Auckland nach Honolulu.
Wir wachen am Morgen des 14. Mai auf
und werden am Abend des 13. Mai wieder schlafen gehen. Eine kleine
Zeitreise steht uns heute bevor. Zunächst werden wir aber von einem
Taxi an unserem Hostel abgeholt. Das am Vorabend bestellte „Discount
Taxi“ fährt uns zum Festpreis von 35 NZ-$ zum Flughafen.
Unser Fahrer ist Kemal, gebürtiger
Inder, der aus Delhi kommt und seit acht Jahren mit seiner Familie in
Neuseeland lebt. Seine volle Aufmerksamkeit und ein strahlendes
Gesicht sind uns sicher, nachdem wir ihm erzählen, seine Heimatstadt
vor ein paar Monaten besucht zu haben. Überrascht, dass wir dort so
gut mit dem Essen klar gekommen sind, und uns über die verschiedenen
Arten des nordindischen Nebels belehrend lauschen wir Geschichten aus
seinem Leben. Kemal wollte eigentlich immer Pilot werden, musste aber
als guter Sohn vorher drei andere Dingen erledigen: Sein Vater
wollte, dass er in der Cricket-Nationalmannschaft spielt. Seine
Mutter wollte, dass er einen Abschluss an einer IT-Universität
macht. Und sein Großvater wollte, dass er im Militär dient, so wie
es Kemals Vater, der Großvater selbst und alle anderen männlichen
Vorfahren gemacht haben und dabei auch unter den Briten gedient
hatten.
Da der Großvater schon älter war,
erledigte Kemal das mit dem Militärdienst als Erstes. Der Dienst an
der Waffe führte ihn nicht nur in bewaffnete Auseinandersetzungen in
der Region Kaschmir, sondern über Umwege tatsächlich in die
Cricket-Nationalmannschaft Indiens: die Nationalmannschaft des
indischen Militärs. Schließlich schrieb sich Kemal auch an einer
Universität ein und erlangte dort einen Abschluss. Der gute Sohn
hatte alle drei Aufgaben erfüllt und die Familie war glücklich. Nur
das mit dem Pilotwerden klappte leider nicht: Nachdem er bei einem
Schusswechsel an der indisch-pakistanischen Grenze in das Knie
geschossen wurde, konnte er das Aufnahmeverfahren für die
Pilotenausbildung nicht mehr bestehen. Dafür hat er aber eine nette
Frau in Neuseeland gefunden und ist über das Leben in diesem Land
sehr glücklich. Außerdem können ihn nun seine Eltern in Neuseeland
besuchen kommen. Die würden nämlich jedes Jahr in ein anderes Land
fliegen und dort bei Familienmitgliedern übernachten.
„You know, I have relatives in every
country in the world: in Frankfurt in Germany, Spain, France,
England, Italy, in the USA, this year my parents are flying to Canada
and Mexico, South Africa, Australia and many more. I could go
wherever I want and I don't need to stay in a Hotel!“
„Kemal, can I ask you something?“
„Sure.“
„Are you by any chance a Sikh?“
„Yes, I am! You know, there is a Sikh
Community here in Auckland!“
Davon sind wir überzeugt. Wir müssen
insgeheim schmunzeln und an den guten alten Raj in Delhi denken.
Schon während der ersten Tage hat er uns eine Weisheit für unsere
ganze Reise beigebracht: potatoes and Sikhs are everywhere! Das gilt
selbst am anderen Ende der Welt.
Das Einchecken am Flughafen verläuft
reibungslos. Nur die freundliche Mitarbeiterin am Schalter von Air
New Zealand hält die Schlange hinter uns eine Weile auf, als sie
sich völlig begeistert unsere Reiseroute im Computer anschaut. Mit
einer Boeing 767-300 werden wir uns auf den 7027 Kilometer langen Weg
über den pazifischen Ozean machen. Dabei überqueren wir den
Inselstaat Tonga, passieren die Fidschi-Inseln, die Cook-Inseln,
Samoa, Tuvalu und lassen Kiribati links liegen. Es ist das
polynesische Dreieck, durch das wir fliegen und das mit Hawaii,
Neuseeland und den Osterinseln seine Eckpunkte hat. Zugegeben, man
hat schon ein komisches Gefühl, wenn man bedenkt, über wie viel
Wasser man da gerade mit einer nur zweistrahligen Maschine fliegt.
