Zurückgelegte Meilen: 299
Heute verlassen wir Kaliforniens
Pazifikküste und fahren in nordöstlicher Richtung ins Landesinnere.
Auf den geraden Highways kommt für uns zum ersten Mal eine
technische Besonderheit zu Tragen, die man fast immer in
amerikanischen Autos vorfindet: der Tempomat. Anstatt über Meilen
hinweg selbst darauf zu achten, dass man die gefühlt ungemein
niedrige Höchstgeschwindigkeit von 65 mph (105 km/h) bzw. ganz
selten auch 75 mph (120 km/h) hält, lässt man einfach das Fahrzeug
mit eingestelltem Tempomat die Geschwindigkeit automatisch fahren.
Ein kurzer Tipp auf die Bremse und man übernimmt wieder selbst das
Kommando. Jetzt fehlt nur noch, dass ein Computer das Auto lenkt und
man ein Nickerchen machen kann. Übrigens haben wir die Erfahrung
gemacht, dass der Tempomat auf geraden Straßen ziemlich gut
funktioniert, während er bei steilen Anstiegen unnötig stark
runterschaltet und dabei ordentlich Sprit verbraucht.
Zwischenstation auf dem Weg zum Joshua
Tree Nationalpark ist das südlich davon gelegene Städtchen Palm
Springs. Es liegt eingebettet zwischen den San Bernardino Mountains,
den San Jacinto Mountains und den Santa Rosa Mountains, was zur Folge
hat, dass die Stadt kaum eine Regenwolke sieht und stattdessen in
einem Wüstenklima schwitzt. Als wir die Bergketten überqueren
dominiert daher eine karge und staubige Landschaft. Zu unserer
Überraschung sehen wir aber auch großflächige Windkraftanlagen aus
dem Boden wachsen, die mit ihrem riesenhaften Aussehen das
Erscheinungsbild der Wüste verändern. Der Reiseführer behauptet in
diesem Zusammenhang, dass Kalifornien bei der Nutzung von Windenergie
weltweit führend sei.
Palm Springs ist das Erholungsgebiet
für die Menschen aus der Region um Los Angeles. Mit über 300
Sonnentagen, über 90 Golfplätzen bei nur etwa 45.000 Einwohnern und
vielen abgeschirmten Resorthotels ist die Stadt auch unter Personen
aus der Filmbranche beliebt.
Für uns ist erstaunlich, wie aus dem
staubigen Nichts der Wüste diese grüne Oase voller Palmen ent- und
bestehen kann.
Von Palm Springs machen wir einen Bogen
in nördlicher Richtung zu Joshua Tree, der Stadt am Westeingang des
gleichnamigen Nationalparks. Wir übernachten heute Nacht in einem
Motel eine Meile vom Eingang entfernt. Nach dem Einchecken geht es
gleich zum Visitor Center, in dem wir uns den „America the
Beautiful Pass“ für 80 $ kaufen. Dieser ermöglicht dem
Passinhaber und min. drei weiteren Erwachsenen Zutritt in alle
Nationalparks (und andere bestimmte Erholungsgebiete) in den USA.
Besucht man mehrere Nationalparks, lohnt sich der Kauf des Passes
relativ schnell. Das Ticket für den Joshua Tree kostet normalerweise
pro Auto 15 $.
Außer Tickets gibt es im Visitor
Center wertvolle aktuelle Hinweise von einem überaus freundlichen
Ranger und eine kostenlose Karte. Für uns geht es zunächst auf den
Park Boulevard, ein „Scenic Drive“, der den West- mit dem
Nordeingang verbindet. Schon nach wenigen Meilen sieht man die
Hauptattraktion des Parks: die Joshua Trees.
Die bis zu 15 Meter
hohen und stachelig aussehenden Joshua Trees sind keine Bäume,
sondern gehört zur Gattung der Palmlilien. Ihren einprägsamen Namen
haben sie den Mormonen zu verdanken, die in den dünnen
ausgestreckten Ästen die biblische Figur Jahwe sahen, der zu Gott
betet. Die Joshua Trees befinden sich in einer Landschaft, die vor
allem eins ist: Wüste. Hier treffen die Mojave- und Sonorawüste
aufeinander. Neben Büschen und Kakteen leben hier aber auch Tiere,
wie der „Roadrunner“, laut Reiseführer auch „Rennkuckuck“,
der Steinadler, Kojoten, Klapperschlangen, Präriehasen u. a.
