Freitag, 15. Februar 2013

Sabai dii!


Khao Yai Nationalpark nach Ubon Ratchathani nach Pakse.


Wie bereits angekündigt war der Khao Yai Nationalpark unsere vorerst letzte richtige Station in Thailand. Wir verlassen das Land der lächelnden Menschen in Richtung des einzigen Binnenstaats in Südostasien: Laos. Dafür geht es zunächst von Pak Chong wieder mit dem Zug zur Endhaltestelle der „Northeastern Line“, Ubon Ratchathani. Diesmal fahren wir 2. Klasse, was uns zurückklappbare Sitze, aber keine Klimatisierung (nur Ventilator) beschert. Das Ticket kostet 270 Baht (= 6,75 €) pro Person und wir sollen laut Plan sieben Stunden fahren.


Ein Snack gefällig:


Die Zugfahrt selbst ist sicher nicht für Allergiker geeignet. Das Bemühen der paar Ventilatoren die Luft in Bewegung zu versetzen, wird dadurch unterstützt, dass einfach alle Fenster im Waggon geöffnet sind. Auf diese Weise kommt zwar Frischluft in den Zug, aber auch aufgewirbelter Staub von parallel verlaufenden Straßen und Pollen von angrenzenden Feldern. 


Erwähnenswert sind auch die Abschnitte, in denen der Zug durch landwirtschaftliche Flächen fährt, die gerade einer Brandrodung unterzogen werden. Gerade jetzt in der Trockenzeit nutzen viele Bauern dieses Verfahren, um Anbauflächen, die eine Zeit lang brachlagen, zur Vorbereitung neuer landwirtschaftlicher Produktion zu roden. Brandrodung findet sehr häufig bei den Bergvölkern im Norden von Thailand statt. Was früher vor dem Hintergrund einer dünneren Besiedelung und damit einhergehender längerer Brachephasen eine durchaus naturverträgliche Technik war, ist heute durch die zu schnellen Produktionszyklen und die übermäßige Zerstörung von Nährstoffen im tropischen Ökosystem ein sehr problematisches Verfahren. Für uns im Zug ist jedenfalls problematisch, dass sich eine schwarze Rußschicht auf unsere Rucksäcke, Klamotten und unsere Haut legt. Das Verlangen nach einer Dusche steigt.

Wir fahren an einer Landschaft vorbei, die im Vergleich zum fruchtbaren Gebiet am Menam Chao Phraya trockener aussieht. In der Tat sind die Landwirtschaftsbedingungen hier im Nordosten von Thailand schwierig, weil das Land nicht viel hergibt. Das hat dazu beigetragen, dass dieser Teil des Landes den Titel der ärmsten Region trägt.


Mit zwei Stunden Verspätung kommt der „Rapid-Train“ in Ubon Ratchathani an. Wir erwehren uns dem obligatorischen aufdringlichen Tuktuk-Begrüßungskomitee und nehmen ein Songthaew zu einem Drittel des Preises. Leider weiß der Fahrer nicht so richtig wo unser Hotel ist, also leiten wir ihn mithilfe der auf das iPhone heruntergeladenen Karte und der offline-Navigation zum Ziel. Eine wirklich ungemein hilfreiche App. Unser Hotel wurde erst vor wenigen Monaten eröffnet und erstrahlt noch in neuem Glanz. Ubon Ratchathani bietet kaum Sehenswürdigkeiten, so dass wir nach einem kurzen Abendessen um die Ecke gleich schlafen gehen.


Am nächsten Tag geht es mit dem Taxi zur „International Bus-Station“ (eine von drei Busstationen), von der nach übereinstimmenden Berichten unser Bus nach Laos abfahren soll. International sind dabei nur die Fahrtrichtung der Busse und vielleicht noch die Fahrgäste, die Haltestelle selbst ist ziemlich national. Ein Dutzend Abfahrgleise, eine Restaurantecke, mehrere Ticketschalter, viele Menschen und alles mit für uns nicht lesbaren Zeichen beschriftet. Beim zweiten Blick sieht man dann aber, dass immerhin die Fahrtziele in lateinischer Schrift ausgewiesen sind. Das Ticket nach Pakse kostet 200 Baht. Der Bus fährt uns bis an die thailändisch-laotische Grenze, lässt uns raus und sammelt uns auf der anderen Seite nach Erledigung aller Einreiseformalitäten wieder auf. Mit uns fahren eine aufgeregte chinesische Reisegruppe aus Hongkong, eine entspannte US-Amerikanerin und ein paar Laoten auf dem Heimweg.

Der laute, unglaublich federnde, mit einer defekten Eingangstür und einer defekten Klimaanlage und einer defekten Toilette ausgestattete Bus bringt uns ohne besondere Vorkommnisse zur Grenze.


