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Wir nutzen die späte Abfahrt des
Bootes und schlafen uns diesen Morgen etwas aus. Das Wetter ist mit
blauem Himmel und Sonnenschein wie von uns bestellt. Nach dem
Frühstück buchen wir im i-SITE das Ticket für unsere morgige Fähre
auf die Nordinsel. Der Preis für die Überfahrt mit dem Auto hängt
von der Länge des Fahrzeugs ab. Für uns und unseren Campervan
zahlen wir dank Studentenrabatt 256 $.
Heute wird ein ziemlich teurer Tag,
denn das Postboot nimmt uns leider nicht kostenlos mit. Die Fahrt
führt in solch schöne Gegenden der Marlborough Sounds, dass die
Boote längst zu Sightseeing-Katamaranen umfunktioniert wurden, um
die Besucher mitnehmen zu können, die die exotische Paketübergabe
miterleben wollen. Für das Ticket zahlen wir (auch mit
Studentenrabatt) 82 $ pro Person. Dafür gibt es aber kostenlosen
Kaffee unterwegs und weil heute Samstag ist, fahren wir die längste
Auslieferungsroute der Woche.
Abfahrt ist pünktlich um 13:30 Uhr.
Von Picton geht es in den Queen Charlotte Sound Richtung offenes
Meer.
Der „Postboote“ gibt auch ein paar Informationen über das
Leben im Sound: Es gibt etwa 600 Häuser in den zahlreichen Buchten,
wovon 20% das ganze Jahr über bewohnt sind. Der Rest sind
Ferienhäuser. Die meisten Einwohner haben einen Stromanschluss, nur
wenige müssen mit Generatoren auskommen. Es ist tatsächlich
beeindruckend zu sehen, wie große Strommasten und Stromleitungen zu
einzelnen verloren wirkenden Häusern in den großen grünen Buchten
führen.
Viele haben zwar eigene Boote und oft gibt es auch eine
Landverbindung zu den größeren Städten, aber die Post und viele
Bestellungen werden über unser Boot abgewickelt. Die Post kommt etwa
zweimal die Woche vorbei, wobei auch Bierkisten, zusammengestellte
Pakete aus dem Supermarkt oder andere Waren ausgeliefert werden.
Für viele Bewohner scheint die Ankunft
des Postbootes zudem willkommene Kontaktaufnahme zur Außenwelt zu
sein. Man wartet auf dem Bootssteg vor seinem Haus, tauscht Pakete
und Briefe aus und hält ein Schwätzchen mit dem Kapitän.
Laut
Reiseführer werden manchmal sogar Unterrichtsmaterialien für
schulpflichtige Kinder ausgeliefert. In der East Bay fahren wir heute
die ersten Häuser an. Es erscheint wie aus einer anderen Welt, wenn
am Ufer der grünen Hügel plötzlich ein Bootssteg in Sichtweite
kommt, dahinter im Wald versteckt ein Haus auszumachen ist und auf
dem Steg ein Mensch steht, um seine Post entgegenzunehmen.
Unser
Postboote/Kapitän merkt sich die verschiedenen Einwohner übrigens
weniger an ihren Namen als an ihren Haustieren. Die meisten haben
Hunde, die ebenfalls am Steg auf das Boot warten und nicht selten
voller Neugierde in das schwimmende Gefährt gesprungen sind.
Aus
diesem Grund hat der gute Postbote immer etwas Futter für die Tiere
dabei, um sie vom Boot wegzulocken. Neben Hunden gibt es jedoch auch
noch ganz andere Haustiere zu sehen:
Am Cape Jackson ist der äußerste
Punkt der heutigen Route erreicht. Die Halbinsel ragt bereits ins
offene Meer hinaus, was sich auch am Wellengang bemerkbar macht. Der
Bewohner des einsamen Häuschens, das hier steht, muss uns mit seinem
Ruderboot entgegenkommen, weil wir nicht anlegen können. Die
Paketübergabe findet dann entsprechend auf dem Wasser steht. Vom
Cape Jackson fahren wir wieder in den Sound hinein und genießen den
Blick, den schon James Cook auf seinen Südseereisen hatte: Auf allen
seinen drei Expeditionen ankerte er in der vor uns liegenden kleinen
Bucht „Ship Cove“, um seiner Mannschaft eine Pause zu gönnen und
sein Schiff zu reparieren. An dieser Stelle gibt es für uns Besucher
einen kleinen Stopp für einen Landgang. Gelegenheit, die Bucht kurz
zu erkunden und die Infotafeln über den britischen Entdecker zu
lesen.
Danach geht es weiter durch die
türkisblauen Buchten der Sounds, an kleinen Pensionen vorbei, in
denen man Urlaub machen kann, und es wird der ein oder andere
Fahrgast eingesammelt, der mit dem Boot zurück ans Festland will.
Wir sind schon auf dem Rückweg und Walter gerade dabei die perfekte
Bucht für sein zukünftiges Haus ausfindig zu machen, als uns der
Marlborough Sound noch ein Highlight schenkt: Vor unserem Boot taucht
eine Schule Delfine auf. Mit großen Sprüngen nähern sich die Tiere
unserem Boot und scheinen in Anbetracht der vielen gezückten Kameras
ein paar Kunststückchen aufzuführen.
Sie begleiten uns eine Weile,
schwimmen neben und unter unserem Boot entlang und verabschieden uns
mit erhobenen Schwanzflossen.
Im Licht der untergehenden Sonne fahren
wir zurück nach Picton und können festhalten, dass wir diesen
Postboten um seinen täglichen Arbeitsweg beneiden.
Fazit Tag 122:
Wir haben uns in die Marlborough Sounds
verliebt.
Was haben wir heute gelernt? Es wohnen
in den Sounds natürlich auch Familien mit Kindern. Während Kinder
an gewöhnlichen Wohnorten, wie in Städten oder auf dem Land,
meistens auf der Straße vor dem Haus spielen, wird das bei den
jungen Sound-Einwohnern eher schwierig. Dafür gehen sie einer
anderen Aktivität nach: Windsurfen. Mit Brett und Segel kommen sie
ohne Probleme von Bucht zu Bucht. Sollte jedoch der Wind mal wieder
plötzlich aufhören zu wehen, was laut unserem Kapitän hier öfter
passiert, müssen sie von ihren Eltern mit dem Boot nach Hause
gebracht werden.
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