Der Park Boulevard führt uns zum „Cap
Rock“, wo wir bei einem kleinen Trail interessante Steinformationen
sehen. Laut Rangerinfo ähnelt diese Steinkulisse einem Tier. Wer
kann es erraten?
Vom Cap Rock fahren wir zum Barker Dam,
einem von Farmern gebauten Damm, der ein Regenwasserbecken entstehen
ließ. Wir haben jedoch bei dem Hike nur ein ausgetrocknetes
Flussbett gesehen.
Zurück am Cap Rock biegen wir vom Park
Boulevard ab und fahren hoch zum Keys View, einem 1580 Meter hohen
Aussichtspunkt auf die Santa Rosa Mountains und das Coachella Valley.
Beeindruckend ist der Blick auf eine Erdfalte in der Ferne.
Dort
verläuft der berühmte San-Andreas-Graben, die Erdbebenfalte, an der
die nordamerikanische und pazifische Erdplatte sich treffen. Würden
wir ein ganzes Jahr an der Hinweistafel am Keys View stehenbleiben,
wären wir 6cm weiter nach Nordwesten gedriftet.
Kurz vor Sonnenuntergang machen wir uns
auf den Weg zum Cholla Cactus Garden, der an der nach Süden
führenden Pinto Basin Road liegt. Unterwegs halten wir kurz, um die
andere Steinformation zu fotografieren, die uns der Ranger gezeigt
hatte. Welches Teil eines Skeletts kann man hier erkennen?
Im Cholla Cactus Garden kann man
wunderbar die farbigen Bigelow-Kakteen sehen, die auch „Jumping
Cholla“ genannt werden. Ihre spitzen Dornen scheinen einen
anzuspringen und wir können bestätigen, dass die Gefahr durchaus
real ist.
Von den Kakteen fallen kleine Kugeln ab, die komplett in
Dornen gehüllt sind. Ein leichter Windstoß kann sie in Bewegung
versetzen. Man sollte also Vorsicht walten lassen, wenn man durch die
Kakteen wandert, auf der Suche nach einem schönen Fotomotiv. Und man
sollte geschlossene Schuhe und nicht etwa Sandalen dabei tragen.
Davon kann mittlerweile Christina ein Lied singen, die die restliche
Stunde im Nationalpark mit einem langen Dorn im Fuß verbrachte. Die
Kaktusspitzen scheinen mit Widerhaken ausgestattet zu sein und lassen
sich nicht so einfach wieder rausziehen.
Aber diese kleine Einschränkung ist ja
kein Hindernis zum richtigen Zeitpunkt noch ein paar schöne
Sonnenuntergangsbilder von den Joshua Trees zu machen.
Erst als die
Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist, verlassen wir den Park
und fahren zurück ins Motel.
Dort widmen wir uns dem Dornenproblem
und können nach einer ausgiebigen google-Suche folgende Lösung für
andere Leidtragende empfehlen: Körperteil gut in Wasser einweichen
lassen, dem Partner eine Zange (keine Pinzette) in die Hand drücken
und ihn den Fremdkörper möglichst gerade und schnell rausziehen
lassen.
Und weil wir heute noch etwas Energie
übrig haben und uns von den Kakteen nicht einschüchtern lassen
wollen, fahren wir kurz vor Mitternacht noch einmal zum Park hinaus.
Der in völliger Dunkelheit liegende Joshua Tree Nationalpark bietet
gute Bedingungen, um Sterne zu beobachten.
Es gibt nur etwas
Lichtverschmutzung aus Richtung der Großstädte an der
kalifornischen Pazifikküste, die aber so gering ist, dass man
trotzdem solche Fotos von der Milchstraße machen kann.
Fazit Tag 150:
Der Joshua Tree ist auch nachts einen
Besuch wert.
Was haben wir heute gelernt? Wir haben
keine Ahnung von Sternbildern.
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