Eindrucksvoll: Ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Grenzüberquerung auf dem Landweg. Speziell als Europäer weiß man seit dem Schengen-Abkommen eigentlich nicht mehr, wie es sich anfühlt, wenn man das eigene Land verlässt und ein anderes betritt. Verreist man denn mal außerhalb Europas, dann wird fast immer geflogen. Und wenn man fliegt, dann verlässt man die sichere Blase namens Flughafen und kommt in einer anderen, im Grunde identisch aussehenden, Blase namens Flughafen an. Man verliert in diesen klimatisierten Wohlfühlzonen das Gefühl, eine Grenze überschritten zu haben. Erst wenn man aus dem Flughafen heraustritt, sieht und spürt man die neue Umgebung. Wer würde etwa behaupten, dass der Indira Gandhi Flughafen in Delhi schon ein echtes Stück Indien sei? Auf dem Landweg dagegen bekommen Raum und Zeit wieder ihre Bedeutung. Geographische Besonderheiten wie Berge, Flüsse oder Meere, die für Grenzziehungen mitbestimmend waren, werden zu Hindernissen oder erschweren die Anreise. Sich dessen langsam wieder bewusst werdend, steigen wir aus dem Bus aus und laufen mit der lauten chinesischen Reisegruppe im Schlepptau in das erste Grenzgebäude. Der thailändische Uniformierte lässt uns mit unseren noch 24 Stunden gültigen Visa ohne Probleme ausreisen. Ein 50m langer Tunnel unter der Erde bringt uns auf die laotische Seite. Tatsächlich bemerkt man sofort Veränderungen in der Umgebung, wie Aussehen der Menschen, Sauberkeit der Anlage oder Zustand der Straßen. Wir stellen uns am Schalter für „Visa on arrival“ an und sind bestens vorbereitet mit 30 $ für das Visum und 100 Baht für die „Bearbeitungsgebühr“ ausgestattet. Dazu noch ein gerade gelerntes „Sabai dii!“ und „Khoptschai lailai!“ und innerhalb weniger Minuten händigt uns ein lachender Laote unser neues 30 Tage gültiges Visum aus. „Sabai dii“ ist unser neues „Hallo“ und löst das „Sawadie khrap“ ab. Ganz vergessen muss man es aber nicht, denn obwohl die Thailänder und Laoten formal unterschiedliche Sprachen haben, können sie die andere Sprache verstehen. Unser Bus wartet schon und der Fahrer muss sich jetzt umstellen: Aus Thailand mit Linksverkehr gekommen, muss er in Laos rechts fahren. Der eine oder andere hätte da sicher ein paar Umstellungsprobleme...

Laos gilt als eines der ärmsten Länder der Welt. Seine knapp über 6 Mio. Einwohner leben in einem Land, das als einziges südostasiatische keinen Zugang zum Meer hat und historisch gesehen immer von mächtigen Nachbarn umgeben war. Auffallend ist für uns die schon kurz nach der Grenze unterschiedliche Vegetation. Die Landschaft ist deutlich trockener, die Straße führt durch sandige Böden. Die Häuser sind in der Mehrzahl aus Holz auf Stelzen errichtet und sehen einfach aus. Während wir die ganze Zeit praktisch in der Mitte der Straßen fahren (und Motorroller rechts und links an uns vorbeiziehen), bewundern wir die Sonne, wie sie als blutroter Feuerball am Horizont untergeht. Kurz danach kommen wir in Pakse an, lassen uns in der Nähe unseres Hotels auswerfen und checken ein. Auch nach über 40 Reisetagen und einer ermüdenden Busfahrt spüren wir die aufkeimende Begeisterung, ein neues Land und seine Menschen kennenzulernen.

Fazit Tage 43 und 44:

Eine Zugfahrt, die ist dreckig (in Thailand).

Was haben wir heute gelernt? „Khoptschai lailai“ heißt „Vielen Dank“ auf laotisch. Die Kurzform „khoptschai“, danke, geht auch.

3 Kommentare:

  1. Vielen Dank für die wunderschöne philosophische Einlage.
    Auch das Bild aus dem fahrenden Zug lässt das Herz jeden Eisenbahnkontaminierten höher schlagen.


    Seid ihr schon direkt unter uns? Planetarisch gesehen.

    Viktor

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    1. Dein Urteil über die Schienen? :) Sie sehen jedenfalls deutlich besser aus, als sie sich angefühlt haben...

      Ich glaube nicht, wir müssen noch weiter in den Süden über den Äquator. Vom Gefühl her ist man aber schon an einem anderen Ende der Welt.

      Grüße nach NRW!

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    2. Es ist witzig, aber das Bild bewog mich doch tatsächlich die Wiki anzuwerfen, da mir der Abstand der Schienen doch recht eng vorkam. Und siehe da, ganz Südostasien hat die Meterspur (1000mm). Das wusste ich nicht.

      Gruß

      Viktor

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