Rumms, ein lauter Schlag. Man ist
sofort wach. Rumms, noch einer hinterher. Man realisiert, dass man
sich noch in einem thailändischen Nachtzug nach Bangkok befindet und
fragt sich, was zum Teufel für ein Krach um 06:00 Uhr im Waggon
veranstaltet wird. Zusätzlich hört man Leute den Gang entlang
laufen und für uns unverständliche Dinge rufen. Wir gehören
eindeutig zu den Spätaufstehern, denn ein Blick vorbei am Vorhang in
den Waggon zeigt, dass einige Leute schon wach sind und der Schaffner
die Schlafkabinen in Sitzplätze umwandelt. Dazu wird die Bettwäsche
eingesammelt, die untere Liegefläche zusammengeklappt, was zwei
Sitzbänke erzeugt, und das obere Bett mit einem lauten Knall nach
oben an das Zugdach gewuchtet.
(Die ersten Bilder noch mit iPhone gemacht.)
Auf diese liebevolle Weise dem Schlaf
entrissen, klettern wir aus unseren Kojen und setzen uns auf die neu
entstandenen Sitze. Immerhin kann man Zähneputzen; am Ende des
Waggons gibt es zwei Waschbecken im Gang. Die laut rufenden Menschen
entpuppen sich als zugestiegene Frischwarenverkäufer. Statt der uns
bekannten Brezeln gibt es frische Nudelgerichte mit Hühnchen,
getrocknete Fleischstreifen (die stark an „beef jerky“ aus den
USA erinnern) mit etwas Reis in der Plastiktüte (den man nach oben
drücken und dann lutschen kann) und frische in Stücke geschnittene
Ananas. Wir kaufen von allem etwas und vervollständigen dieses
Frühstück mit einem heißen Kaffee aus dem Speisewagen. Gut, dass
wir nicht das gestern angebotene Frühstück bestellt haben.
Kurz nach 10:00 Uhr, mit vertretbaren
1h30 Verspätung, erreichen wir Thailands Hauptstadt.
Bangkok hat 7
Mio. Einwohner, der Großraum sogar 12 Mio. Mit seinen vielen
Kulturstätten, seiner großen Industrie und seinem großen
Verkehrsaufkommen ist es das lebendige Zentrum Thailands. Der
Reiseführer warnt vor einer unübersichtlichen Stadt, deren viele
Sehenswürdigkeiten schlecht zu Fuß zu erreichen sind. Die
wichtigsten öffentlichen Verkehrsmittel sind die U-Bahn (die nur
eine Linie hat), die Skytrain (eine Hochbahn, die schneller als die
U-Bahn ist, aber auch nur zwei Linien aufweist)
und die Expressboote,
auf der spannendsten Verkehrsader der Stadt: dem Fluss Menam Chao
Praya.
Letztere fahren für wenig Geld Station für Station den Fluss
nord- und südwärts. Daneben gibt es natürlich die Massen an
TukTuks, Songthaews, Taxen und Busse. Bei der Hotelwahl ist darauf zu
achten, in der Nähe der öffentlichen Verkehrsmittel zu landen, um
den zeitaufwändigen und meist teuren Straßenverkehr zu vermeiden.
Und Hotelsuche ist das Stichwort für
die nächsten Stunden. Wir haben nicht vorgebucht, aber drei Adressen
herausgesucht, die wir der Reihe nach ansteuern. Eine Aufgabe, die
bei 35 Grad im Schatten in einer Großstadt nach einer Nacht im Zug
und mit vier schweren Rucksäcken beladen zu einer schweißtreibenden
und zähen Angelegenheit wird. Passenderweise werden wir auch im
ersten Hotel im Osten der Stadt nicht fündig. Tolle Zimmer, nettes
Aussehen, aber mit 1125 Baht (fast 30 €) zu teuer und keine
verhandlungswillige Mitarbeiterin. Etwas uninspiriert werden die
Rucksäcke wieder aufgesattelt und das nächste Hotel angesteuert.
