Celebration nach New York.
Der 27.07. ist wieder ein Reisetag und
das heißt konkret Wecker auf 4:30 Uhr. Unser Flug von Delta mit Ziel
John F. Kennedy Flughafen in New York startet um 7:20 Uhr auf dem
internationalen Flughafen von Orlando. Unsere Rucksäcke haben wir am
Vorabend nach längerer Pause mal wieder packen müssen. Vertraute
Handgriffe, die wir zum vorletzten Mal durchführen.
Dass Tim und Holly es sich nicht haben
nehmen lassen, uns an einem Samstag um 5:00 Uhr zum Flughafen zu
fahren, ist ein weiteres Zeichen ihrer überragenden
Gastfreundschaft. Wir sind froh, dass wir in Celebration eine längere
Station unserer Reise einlegen konnten. Wir fliegen mit Delta, was
bedeutet, dass wir bei der Gepäckabgabe und am Gate-Schalter dafür
sorgen müssen, zwei zusammenhängende Plätze zu erhalten, was im
Vorfeld beim Online-Checkin und am Kundentelefon nicht möglich war.
Etwa zwei Stunden nach dem Start sehen
wir aus dem Fenster die Skyline der größten Stadt der USA. Die
Ansammlung riesiger Hochhäuser sieht von hier oben noch wie ein
Modell aus dem Hamburger Miniatur Wunderland aus. Mit dem
JFK-AirTrain fahren wir vom Flughafen – vorbei am erst kürzlich
abgerissenen historischen PanAm-Terminal – zur Jamaica Station, von
der wir mit der Subway nach Manhattan kommen.
Die New Yorker U-Bahn gehört zu den
weltweit ältesten Untergrundbahnen und sieht auch so aus: Sie ist
laut, dreckig, aufregend und dank Film und Fernsehen das Sinnbild für
die U-Bahn schlechthin. Zudem ist der Plan auf den ersten Blick
unübersichtlich, vor allem wenn man wissen will, an welchem Tag eine
Haltestelle angefahren wird und an welchem nicht.
Unser Hotel im Stadtteil Chelsea finden
wir trotzdem. Wir haben im Internet das „Hampton Inn
Manhattan-Chelsea“ in der 108 West und 24th Street
gebucht. Die Lage ist prima, der Preis (120 € pro Nacht) für den
Big Apple ist moderat und wir wollten in unserem letzten (!) Hotel
der Reise etwas mehr Komfort haben als in unserem ersten. Wir
bekommen ein Zimmer im 16. Stock mit Blick auf das fast fertige One
World Trade Center und Lower Manhattan.
Alles ist sauber und
Frühstück ist inklusive und vergleichsweise üppig.
Nach dem Einchecken erstmal
Brainstorming: New York, „concrete jungle where dreams are made
of“, so viel zu sehen und zu tun, womit also loslegen? Wir
erstellen eine Rangliste mit unseren Lieblingsorten und halten dann
geradewegs … auf ein Nickerchen zu. Zu unserer Verteidigung: Die
Nacht war kurz, die Rucksäcke schwer und eine gewisse Müdigkeit ist
an Reisetag Nummer 207 nicht von der Hand zu weisen. Aber am frühen
Nachmittag hält uns nichts mehr auf. Mit einem warmen cream cheese
bagel und einem Kaffee in den Händen spazieren wir zum „Flatiron
Building“, das nur einen Block entfernt steht.
Wo sich die beiden
Verkehrsadern Broadway und 5th Avenue kreuzen, entstand
eines der eindrucksvollsten Hochhäuser New Yorks, das mit seinem
Grundriss in Bügeleisenform zum Kultbild dieser Großstadt geworden
ist.
Vom Flatiron Building spazieren und
fahren wir Richtung Südspitze Manhattans. Je näher man kommt, desto
riesiger ragt das höchste Gebäude der USA in den Himmel. Das One
World Trade Center ist Teil des neuen World Trade Center Areals, das
am „Ground Zero“ entsteht. Trotz der medialen Übersättigung,
die man in diesem Zusammenhang erfahren hat, verspürt man ein
komisches Gefühl, an dem Ort zu stehen, an dem das vielleicht
bedeutendste Ereignis dieses Jahrhunderts stattgefunden hat. Wie
viele andere Ereignisse hat unsere Generation erlebt, bei denen man
sich noch genau daran erinnert, wo man zu dem Zeitpunkt war und was
man getan hat?
