Gefahrene Kilometer: 314,7.
Denali bedeutet "der Große"
in der Sprache der Athabaska-Indianer. Eine treffende Bezeichnung für
den mit 6.194 Metern höchsten Berg Nordamerikas. Dabei heißt er
erst seit kurzem wieder Denali. Viele Jahre kannte man ihn nur unter
Mount McKinley, benannt nach einem eher unbekannten US-Präsidenten.
Der Gipfel dieses weißen Giganten steckt etwa 200 Tage im Jahr in
den Wolken und ist dann nicht zu sehen. Um ihn herum erstreckt sich
der gleichnamige US-Nationalpark, der mit seiner weitläufigen
Landschaft und der Tierwelt von Arctic Ground Squirrel über
Dallschafe zu Grizzly-Bären besticht.
Aber bevor wir den Eingang des
Nationalparks passieren konnten, mussten wir erst einmal den Morgen
auf unserem Campground überstehen. Um genau zu sein das Duschen.
Schon mal versucht mit 16 Quartern (= 25 Cent Stücke) eine Dusche
erfolglos in Gang zu bekommen, daraufhin den unfassbar schlecht
gelaunten Campground Besitzer zu rufen (O-Ton nach mehrmaligem Rufen:
"What do you want?!"), der dann grummelig mit einer Knarre
am Hosenbund (Unverständliches nuschelnd) an dir vorbeimarschiert
und die Dusche anwirft? Falls dir genau das schon einmal passiert
ist, weißt du ja, wie schnell man duschen, sich anziehen, den Motor
anwerfen und den Campingplatz verlassen kann. Fairerweise muss wohl
an dieser Stelle erwähnt werden, dass wir den Inhaber dieses
Etablissements beim morgendlichen Zeitunglesen gestört haben.
(Offensichtlich muss man aber da bereits eine Waffe griffbereit
haben.)
Ehe wir uns versehen, sind wir aber
wieder auf dem Parks Highway und genießen die schöne
Straßenführung. Und am "Denali Viewpoint South" merken
wir, dass wir einen der wenigen fast wolkenfreien Tage erwischt
haben: Der Große präsentiert sich uns überaus freigiebig. Am
Denali ist vermutlich so beeindruckend, dass er sich gefühlt aus dem
Nichts, also aus dem Flachland erhebt. Ihn umgibt keine
Riesengebirge, das den Eindruck seiner Höhe abmildern könnte.
Dann erreichen wir den Nationalpark und
steuern zunächst das Visitor Center an. Hier gibt es Infos über den
Park, eine interessante Ausstellung über seine Bewohner und die
Anmeldung für die sog. "Disco Hikes": Das sind
("Discovery") Wanderungen, von einem Ranger geführt, die
querfeldein durch den Park gehen. Wir wählen die anstrengende
Variante mit 1.100 Höhenmetern und 5-7 km Länge und freuen uns
darauf, in zwei Tagen dafür am Campground mit einem Bus abgeholt zu
werden.
Der zweite Stop nach dem Visitor Center
sollte dann das Wilderness Access Center sein: Hier bezahlt man für
seinen Campingplatz, den man hoffentlich schon reserviert hat, und
reserviert bzw. bezahlt das Ticket für den Ausflugsbus. Wieso
eigentlich Ausflugsbus? Weil die über 100km lange Stichstraße, die
in den Nationalpark führt, nach wenigen Kilometern für den
Privatverkehr gesperrt ist. Um den Park wirklich zu sehen, muss man
entweder eine Tour in einem Bus mit Reiseführer oder in einem grünen
Bus ohne Kommentator buchen. Letztere sind aber durchaus beliebt,
weil die Busfahrer auch eine Menge über den Park erzählen können.
Wenn sie denn Lust haben. Die Busse selbst sehen wie amerikanische
Schulbusse aus und verfügen entsprechend über keinen besonderen
Komfort.
Wir haben eine grüne Bustour für den
nächsten Tag gebucht, die bis zum Eielson Visitor Center fährt (4h
hin und 4h zurück). Theoretisch kann man jederzeit aussteigen und
einen anderen Bus wieder zurücknehmen. Einen garantierten Sitzplatz
hat man allerdings nur in dem Bus mit der vorher gewählten Uhrzeit.
