Gefahrene Kilometer: 320,8.
Die Straße war das Erlebnis heute. Die
Straße zum Goldfieber:
"I wanted the gold, and I sought
it;
I scrabbled and mucked like a slave.
Was it famine or scurvy - I fought it;
I hurled my youth into a grave.
I wanted the gold, and I got it-
Came out with a fortune last fall,-
Yet somehow life's not what I thought
it,
And somehow the gold isn't all."
(aus "The Spell of the Yukon"
von Robert Service)
Ein kräftiges Frühstück im Sourdough
Campground, eine volle Ladung Diesel und schon waren wir unterwegs.
Kurz nach Tok biegen wir nach Norden ab, auf unsere letzte Schleife
der 8.
Die erste Hälfte der Straße heißt
"Taylor Highway", der zweite "Top of the World
Highway". Berühmt und berüchtigte Straßen im
hohen Norden. Berühmt für die Aussichten von der Spitze der Welt,
so berüchtigt, dass die großen Fahrzeugvermieter in Alaska das
Befahren der beiden Straßen verbietet. Auch ein Grund, warum wir
unseren Camper in Kanada gemietet haben.
Im Vorfeld haben wir so allerhand
gelesen, wie schwierig der Top of the World Highway, der nur
geschottert ist, zu befahren sein kann. Gerade wenn es geregnet hat.
Dagegen hat kaum ein Reisebericht auf die Qualität des Taylor
hingewiesen.
Unserer Meinung nach ist genau das
Gegenteil der Fall: Die Fahrbahn des Taylor wird bereits nach wenigen
Kilometern richtig schlecht: Der Asphalt hört auf, eine unebene,
schmale Schotterpiste beginnt. Eine Schotterpiste, die von
unzähligen, teils tiefen, Schlaglöchern durchsetzt ist. Die auch
trotz des gutens Wetters noch ordentlich mit Wasser gefüllt sind.
Das bedeutet, dass wir maximal 30 km/h fahren können und von rechts
nach links schwenken, um nicht jedes Schlagloch mitzunehmen. Trotzdem
müssen wir gefühlt alle 50 Meter auf Schrittgeschwindigkeit
herunter bremsen. Umso erstaunlicher ist für uns, dass wir einige
Leute sehen, die hier mit ihren flachen Klein- oder Mittelklasse
Limousinen durchfahren.
Der Beifahrer ist auf dieser Strecke
jedenfalls klar im Vorteil. Wenn es nämlich darum geht, die
Landschaft zu genießen. Denn die ist nämlich schön. Weite
Ausblicke auf bewaldete Hügel, kleine Täler und laut rauschende
Flüsse.
Ein paar Stunden nach unserer Abfahrt
erreichen wir das mit Sicherheit verrückteste Dorf unserer Reise:
Willkommen in "Chicken, Alaska"!
Chicken ist eine
Ansammlung von Häusern mitten im Nirgendwo.
"Downtown"
Chicken besteht aus 3 nebeneinander liegenden Läden, die alle mit
einem Durchgang miteinander verbunden sind:
Du hast die Wahl zwischen
dem "Chicken Mercantile Emporium" (ein Souvenirshop), dem
"Chicken Creek Saloon" (eine Kneipe, deren Decke mit Mützen
und zerrissenen Unterhosen zugepflastert ist)
und dem "Chicken
Creek Cafe" (eine Bäckerei mit wirklich leckerem, frisch
gebackenem Kuchen!).
Im Emporium lesen wir über die
Geschichte von Chicken: Das Dorf wurde so genannt, weil die ersten
ansässigen Goldsucher das Wort "Ptarmigan" (die hier wild
rumlaufenden Schneehühner) nicht aussprechen konnten. Also dann doch
lieber Chicken. Einwohnerzahl im Winter: 15. Im Sommer ein rasanter
Anstieg auf etwa 30 bis 50. Kein Telefonanschluss, kein Klo mit
Toilettenspülung.