Bevor wir aber überhaupt starten,
müssen wir noch eine wichtige Aufgabe erledigen: Auf Grund der
strikten Einfuhrbestimmungen von Hawaii müssen wir nach 131 Tagen
auf Reise unsere „Notfall-Peanuts“ vernichten. Diese Erdnusstüte
haben wir bei unserer Abreise von Walters Schwester in Deutschland
für schlechte Zeiten bekommen. Wie man sehen kann, hat sie es bis
nach Neuseeland geschafft.
Die 8 Stunden und 45 Minuten im
Flugzeug vergingen dann schneller als gedacht. Highlight unterwegs:
das Überqueren der Datumsgrenze. Wir reisen in der Zeit zurück, aus
dem 14. wird der 13. Mai. Es ist schon dunkel als wir um 21:45 Uhr
Ortszeit in Honolulu auf US-amerikanischem Boden landen. Auf dem
kurzen Weg vom Flugzeug in das klimatisierte Ankunftsgebäude spürt
man schon die warme und exotische Urlaubsbrise. Freundliche, wohl
genährte Hawaiianer in landestypischen Hemden weisen uns den Weg zur
Einreisekontrolle. Die Schlange ist erwartungsgemäß lang, aber die
Einreise gestaltet sich unerwartet problematisch. Die elektronische
Voranmeldung über ESTA haben wir natürlich vor zwei Wochen
erledigt. Ein altes Studenten-Visum in Christinas Reisepass, das sie
kurzfristig wegen ihrer Doktorarbeit nicht annehmen konnte, wird ihr
allerdings zum Verhängnis. Das hat vier Gespräche mit
unterschiedlichen Zollbeamten und eine Menge Fragen zur Folge. Am
Ende kann das Problem aber behoben werden und wir dürfen
US-amerikanischen Boden betreten.
Nach der Gepäckausgabe werden wir von
einem Reiseagenten begrüßt. Auf Hawaii haben wir im Gegensatz zu
allen anderen Reisestationen Unterkünfte, Mietwagen und
inner-hawaiianische Flugverbindungen vorgebucht.
Hier unsere Flugroute für Hawaii:
Vom Reiseagenten kriegen wir ein paar Voucher und selbstverständlich zwei
Blumenketten überreicht. Er bringt uns dann zum Bus-Shuttle des
falschen Mietwagenunternehmens, was wir mit einem Blick auf unseren
Voucher während der Fahrt noch bemerken. Da wir die einzigen an Bord
sind, bringt uns der Busfahrer aber freundlicherweise zur richtigen
Mietwagenstation.
Und hier bei „Thrifty“ hat dieser
lange Tag noch ein letztes Highlight für uns parat: Der Mitarbeiter
verkündet uns, dass sie leider kein midsize-car mehr verfügbar
haben und uns daher zwei andere höherklassige Alternativen zur Wahl
stellen. Entweder ein Jeep Liberty oder, wenn die paar Rucksäcke
alles an Gepäck sind, was wir haben, das glänzend weiße, 309 PS
starke Ford Mustang Cabrio, das vor der Tür steht. Für was haben
wir uns wohl entschieden?
Der Tag der Zeitreise endet also damit,
dass wir mit offenem Verdeck unter hawaiianischer Musik in das in der
Dunkelheit funkelnde Honolulu fahren...
Fazit Tag 132:
Hinzugekommene Gegenstände: 1 Ford
Mustang.
Was haben wir heute (erneut) gelernt?
Potatoes and Sikhs are everywhere.
Eine Schweigeminute für meine Salznüsse! ;). Es ist immer schwer einen treuen Wegbegleiter zu verlieren.
AntwortenLöschenNun zu dem anderen: Mein armer Mann ist total ausgeflipt. Cooles Auto. Gut, daß ihr uns nicht gleich erreicht habt. ;))