Zurückgelegte Kilometer: 125
Die Wasserknappheit von Wellington muss
letzte Nacht ein Ende gefunden haben. Das Gewitter vom Vorabend ist
in einen dauerhaften Regen übergegangen, der von Windböen begleitet
wurde. Wir wachen auf, frühstücken und stellen fest, dass noch
keine Besserung in Sicht ist. Die Fahrt zum nächsten Supermarkt wird
zum Kampf gegen den Wind. Unser schmaler aber ziemlich hoher
Campervan bietet eine hervorragende Angriffsfläche und wird nach
Belieben hin und her geworfen.
Nach dem Einkaufen geht es in die
Innenstadt der „coolest little capital“, wie sich Wellington
selbst nennt. Die Hauptstadt ist mit 450.000 Einwohnern im Großraum
die zweitgrößte in Neuseeland nach Auckland. Neben der
Konzentration an politischer Macht möchte man gerne kulturelles
Zentrum des Landes sein. Universitätsstadt ist man schon, außerdem
ist hier die aufstrebende Filmindustrie im Vorort Miramar
angesiedelt. Wir vermuten, dass wir eine schöne überschaubare
Großstadt vor uns haben, die mit den Hügeln und dem Meer eine tolle
Lage hat. Sicher können wir uns darüber nicht sein, denn wir sehen
alles durch einen trüben Schleier aus Regen.
An vielen Straßenecken sehen wir
Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, die vollgelaufene Keller auspumpt.
Die thematischen Spaziergänge, die wir mit Hilfe der Broschüren aus
dem i-SITE geplant haben, fallen jedenfalls ins Wasser. Stattdessen
fahren wir mit einer über 100 Jahre alten Wellingtoner Institution:
dem „Cable Car“. Die Kabelbahn bringt einen von der Hauptstraße
im Finanzdistrikt die 610 Meter zur 120 Meter höher gelegenen
Kelburn Station, von der man einen schönen Blick auf Wellington hat.
Unterwegs gibt es Haltestellen für die Universität und
Studentenwohnheime.
Vom Cable Car fahren wir mit dem Auto
zu einem weiteren Aussichtspunkt auf die Stadt. Der Mount Victoria
Lookout liegt 200m hoch und grenzt an einen beliebten Park, der
Drehort für einige Szenen aus dem ersten Teil von Herr der Ringe
war. Danach geht es die kurvigen Straßen wieder bergab und zu den
Regierungsgebäuden. In Erinnerung wird uns das „beehive“
bleiben, das Regierungsgebäude in Bienenkorbform. Und dann haben wir
auch schon genug von dem vielen Regen, entschuldigen uns bei
Wellington für die vermutlich zu kurze Besuchszeit und biegen auf
den State Highway 1 in Richtung Norden.
Erschreckend: der viele Verkehr! Und
die Tatsache, dass wir nach etwa zweieinhalb Wochen auf der spärlich
besiedelten Südinsel Neuseelands normales Verkehrsaufkommen und
Menschenansammlungen nicht mehr gewohnt sind. Wir malen uns das
Schreckensszenario aus, jetzt wieder zurück nach Südostasien
fliegen zu müssen. Die dichtere Besiedlung der Nordinsel lässt sich
jedenfalls darauf zurückführen, dass hier mehr als drei Millionen
der insgesamt etwa 4,5 Mio. Einwohner leben.
Während der Fahrt wird auf Grund der
Radiomeldungen deutlich, dass wir ein ungewöhnlich heftiges Unwetter
in Wellington erlebt haben. Parkhäuser sind überschwemmt worden,
Feuerwehr ist im Dauereinsatz und Straßenzüge wurden abgesperrt.
Darüber hinaus hören wir am Abend, dass es sogar ein kleines
Erdbeben mit 3,8 auf der Richterskala in der Hauptstadt gegeben haben
soll, von dem wir aber nun wirklich gar nichts mitbekommen haben.
Heute kommen wir noch bis Levin, einem
kleinen Städtchen an den westlichen Ausläufern der Tararua Range.
Eine besondere Erwähnung ist unser heutiger Schlafplatz wert: Im
örtlichen Campingplatz gönnen wir uns ausnahmsweise eine
Übernachtung in einer „cabin“. Vielleicht lag es am vielen Regen
der letzten Tage oder am vergleichsweise günstigen Preis (52 $ die
Nacht), dass wir uns diesen Luxus eines richtigen Schlafzimmers mit
eigener privater Toilette gönnen. Nach den Tagen im Camper braucht
diese Einraumhütte den Vergleich mit dem Marina Bay Sands nicht zu
scheuen.
Fazit Tag 124:
Zurück in der Zivilisation.
Was haben wir heute gelernt? Die
„coolest little capital“ trägt auch den Spitznamen windy
Wellington.
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