Die Geschäfte schließen im Winter, so wie die
Zufahrtsstraße. Die dann erst im April wieder geräumt wird.
Willkommen in Chicken.
Oder man drückt es so aus, wie die
rüstige, ältere Dame im Cafe, die uns den leckeren Kuchen verkauft
hat: Sie will noch ein paar Jahre hier bleiben, sie fühlt sich noch
fit. Und so lange sie gesund bleibt, kann sie auch den Winter
überstehen.
Ein beeindruckendes Überbleibsel der
nicht so ganz sprachgewaltigen ersten Einwohner: die "gold
dredge", ein Goldbagger. Ein schwimmender Bagger, der Unmengen
an Untergrund nach Gold durchwühlt hat.
Wir verlassen Chicken (das wirklich ein
Besuch wert ist!) und widmen uns wieder dem rumpeligen Taylor
Highway.
Der bis zur Grenze furchtbar bleibt. Erst kurz vor der
Grenzstation beginnt plötzlich ein etwa 1 Kilometer langer unfassbar
glatter Asphaltstreifen. Na klar, das macht Sinn.
Wir werden etwas wehmütig. Hier müssen
wir uns von Alaska verabschieden. Jedenfalls für diese Reise. Wir
sind zurück im Yukon, Kanada.
Und der lässt sich nicht lumpen: Der
Top of the World Highway, der direkt hinter der Grenze beginnt, ist
eine gepflegte Schotterpiste, die sich besser fahren lässt als so
manche geteerte Straße. Das Beste an ihr ist natürlich die
Aussicht: Man fährt auf dem Bergkamm über der Baumgrenze und kann
über die Hügel bis zum Horizont blicken. Bei rasend schnellen 70-80
km/h wohlgemerkt.
So vergeht nicht mehr viel Zeit, bis
wir Dawson City am anderen Ufer erblicken.
Am anderen Ufer des Yukon
River, einem mächtigen Strom. So mächtig, dass hier bis heute keine
Brücke steht. Wir müssen die Autofähre nehmen. Die pendelt (im
Sommer) rund um die Uhr von Ufer zu Ufer.
Schon sind wir in Dawson City.
Abgelegene, ehemalige Hauptstadt des Klondike-Goldrausches, des
Goldrausches schlechthin.
Wir reservieren uns einen Stellplatz im, na
klar, Goldrush RV Campground und nutzen noch einmal aus, dass es nie
dunkel wird.
Ein erster Spaziergang zeigt uns eine
wirklich hübsche, kleine Stadt, die auch Kulisse für einen
klassischen amerikanischen Western-Film sein könnte. Das erste Ziel
ist natürlich die kleine Holzhütte, in der der berühmteste
Goldrausch-Dichter, Robert Service, gelebt und gedichtet hat.
Er
schrieb über den Klondike-Goldrausch (ausgelöst im Jahr 1896 und
1904 praktisch schon beendet), über das karge Leben im hohen Norden
und die harte, aber schöne Landschaft.
Dawson City war offensichtlich eine
literarische Hochburg, den einige Straßen nebenan lebte und schrieb
Jack London, der mit der ersten Welle an Goldsuchern nach Dawson kam.
Unser Abendessen nehmen wir in Klondike
Kate's Restaurant ein, benannt nach einer resoluten Can-Can-Tänzerin
der Goldrauschjahre.
Hier stellen wir fest: Die Kanadier (im
Gegensatz zu den Amerikanern) können gutes Bier brauen: Yukon
Brewing. Mit dem passenden Werbe-Slogan: "Beer worth freezin'
for". Ja, hier bleiben wir vielleicht länger...
"The summer - no sweeter was ever;
The sunshiny woods all athrill;
The grayling aleap in the river,
The bighorn asleep on the hill.
The strong life that never knows
harness;
The wilds where the caribou call;
The freshness, the freedom, the
farness-
O God! how I'm stuck on it all."
(aus "The Spell of the Yukon"
von Robert Service)
Fazit Tag 17:
Auf Wiedersehen Alaska!
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