Unweit vom World Trade Center befindet
sich die Wall Street. Wir laufen durch den Finanzdistrikt der Stadt
und passieren das Gebäude der New York Stock Exchange. Herrlich, wie
inmitten dieser modernen Hochglanzwelt die kleine Trinity Church
steht, ein Relikt aus einer anderen Zeit. Natürlich machen wir auch
einen Schlenker zum „Wall Street Bull“ bzw. „Charging Bull“,
doch ein Foto von ihm bekommen wir nicht: Mit der Erfahrung der
letzten Monate können wir zweifelsfrei feststellen, dass sich vor
uns gerade der Super-GAU für jeden normalen Besucher und Fotografen
ereignet. Eine indische und eine asiatische Reisegruppe ist
gleichzeitig um, vor, hinter, unter und auf dem Stier. Wir beobachten
das Treiben nur kurz und schlendern zum Abschluss des Tages weiter
zum Battery Park, womit wir das südliche Manhattan-Ufer erreicht
haben und atlantisches Wasser erblicken können. Von hier sieht man
den geschäftigen Bootsanleger der Staten Island Ferry, die
Einwanderungsinsel Ellis Island und natürlich die grüne
Freiheitsstatue.
Am nächsten Tag stehen
Stadtspaziergänge auf dem Programm. Wer nicht genug gefrühstückt
hat, der kann den unzähligen Schildern nach an jeder Ecke entweder
ein Bagel nach Brot und Belag der Wahl kaufen oder ein „slice
pizza“ verdrücken. Highlights des Tages sind das altehrwürdige
Gebäude der New York Public Library mit den zwei wachenden Löwen
und der leuchtende und überfüllte Times Square.
Eigentlich wollten
wir auch das Empire State Building erklimmen, aber das neblige Wetter
mit geringen Sichtweiten belehrt uns eines Besseren. Wohl dem, der
mehrere Tage in dieser Stadt zur Verfügung hat.
Stattdessen zählen
wir die gelben Taxen am Flatiron Building.
An Tag 3 besuchen wir die mit Abstand
günstigste Touristenattraktion in New York: Wir fahren mit der
Staten Island Ferry von Manhattan nach, wie der Name schon sagt,
Staten Island. Trotz des eher unbekannten Ziels ist die Fähre
randvoll mit Passagieren (die meisten Touristen), da man während der
etwa 25-minütigen Fahrt einen tollen (und kostenfreien) Blick auf
die Freiheitsstatue hat.
Am Zielfähranleger muss man das Boot
verlassen, steigt aber einfach am anderen Gate in die nächste Fähre
und genießt auf der Rückfahrt die beeindruckende Skyline von New
York. Erst hier fällt uns auf, wie viel höher das One World Trade
Center im Vergleich zu den anderen Hochhäusern eigentlich ist.
Zurück in Manhattan laufen wir ein
Stück weit am Ufer entlang und nehmen dann am Pier 11 ein Boot über
den East River nach Brooklyn. Der mit etwa 2,5 Millionen Einwohnern
bevölkerungsreichste „borough“ ist u.a. mit der berühmten
Brooklyn Bridge mit Manhattan verbunden.
Dieses neugotische
Ingenieurswerk lässt sich nicht nur vom Brooklyn Bridge Park zu
seinen südlichen Füßen bewundern, sondern auch während eines
Spaziergangs über die Brücke.
Sofern man den Aufgang einige Blocks
vom Ufer entfernt entdeckt hat, steht der Überquerung des East
Rivers 85 Meter über dem Wasser nichts mehr im Weg. Nur auf die
gnadenlos schnell heranbrausenden Fahrradfahrer sollte man aufpassen.
Im Übrigen hat man von der Brücke eine ganz andere Perspektive auf
die Stadt und auf die jüngere Manhattan Bridge.
Für Fotos während des
Sonnenuntergangs und der blauen Stunde (bei heute fantastischem
Wetter) wollen wir auf das General Electric Building, besser bekannt
als Rockefeller Center. Von hier man die vielleicht beste
Hochhausaussicht auf die Stadt der Hochhäuser.
Damit man aber die 70
Stockwerke bzw. 266 Meter mit dem Fahrstuhl nach oben schnellen darf,
muss man zunächst ewig lange in einer Schlange stehen und viel für
das Ticket bezahlen. Oder man kauft noch in der Schlange auf seinem
Smartphone, dank des WLANs des angrenzenden Kaffeeladens, ein
zeitgebundenes Ticket, das kein Schlangestehen erfordert und die
Wartezeit deutlich verkürzt. Auf jeden Fall gehört der Besuch des
Rockefeller Centers, nicht nur wegen der ohrenbedrückenden
Fahrstuhlfahrt, zum Pflichtprogramm eines New York Aufenthalts. Die
Aussicht, sei es zum Empire State Building
oder zum Central Park, ist
grandios.
