Detroit nach Asheville nach Walterboro
nach Celebration.
Durchquerte Bundesstaaten: Michigan,
Ohio, Kentucky, Tennessee, North Carolina, South Carolina, Georgia,
Florida
Am 14.07. geben wir am Flughafen von
Detroit unseren letzten Mietwagen der Reise ab und treffen auf Tim
und Holly, einem Lehrerehepaar, das Walter in seiner Highschool-Zeit
in Detroit kennengelernt hat und die zwischenzeitlich in das sonnige
Florida gezogen sind. Anlässlich einer Hochzeit waren sie zu Besuch
in Michigan und so kommt es, dass wir in ihrem vollgepackten Auto mit
ihrer süßen dreijährigen Enkelin und unseren Rucksäcken inklusive
Baseballschläger auf die Interstate 75 Richtung Süden biegen.
Vor uns liegen knapp 2.000 Kilometer,
also eine Strecke wie von Hamburg nach Madrid, die Holly und Tim
schon häufig gefahren sind und meist mit einer oder zwei
Übernachtungen abfrühstücken. Wir fahren am Vormittag los und
überqueren bald die erste Bundesstaatengrenze nach Ohio. „The
Buckeye State“ ist zwar Herkunftsstaat der Serienfigur Ted Mosby
aus „How I met your mother“, aber ansonsten eher weniger
glamourös. Soweit das Auge sehen kann, erstreckt sich flaches
Ackerland, das durch keinerlei geografische Erhebungen aufgelockert
wird. Außerdem muss Ohio damit leben, Lieblingsstaat der Nachbarn
aus Michigan zu sein, wenn es darum geht, Witze zu erzählen. Es
dauert aber nicht lange und wir passieren die große Handelsstadt
Cincinnati, am Ohio River gelegen, der die Grenze zu Kentucky
markiert.
Kentucky ist der „Bluegrass State“,
benannt nach dem grünen Wiesen-Rispengras, das im Frühling
bläuliche Knospen produziert und auf großen Feldern den Eindruck
eines blauen Schleiers erzeugt. Für uns Europäer ist „Bluegrass“
vielleicht bekannter als Bezeichnung für eine Form der
amerikanischen Country-Musik, die man leichthin als „Hillbilly“-Musik
assoziiert. Man nehme eine Geige, ein Banjo und eine Mandoline und
reichere amerikanische Volksmusik mit etwas Swing und Blues an und
schon erhält man typische amerikanische Südstaatenmusik. In
Kentucky sind wir also praktisch im Süden der USA angelangt. Wir
kommen an der „Pferde-Hauptstadt der Welt“ Lexington vorbei und
erreichen im Süden des Bundesstaats das zerklüftete
Cumberland-Plateau, den südlichen Ausläufer des
Appalachen-Plateaus.
Die I-75 führt uns hier über dicht
bewaldete Hügel und in grüne Täler. Wenige Meilen nach
Williamsburg verlassen wir Kentucky und befahren Tennessee. „The
Volunteer State“ war während des amerikanischen Sezessionskriegs
Mitglied der Konföderation und ist damit der erste richtige Südstaat
auf unserer Reise. Heute ist Tennessee erfreulicherweise für andere
Dinge berühmt. Wikipedia nennt den Blues, den Rock'n'Roll, die
Country-Musik und natürlich den Whiskey. Wir streifen zwar nur den
nordöstlichen Zipfel des Staats, bekommen aber einen Eindruck der
Blue Ridge Mountain Gegend. Bei Knoxville verlassen wir die
Interstate 75 in östlicher Richtung, um uns nach einem langen und
anstrengenden Tag in der Nähe von Asheville eine Unterkunft für die
Nacht zu suchen. Asheville liegt bereits in North Carolina, dem
fünften Bundesstaat auf der heutigen Strecke mit dem Spitznamen „Old
North State“. Zu Abend essen wir standesgemäß in der
Restaurantkette „Cracker Barrel“, die sich voll und ganz
Südstaaten-Flair verschrieben hat. Durch einen altmodisch
gestalteten „Old Country Store“ mit Schaukelstühlen erreicht man
das Restaurant, das traditionelle Südstaatengerichte und -beilagen,
wie fried chicken, biscuits mit Honig oder Marmelade, cornbread,
mashed potatoes oder sweet potatoes, anbietet. Den Südstaatenakzent
der Bedienung gibt es gratis dazu.
