisch in der Mitte der Straßen
fahren (und Motorroller rechts und links an uns vorbeiziehen),
bewundern wir die Sonne, wie sie als blutroter Feuerball am Horizont
untergeht. Kurz danach kommen wir in Pakse an, lassen uns in der Nähe
unseres Hotels auswerfen und checken ein. Auch nach über 40
Reisetagen und einer ermüdenden Busfahrt spüren wir die aufkeimende
Begeisterung, ein neues Land und seine Menschen kennenzulernen.
Fazit Tage 43 und 44:
Eine Zugfahrt, die ist dreckig (in
Thailand).
Was haben wir heute gelernt?
„Khoptschai lailai“ heißt „Vielen Dank“ auf laotisch. Die
Kurzform „khoptschai“, danke, geht auch.
Vielen Dank für die wunderschöne philosophische Einlage.
AntwortenLöschenAuch das Bild aus dem fahrenden Zug lässt das Herz jeden Eisenbahnkontaminierten höher schlagen.
Seid ihr schon direkt unter uns? Planetarisch gesehen.
Viktor
Dein Urteil über die Schienen? :) Sie sehen jedenfalls deutlich besser aus, als sie sich angefühlt haben...
LöschenIch glaube nicht, wir müssen noch weiter in den Süden über den Äquator. Vom Gefühl her ist man aber schon an einem anderen Ende der Welt.
Grüße nach NRW!
Es ist witzig, aber das Bild bewog mich doch tatsächlich die Wiki anzuwerfen, da mir der Abstand der Schienen doch recht eng vorkam. Und siehe da, ganz Südostasien hat die Meterspur (1000mm). Das wusste ich nicht.
LöschenGruß
Viktor