Es gibt im Denali drei große
Campingplätze. Den Riley Creek am Parkeingang, den Savage River an
Meile 13 am Ende der Straße für den Privatverkehr und den Teklanika
River. Wir haben den "Tek" gebucht. Das Besondere an ihm
ist, dass man für min. 3 Nächte buchen muss, der Platz an Meile 29
liegt und man damit mit dem eigenen Auto weiter in den Park darf und
dass man dadurch bei den morgendlichen Busfahrten erst 1h10 später
in den Bus zusteigen kann. Der Preis dafür ist allerdings, dass man
während seines Aufenthalts nicht wieder zum Parkeingang zurückkehren
darf (ohne dass man wieder neue Tickets kaufen muss). Daher gibt es
für uns am Wilderness Access Center das Busticket für den 6:30 Uhr
Bus (der uns dann um 7:40 am Campingplatz aufsammelt), die
Genehmigung, um mit dem Auto in den Park zu fahren, und die
Campingplatz-Reservierung.
Nach so viel Organisatorischem stärken
wir uns das letzte Mal für die nächsten Tage in einem Lokal, das
ein echter (Geheim-)Tipp ist. In Healy (also ein paar Meilen nördlich
des Parkeingangs die Straße Richtung Fairbanks nach Norden) steht
Rose's Cafe, ein sympathisches kleines Diner, das auch hervorragendes
Frühstück anbietet. Das testen wir natürlich. Und sind von der
Größe der Kinder (!) Pancakes umgehauen.
Am Nachmittag begeben wir uns auf den
Weg in den Park.
Unterwegs kann man für 5 $ im Riley Creek
Campground noch einmal dumpen, denn das geht nicht mehr im Teklanika.
Heute ist der erste richtige Regentag, den wir hier erleben. Bisher
war das Wetter für Alaska und den Yukon ausgesprochen gut. Wir
hatten uns darauf eingestellt, dass Tage wie heute der Standard
seien.
Am Check-Point für den Privatverkehr
zum Tek zeigen wir einem Ranger unsere Genehmigung. Dabei erzählt er
uns, warum Teile des Savage Rivers Campgrounds und die dortigen
Wanderwege vorübergehend gesperrt seien: "due to
human-bear-interactions". Wegen Mensch-Bär-Interaktionen, die
dort vor kurzem stattgefunden haben. Selbstverständlich fragen wir
ihn darauf, was man sich denn unter solchen "interactions"
vorstellen muss? Nun ja, seinem Bericht zu Folge hat die Geschichte
seinen Anfang genommen, als vor einigen Wochen ein Bär auf einen
Teil des Campingplatzes spaziert ist, auf ein paar Touristen
getroffen ist, die dann voller Panik mit ihrem Rucksack nach ihm
geworfen haben und abgehaut sind. Der Rucksack war für den Bären
ein tolles Spielzeug und überdies gab es dadrin auch etwas zu essen.
Das führt bei einem Bären dazu, dass er von nun an Menschen mit
Futter assoziiert. Was problematisch für zukünftige Begegnungen
sein könnte. (In der Regel werden solche Bären, oder Bären die
Menschen angegriffen haben, erschossen, um weiteres Ungemach zu
vermeiden. Davon kann man halten, was man will.) Dieser Bär wurde
nicht gefunden, der Campingplatz für einige Tage gesperrt. Pünktlich
zum Unabhängigkeitstag musste er aber wieder geöffnet werden. Und
was passiert am ersten Tag? Genau, der Bär spaziert wieder in den
Campingplatz. Ein paar Touristen sehen, wie der Bär in einiger
Entfernung auf sie zukommt. Anstatt sich zurückzuziehen oder Lärm
zu machen, werfen sie sich auf den Boden und spielen tot. Das ist gar
nicht mal albern, sondern eine offiziell empfohlene Verhaltensweise
von Rangern. Wenn der Bär dich angreift. Und dich bereits berührt!
Erst dann. In dieser Geschichte kam der Bär neugierig näher und
schaute sich die Touristen natürlich einmal an. Mit den Worten des
Rangers ist am Ende nichts Schlimmes passiert, keine schwerwiegenden
Verletzungen bei den Besuchern, "the bear just nibbled a little
bit on the tourist", der Bär hat also nur etwas an ihnen
geknabbert!
Zur Beruhigung können wir berichten,
dass wir auf den 29 Meilen zum Campingplatz (für die wir 1 Stunde
gebraucht haben) keine Bären gesehen haben. Und auch der Teklanika
war bärenlos, dafür aber schön an einem Fluss gelegen. Wenn auch
nicht ganz klein, denn es gibt hier 52 Stellplätze, die einigermaßen
nah beieinander liegen.
Für morgen stellen wir ausnahmsweise
den Wecker. Wir werden um 7:40 Uhr von unserem Bus abgeholt.
Fazit Tag 13:
Wir haben den Denali gesehen!
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