Nachdem wir gestern etwa 626 Meilen
zurückgelegt haben, gehen wir es am 15.07. etwas ruhiger an. Bevor
es wieder auf die Straße in den Süden geht, besuchen wir in der
Nähe von Asheville das größte Privathaus der USA und die
amerikanische Antwort auf die europäischen Schlösser: das Biltmore
Estate.
Das Biltmore Estate besteht aus einem schlossartigen
Haupthaus im Renaissancestil, das von einer kilometerlangen
Parkanlage umgeben ist. Gebaut wurde es von George Vanderbilt II.,
einem Multimillionär aus der berühmten Familie der Vanderbilts. Das
Biltmore Haus hat eine Gesamtfläche von über 16.000 qm, weist 250
Zimmer auf, besaß 1895 fertiggestellt bereits einen Swimmingpool,
der durch Thomas Edisons Glühlampen, die technische Neuerung der
Zeit, beleuchtet wurde, eine Bowlingbahn und einen Fitnessraum. Es
war Drehort für Filme wie Richie Rich und Hannibal und ist heute ein
Besuchermassen anziehendes Museum, das den Amerikanern die Idee
europäischer Schlösser vermittelt.
Wir verbringen den Vormittag mit der
Museumsführung und fahren erst nach dem Mittagessen weiter in
Richtung Florida. Statt wieder zurück zur I-75 zu fahren, nehmen wir
den Weg zur Atlantikküste. Über die Interstate 26 gelangen wir von
North nach South Carolina, dem „Palmetto State“. Vorbei an
Spartanburg und der Hauptstadt Columbia biegen wir ein paar Meilen
vor Charleston und der Küste auf die Interstate 95, die küstennah
bis in den Süden von Florida führt. Bei Walterboro halten wir für
die Nacht und stellen beim Aussteigen fest, dass wir nun auch
Südstaatenklima erreicht haben: Eine allzu bekannte Schwüle umgibt
uns.
Der 16.07. wird unser dritter und
letzter Fahrtag. Einige Meilen nach Walterboro passieren wir die
Grenze nach Georgia. Aufgrund der hier hervorragend wachsenden
Früchte wird er „the Peach State“ genannt. Die Straße führt
hier kerzengerade durch bewaldete Sümpfe an berühmten Städten wie
Savannah vorbei. Unsere Umgebung erinnert an die Endsequenz aus dem
Film „Easy Rider“, Südstaatenfeeling pur.
Ein paar Gewitterfronten später halten
wir am Straßenrand und trinken leckeren Orangen- und Grapefruitsaft.
Wir sind am Welcome Center des Bundesstaats Florida, das jedem
Besucher ein kostenloses Glas Saft anbietet, um zu demonstrieren,
wofür der „Sunshine State“ berühmt ist. So kurz vor dem Ziel
hebt sich die Laune der Autoinsassen und wir beschließen, den
Nachmittag bei schwülem aber sonnigem Wetter in der Küstenstadt St.
Augustine zu verbringen.
Ein Besuch der historischen Altstadt und der
Castillo de San Marcos zeigt einem die insbesondere spanische
Geschichte der ältesten von Europäern gegründeten Siedlung in den
USA.
Schließlich begeben wir uns auf die
letzten Meilen dieser Fahrt quer durch die USA. Wir folgen der I-95
noch bis Daytona Beach und biegen dann ins Landesinnere Richtung
Orlando ab. Unzählige mit Alligatoren verseuchte Seen begleiten uns
am Wegesrand. Wenig später haben wir es geschafft. Nach über 1200
Meilen und acht Bundesstaaten haben wir Celebration erreicht, eine
Planstadt der Walt Disney Company, in der Nähe der Themenparks
gelegen und die auf dem städtebaulichen Konzept einer „idealen
Stadt“ gründet. Wir freuen uns darauf, die nächsten zehn Tage
hier bei Tim und Holly zu verbringen und dabei das Lebenswerk von
Walt Disney näher kennenzulernen.
Fazit Tage 194, 195 und 196:
„24 astronauts were born in Ohio.
What is it about your state that makes people want to flee the
earth?“
Was haben wir heute gelernt? Dass es
sehr praktisch sein kann, einen kleinen Bildschirm an der Rückseite
der Fahrerkopfstütze zu befestigen, wenn man kleine Kinder an Bord
hat. Und dass wir jetzt alle Episoden von „Mickey Mouse Clubhouse“
kennen. „Oh Toooodles!!!“
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