Von der Höhenluft hungrig geworden, gibt es heute Abend
auf dem Weg zurück ins Hotel eine New Yorker Spezialität: einen Hot
Dog am Würstchenstand.
Der 30.07. ist unser letzter Tag in New
York, denn morgen geht es zu unserer nächsten Station der Reise:
Frankfurt am Main. Zum Abschluss haben wir uns passenderweise den
Besuch des Empire State Buildings, einer weiteren New Yorker Ikone,
aufgehoben. Wer schon das Rockefeller Center hoch findet, der muss an
der 350 Fifth Avenue noch höher hinaus. 103 Stockwerke, 381
Höhenmeter und eine unfassbar lange Warteschlange gilt es zu
überwinden. Wenn man Pech hat, kriecht man mehrere Stunden nach
vorne, bis man den Fahrstuhl erreicht hat. Hinzu kommt, dass man beim
Ticketkauf entscheiden muss, ob man „nur“ bis zum 86. Stock (ohne
umgebende Glasscheiben) oder auch noch zur Aussichtsplattform im 102.
Stock (mit Glasscheiben) möchte. Wer beides will, der darf
(momentan) stolze 44 $ pro Person zahlen. Ganz nach dem Motto, dass
Zeit Geld ist und wir nicht mehr so viele Reiseziele ansteuern
werden, beschließen wir, uns im Vorfeld online zwei Expresstickets
für schlappe 67 $ pro Person zu kaufen. Trotz dieser horrenden Summe
können wir diese Investition für Kurzzeitbesucher nur
weiterempfehlen. Mit den Expresstickets darf man jede Schlange
überspringen und ist in kurzer Zeit in einem Fahrstuhl Richtung oben
angelangt. Das erhebende Gefühl an den stockwerkübergreifenden
Warteschlangen vorbei zu spazieren, ist im Preis inbegriffen. Und wer
im 86. oder 102. Stock aus dem Fahrstuhl tritt (und sich dann durch
die Menschenmassen gekämpft hat), der vergisst auch den blutenden
Geldbeutel.
Die Aussicht auf New York ist genial. Es ist die schiere
Zahl an monströsen Hochhäusern, bis auf den letzten Quadratmeter
dicht an dicht auf der kleinen Halbinsel namens Manhattan gedrängt,
die einen über diesen menschlichen Lebensraum staunen lässt.
Dennoch: Wer es allein aus fotografischer Sicht betrachtet, der
sollte sich lieber für den Besuch des Rockefeller Centers
entscheiden, da man von dort schönere Perspektiven hat und das
Empire State Building als Motiv gewinnt.
Wieder unten angelangt, erholen wir uns
von unserem Höhenrausch bei einem Spaziergang durch den Central
Park.
Wie ein geradlinig abgegrenzter Krater in dem Wald aus
Hochhäusern erstreckt sich die grüne Lunge New Yorks vier Kilometer
durch das Zentrum von Manhattan. Zwischen all den möglichen
Aktivitäten ist es vielleicht am entspannendsten, bei einem Kaffee
den Softballspielern auf den „Heckscher Ballfields“ beim Versuch
eines Home-Runs zuzusehen.
Zum Abend zieht es uns wieder ans Ufer des
East Rivers hin. Nicht nur die Brooklyn, auch die Manhattan Bridge
lässt sich zu Fuß erkunden.
Schließlich machen wir am Abend im
Brooklyn Bridge Park noch Bekanntschaft mit einem deutschen
Fotografen aus Brandenburg. Es ist sein erster Tag auf einer mehrere
Monate dauernden Reise. Nach einigen Tagen in New York soll es noch
in den amerikanischen Südwesten und nach Hawaii gehen. Ob wir
zufällig von der „Wave“ an der Grenze zwischen Utah und Arizona
gehört hätten oder ob man auf Hawaiis Big Island Lavaströme sehen
könnte? Und wohin wir eigentlich reisen würden? Wer Symbolik sucht,
der findet wahrscheinlich immer welche, aber es erschien irgendwie
passend, an unserem letzten Reiseabend auf jemanden wie ihn zu
treffen. „Morgen fliegen wir nach Hause.“
Fazit Tage 207, 208, 209 und 210:
„Grew up in a town
that is famous as a place of movie
scenes,
noise is always loud
there are sirens all around
and the streets are mean,
if i can make it here
i can make it anywhere“
(Alicia Keys)
Was haben wir heute gelernt? New York
bedeutet Nackenstarre. In keiner einer anderen Stadt hat man den
Blick die ganze Zeit nach oben gerichtet, während man durch die
Straßen läuft. Es ist der bizarre Größenunterschied zwischen
Mensch und Architektur, der New York zum Prototyp einer Großstadt
macht.
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