Wir merken, dass man sich gegen die Müdigkeit und die Hitze wehren
muss, damit man nicht aus Bequemlichkeit zu schlechte Kompromisse
beim Preis eingeht. Der Vorteil des zweiten Hotels: es ist deutlich
zentraler und besser an die öffentlichen Verkehrsmittel angebunden.
Das Äußere des 19-stöckigen Hochhauses ist dagegen eher ein
Rückschritt. Umso erfreulicher dagegen die inneren Werte. Wir
kriegen ein Doppelzimmer für 700 Baht (ca. 17,50 €) die Nacht
inkl. Frühstück (!) im 12. Stock. Die Aussicht ist ganz nett, das
Bad ist sauber und insgesamt wäre das Zimmer in Indien ein Highlight
gewesen. Wieder mal gut, dass unsere Weltreise in östlicher Richtung
verläuft.
Nach kurzer Erholung (und Dusche!)
tauchen wir in das Gewimmel, das sich Bangkok nennt, ein. Unser
erster Eindruck ist durchweg positiv. Das Stadtbild ist faszinierend.
Neue Hochhäuser mit Glasfassaden und alte leerstehende ältere
Exemplare wachsen aus dichtem Verkehr empor, der sich auf Brücken
und Straßen aus dickem dunklen Beton ausbreitet. Dazwischen sieht
man immer wieder ein Grün, das uns Europäer mit seinen Palmen und
anderen tropischen Pflanzen hier in der Großstadt überrascht.
Das
vielleicht klischeehaft wirkende Attribut „pulsierend“ kommt
einem in den Sinn. Die Schläge werden durch Essensstände erzeugt,
die an Straßenecken, in Seitengassen und auf den kleinsten
Bürgersteigen stehen und durch die vielen Menschen, die diese
Straßenstände und den dichten Verkehr am Leben erhalten.
Am Abend fahren wir in die Khaosan
Road, die wohl zu den Sehenswürdigkeiten Bangkoks zu zählen ist.
Wir fahren mit dem Expressboot. Es ist beeindruckend, wie diese
länglichen überdachten Boote mit zwei Sitzreihen auf jeder Seite
und vielen Stehplätzen durch den dichten Flussverkehr auf die
Haltestelle zukommen, das Heck unter Motorgeheul gegen die Pierwand
drücken und die einen Passagiere schnell vom Boot springen und die
anderen schnell darauf. Ein langer Pfiff des Schaffners und schon ist
man wieder mitten auf dem Fluss. Im dichten Gedränge fragt man sich
unwillkürlich, für wie viele Personen das Boot wohl zugelassen ist.
Die Khaosan Road ist eine vollgepackte Straße, die früher das Wohn-
und Aufenthaltszentrum der Rucksackreisenden war und selten von
anderen Urlaubern besucht wurde.
Diese Marktstraße, die ab 17 Uhr
für den Autoverkehr gesperrt ist, wimmelt nur so von Verkaufs- und
Essensständen und Musik- und Bücherläden, Restaurants, Bars,
Reisebüros und Hostess.
Sie erlangte Berühmtheit durch den Film
„The Beach“ und, wenn wir uns richtig erinnern, ganz aktuell
durch den Film „Hangover 2“. Wenn man ehrlich ist, ist von der
verruchten früheren Aura wenig geblieben. Als Hamburger hat man eher
den Eindruck über die Reeperbahn zu laufen, die gerade von
Touristenmassen überschwemmt wird. Das Essen an den Ständen ist
aber (noch) lecker und billig.
Fazit Tag 35:
Die Khaosan Road ist vollkommen anders
als Paharganj in Delhi.
Was haben wir heute gelernt? Die
Toiletten in den thailändischen Zügen zeichnen sich durch eine sehr
einfache und durchaus praktische Konstruktion aus. Der Abfluss
besteht nämlich aus einem Loch im Boden, das, etwaigen Verstopfungen
vorbeugend, direkt auf das unten zu sehende Gleisbett führt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen